CyberCrime
höchst beliebten Baldur’s Gate.
Die Vergessenen Reiche wurden auch in vielen Romanen beschrieben, die ihre Anregung zu gleichen Teilen aus Dungeons and Dragons und aus der Tolkien-Trilogie Herr der Ringe bezogen. Der Gestalt des Lord Cyric kam in der Mythologie der Vergessenen Reiche eine Schlüsselrolle zu – er war nicht nur ein Gott, sondern gleichzeitig auch durch und durch böse. Und was für die Carding-Welt und DarkMarket noch wichtiger war: Cyric trug unter seinesgleichen auch den Namen »Prinz der Lügen«, und zu seinen satanischen Kräften gehörten sowohl eine Meisterschaft im Täuschen und Vorspiegeln als auch die Fähigkeit, Streit und Intrigen Vorschub zu leisten.
Wer auch immer hinter dem Avatar in CardersMarket, DarkMarket und anderswo steckte, er wollte den Begriff des »chaotischen Bösen« vor sich hertragen, wie es unter den Fans von Dungeons and Dragons genannt wird. Das soll heißen: Die Gestalt verstreut die Samen von Chaos und Verzweiflung willkürlich überall da, wo sie sich herumtreibt. Das passte zu Lord Cyric auf DarkMarket sicher ebenso genau wie seine Neigung zu Täuschung, Illusionen, Fehden und Intrigen. Nur die wenigsten Carder säten in der Gemeinschaft so viele Feindseligkeiten wie diese Gestalt. Seine Spezialität war die Verbreitung von Anschuldigungen durch Gerüchte und Anspielungen.
Aus Gründen, die niemand je verstanden hat, suchte Cyric sich ein Ziel wie beispielsweise RedBrigade, der Shadowcrew in New York so gewinnbringend genutzt hatte. Dann ging er daran, den Ruf seines Angriffsziels unter anderen Cardern mit Tausenden von Nadelstichen zu zerstören. Ein kleiner Hinweis hier oder eine kleine Anspielung da, wonach RedBrigade ganz und gar nicht der war, der er zu sein schien, oder verschlüsselte Bemerkungen, die darauf schließen ließen, dass RedBrigade in Wirklichkeit für die Ordnungsbehörden arbeitete. Seine Sprache war bissig und kindisch, gleichzeitig gestaltete er seine Äußerungen aber so, dass sie dem Ziel der Angriffe möglichst große Unannehmlichkeiten bereiteten.
Dennoch hatte auch Cyric seine Fürsprecher, und von denen war keiner so standhaft wie Cha 0 . Mit seiner Intelligenz und einem Überlegenheitskomplex, der seinesgleichen suchte, erkannte Cha 0 nur zwei Computernutzer als ebenbürtig an. Seine Verachtung für die Cyberabteilung des FBI kannte keine Grenzen, aber gleichzeitig wusste er die Hackerfähigkeiten von Max Vision alias Iceman zu schätzen, auch wenn beide sich wegen Icemans Angriffen auf DarkMarket häufig in die Haare geraten waren. Und wenn er über Lord Cyric sprach, ging Cha 0 fast so weit, seinem alten Freund im Pantheon der Hacker eine noch höhere Stellung zuzugestehen als sich selbst.
In kurzer Zeit war es Lord Cyric gelungen, auf Foren wie The Grifters, CardersMarket und schließlich DarkMarket die Position eines wichtigen Moderators und Administrators zu erlangen. Was er im Schilde führte oder zu erreichen versuchte, begriff niemand, aber nach den Vermutungen derer, die er unmittelbar attakierte, arbeitete er entweder als Beamter oder als verdeckter Informant für die Ordnungsbehörden.
Der FBI -Agent Keith Mularski in Pittsburgh hatte keine Ahnung. Wie viele andere, so glaubte auch er, die Person hinter Lord Cyric sei im kanadischen Montreal zu Hause, aber seine Anfragen bei der Cyberabteilung der Royal Canadian Mounted Police erbrachten keine erfreulichen Ergebnisse. Man konnte zwar Cyrics IP-Adressen nach Montreal zurückverfolgen, gelegentlich deuteten sie aber auch auf einen Standort in Toronto hin; deshalb hatten manche Ermittler den Verdacht, dass er in Wirklichkeit in dieser Stadt lebte.
Einige Carder griffen das Gerücht auf, Lord Cyric sei in Wirklichkeit Brian Krebs, ein Journalist, der sich mit Cybersicherheit beschäftigte und zu jener Zeit für die Washington Post arbeitete. Dafür gab es keine Belege – ganz im Gegenteil: Krebs ist ein ernsthafter Autor, der niemals seinen Ruf dadurch aufs Spiel setzen würde, dass er sich mit den Leuten, über die er recherchiert, einlassen würde. Später folgten einige weitere Gerüchte, aber die Frage, wer Lord Cyric war oder was er vorhatte, konnte niemand wirklich ergründen.
Während Lord Cyric andere dazu anstachelte, allen möglichen zweifelhaften Tätigkeiten nachzugehen, beteiligte er sich selbst nie an kriminellen Transaktionen; dies bestärkte die These, dass er für die Polizei oder einen Geheimdienst arbeitete.
Alle glaubten aber auch, Lord Cyric
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