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CyberCrime

CyberCrime

Titel: CyberCrime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Glenny
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Kassiererin, der besagte: »Wer um alles in der Welt ist dieser Bursche?« Nach seiner Ansicht mussten sie glauben, er sei entweder ein verdorbener Sohn aus reichem Hause oder ein Drogendealer. Aber im Zeitalter des Plastikgeldes kleideten sich die Superreichen ebenso häufig in T-Shirt und Jeans wie in einen Anzug von der feinen Londoner Einkaufsstraße Savile Row. Wie dem auch sei: Die Verkäufer – Juweliere, Autohändler, Weinhändler, Hoteliers – nahmen stets das Geld und stellten keine Fragen. Sicher konnten sie nie sein: Vielleicht war dieser unrasierte junge Mann der Eigentümer von Google? Und ohnehin – wen ging es etwas an, wie er sein Geld verdiente?
    Nur eines machte ihn ständig nervös: Er hatte zu viel Bargeld. Eines Abends kam er mit 77.000 Dollar in der Tasche nach Hause – zusätzlich zu den 300.000, die bereits in der Wohnung herumlagen. Außerdem besaß er Geldanweisungen im Wert von 110.000 Dollar. RedBrigade hatte ein weltweites Bargeld-Beschaffungsgeschäft organisiert: Er lieferte die Karten- und Konteninformationen an einen Mittelsmann in Osteuropa, der dann die Beutezüge an den Geldautomaten organisierte und das Bargeld an RedBrigade schickte. Zu diesem Zweck musste er selbst wieder Bankgeschäfte betreiben. Er war es leid, ständig unter den Grenzen für Meldungen zu bleiben – jede Transaktion von mehr als 10.000 Dollar musste nach den Geldwäschegesetzen an das Finanzministerium gemeldet werden. Mist, dachte er, wer hätte wissen können, dass es so schwierig ist, Geld loszuwerden!
    Er bereitete eine weitere Auszahlung von 77.000 Dollar vor. Es wäre nur ein kleiner Spaziergang um ein paar Blocks von seiner Wohnung gewesen, aber dann dachte er: »Ich habe hier so viel Geld, das geht mir am Arsch vorbei.« Er wusste, dass irgendetwas in dem Bild ganz und gar nicht stimmte. Dennoch ging ihm nur eines durch den Kopf: »CarderPlanet war eine Sache, aber wer würde jemals diese Shadowcrew-Sache glauben? Wer würde glauben, dass ich tagein, tagaus in Banken hineinspazieren kann und jedes Mal mit 50 Mille in der Tasche wieder herauskomme? Das ist doch krank!«
    Als CarderPlanet 2004 schließlich abgeschaltet wurde, hatte die Site nicht nur ein russisch- und ein englischsprachiges Forum zu bieten, sondern auch Abteilungen auf Koreanisch, Chinesisch und sogar Arabisch. »CarderPlanet hat die Spielregeln verändert«, sagt E. J. Hilbert, ein früherer FBI -Sonderermittler, der die Website mehrere Jahre lang untersucht hat. »Alle Nachfolger haben sich CarderPlanet zum Vorbild genommen. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass diese Website die Praxis des kriminellen Hackens bis in alle Winkel der Erde verbreitet hat.«
    Nun schossen überall Websites nach dem Vorbild von CarderPlanet aus dem Boden: theftservices.com , darknet.com , thegrifters.net, scandinaviancarding.com und viele andere, darunter eine, deren abgekürzter Name eine köstliche Parodie auf amerikanische wissenschaftliche Gesellschaften war: Sie hieß IAACA (International Association for the Advancement of Criminal Activity).
    Aber keine davon hatte so viel Erfolg wie Shadowcrew in den zwei Jahren ihres Bestehens. Und RedBrigade war auf Shadowcrew einer der vielen Carder, die das große Los gezogen hatten. Den Behörden wurde erst nach und nach klar, welche Ausmaße die Branche hatte. Die Banken waren mehr oder weniger ratlos, und normale Menschen waren vergesslich.
    Die Hacker waren ihnen meilenweit voraus, und Fürst Mammon herrschte überall: Hedgefondsmanager, Oligarchen, Ölscheichs, lateinamerikanische Mobiltelefon-Mogule, die neu an die Macht gekommene schwarze Wirtschaftselite in Südafrika, die alte weiße Wirtschaftselite in Südafrika, chinesische Hersteller von globalem Schnickschnack, Technikgurus von Bangalore bis zum Silicon Valley.
    Hunderte von Cardern häuften während der Zeit von Shadowcrew riesige Vermögen an, und viele von ihnen waren so naiv, dass sie alles für die Verlockungen des neureichen Daseins zum Fenster hinauswarfen. Zu jener Zeit wurde die IP -Adresse eines Computers nicht kontrolliert, wenn man im Internet einkaufte. Für Kreditkarten gab es kein Adressenüberprüfungssystem: Man konnte Waren unabhängig davon, wo die Karte ausgestellt war, an jeden beliebigen Ort der Welt liefern lassen (außer nach Russland und in die anderen früheren Sowjetrepubliken), und niemand nahm in irgendeinem Stadium eine Prüfung vor.
    Die neue Form des Verbrechens schlug weit über ihre ukrainisch- und

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