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CyberCrime

CyberCrime

Titel: CyberCrime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Glenny
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zur Verfügung, und die Bundespolizisten nahmen die Hilfe nur allzu gern in Anspruch.
    Für Max Vision war keine Herausforderung im Web zu groß, und keine Sicherheitslücke war so klein, dass er sie nicht bemerkt hätte. Aber um solche Sicherheitslücken zu finden, musste er natürlich ständig in Computersysteme eindringen. Er wusste, dass er damit in den Mittelpunkt eines weitreichenden Dilemmas rückte, das die Computerindustrie ganz allgemein betrifft und schwerwiegende Auswirkungen hat. Um sich vor kriminellen »Blackhat«-Hackern zu schützen, ist es manchmal notwendig, sich als »Whitehat«-Hacker davon zu überzeugen, wie man in Systeme einbricht – eine Tat, die eigentlich schon für sich betrachtet illegal ist.
    Dass »Whitehats« genau wie die »Blackhats« im Umfeld großer öffentlicher Computersysteme herumschnüffeln, lässt sich fast nicht vermeiden. Der Unterschied besteht darin, dass »Whitehats« die Schwachstellen, die sie finden, nicht zum persönlichen Vorteil ausnutzen. Die »Blackhats« tun das in der Regel.
    Vision arbeitete von dem kleinen Haus aus, das er zusammen mit Kimi bewohnte. Jedes Mal, wenn er in einem Netzwerk auf eine Anomalie oder ein Problem stieß, konnte er dem Drang, es in Ordnung zu bringen, nicht widerstehen. Im Jahr 1998 entdeckte er in den Netzwerken, die von einer Reihe staatlicher Behörden einschließlich einiger Teile des Pentagon genutzt wurden, eine gefährliche Sicherheitslücke. Es handelte sich um ein Loch in ihren Abwehrmechanismen, durch das sich alle möglichen boshaften Würmer schlängeln konnten. Qualifizierte Hacker, die irgendwo auf der Welt arbeiteten, hätten auf diese Weise buchstäblich Hunderttausende von Behördencomputern schädigen können. Vision stellte wieder einmal sein patriotisches Engagement unter Beweis und füllte die Löcher mit digitalem Zement. Damit diente er der Sicherheit seines Landes: Niemand würde jetzt noch in der Lage sein, irgendwann einmal diese Schwachstelle bei diesen staatlichen Behörden auszunutzen.
    Dann kam ein Wendepunkt.
    Sowohl zu jener Zeit als auch im Rückblick schien es unbedeutend zu sein. Es war eine geringfügige, derart flüchtige Tat, dass sie kaum eine Spur hinterließ: ein elektronischer Impuls, der sich fast nicht in Begriffe fassen lässt; die Drehung eines Schlüssels; ein Buchstabe in vielen Seiten Computercode, nichts als das pawlowsche Zucken eines geborenen Hackers. In allen Behördencomputern ließ Max Vision eine winzige Lücke offen, durch die nur er kriechen konnte; wenig später bemerkte ein Cyberermittler der US -Airforce mit Adleraugen das Loch und verfolgte es zu seinem Konstrukteur zurück.
    Das war der Grund, warum seine Freunde vom FBI in Santa Clara an seine Tür klopften und ihm klarmachten, dass sich dunkle Wolken sammelten. »Du hast alle möglichen Probleme verursacht, Max«, sagten sie. »Es geht um die nationale Sicherheit – deshalb ist die Airforce hier.«
    Vision war verärgert und empört. Er hatte den Behörden im Vorfeld E-Mails geschrieben, sie auf seinen Verdacht im Zusammenhang mit der Sicherheitslücke aufmerksam gemacht und erklärt, wie er sie zur Probe ausforschen wollte.
    Wie schwer war sein Verbrechen? Das Motiv für seine Taten war weder Geld noch irgendein anderer Vorteil. Im Gegenteil: Er hatte den betroffenen Behörden einen großen Gefallen getan. Neben anderen Dienstleistungen hatte Vision die Computersysteme von Militärstützpunkten und Atomforschungseinrichtungen sicherer gemacht, darunter die in den nationalen Laboratorien von Brookhaven und Livermore. Andererseits hatte er nur einen geringfügigen Schaden angerichtet und nichts gestohlen – wie klug war es also, einen der talentiertesten Computerfachleute Amerikas wegen eines solchen Vergehens zu verfolgen?
    Die Entdeckung des Luftwaffenoffiziers führte nicht nur dazu, dass Max Vision wegen Verbreitung eines bösartigen Computerwurmes festgenommen wurde. Die Folgen waren noch schlimmer: Das winzige Loch, das er in die Eingangstore der Computernetzwerke gebohrt hatte, wuchs und wuchs, bis es sich in einen unheiligen Abgrund verwandelt hatte: die Taft Correctional Institution, ein Bundesgefängnis in der Wüste nördlich von Los Angeles. Als Vision ins Gefängnis kam, war er kein Verbrecher, sondern ein gereifter, qualifizierter Hacker. Kriminelle Profis hatte er nur dann kennengelernt, wenn seine Kontaktleute beim FBI aus dem Nähkästchen plauderten. Das änderte sich natürlich, als Max (und seine

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