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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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daß ich es nicht fühlen mußte. Ich brauchte zwei Wochen, um im Schneideraum alles auseinanderzuklauben und zusammenzuschneiden, damit ich
    etwas in der Hand hätte, das ich Max Bell, dem Inhaber von Pilot, vorspielen könnte.
    Bell war nicht begeistert, ganz und gar nicht begeistert, als ich ihm sagte, was ich gemacht hatte.
    Eigenmächtige Redakteure können zum Problem werden, und die meisten Redakteure gelangen
    irgendwann zur Überzeugung, daß sie jemanden gefunden haben, der es sein wird, das nächste Monster, und verschwenden dann viel Geld und Zeit darauf. Er nickte, als ich meine Anpreisung beendet hatte, und kratzte sich mit der Kappe seines roten Filzstifts an der Nase. »Aha.
    Verstanden. Das überhaupt Genialste, seit den Fischen Beine gewachsen sind, was?«
    Trotzdem zog er sich die Demo-Software rein, die ich ihm zusammengestellt hatte, und als das Soft mit einem Klick aus dem Schlitz seines Tischmodells Marke Braun hüpfte, starrte er mit ausdruckslosem Gesicht auf die Wand.
    »Max?«
    »Hm?«
    »Was meinst du?«
    »Was ich meine? Wie, sagst du, heißt sie?« Er blinzelte. »Lisa? Bei wem, sagst du, hat sie abgezeichnet?«
    »Lise. Bei keinem, Max. Sie hat noch bei keinem gezeichnet.«
    »Herrgott.« Sein Gesicht war immer noch ausdruckslos.
    »Weißt du, wie ich sie gefunden habe?« fragt Rubin, der durch ramponierte Kartons watet, um den Lichtschalter zu finden. Die Kartons sind mit gewissenhaft sortiertem *RPL gefüllt:
    Lithiumbatterien, Tantalkondensatoren, RF-Klemmen, Brett-schaltungen, ferroresonanten
    Trafos, Isolierband, Rollen mit Leitungsdraht ... Ein Karton ist vollgestopft mit den abgetrennten Köpfen von aberhundert Barbie-Puppen, ein anderer enthält gepanzerte
    Sicherheitsschuhe, die wie Fäustlinge eines Raumanzugs aussehen. Licht erfüllt das Zimmer und eine Art Gottesanbeterin im Kandinski-Look aus bunten Blechstreifen dreht ihren golfballgroßen Kopf der Glühbirne zu. »Ich war drunten in Granville bei 'ner *RPL-Aktion, hinten in 'ner Gasse.
    Da hockte sie. Bemerkte das Skelett und fragte sie, da sie nicht besonders gut aussah, ob ihr was fehle. Nichts. Machte einfach die Augen zu. Nicht mein Fall, denk ich mir. Aber zufällig komm ich ungefähr vier Stunden später wieder an die Stelle, und da hockt sie immer noch. >Hör mal, Süße<, sag ich ihr, >vielleicht ist deine Hardware defekt. Kann dir helfen, okay?< Nichts. >Wie lange hockst du schon hier hinten?< Nichts. Also zieh ich Leine.« Er geht rüber zu seiner Werkbank und streichelt mit blassem Zeigefinger die dünnen Metallglieder der komischen
    Gottesanbeterin. Hinter der Werkbank hängen an einer feucht aufgequollenen, alten
    Sperrholztafel Zangen, Schraubenzieher, Heftapparate, ein rostiges Daisy BB Gewehr,
    Abisolierer, Blechschneider, Meß- sonden, Heißluftpistolen, ein Taschen-Oszillograph:
    anscheinend jegliches Werkzeug der menschlichen Geschichte, das zu ordnen Rubin nie
    versucht hat, obwohl ich noch nicht erlebt habe, daß er beim Hinlangen zögert.
    »Nach 'ner Stunde«, sagt er, »ging ich zurück. Sie war inzwischen weggetreten, bewußtlos, also brachte ich sie hierher und checkte das Hautskelett. Batterien waren alle. Sie hat sich in die Ecke verkrochen, als der Saft ausging, und dort aufs Verhungern gewartet, schätze ich.«
    »Wann war das?«
    »Ungefähr 'ne Woche bevor du sie mit heimgenommen hast.«
    »Und wenn sie gestorben wäre? Wenn du sie nicht gefunden hättest?«
    »Es hätt sie schon einer gefunden. Sie konnte nicht IUDJHQ verstehst du. Konnte nur QHKPHQ
    Mochte keine Gefällig-keiten.«
    Max fand Agenten für sie, und tags darauf kreuzten drei fürchterlich schicke Juniorpartner bei YVR auf. Lise wollte nicht zu Pilot kommen, um sie zu treffen, sondern bestand darauf, daß wir das Trio rauf zu Rubins Bude brächten, wo sie noch schlief.
    »Willkommen in Couverville«, sagte Rubin, als sie anrückten. Sein langes Gesicht war
    ölverschmiert, der Hosenlatz seines zerlumpten Drillich-Overalls provisorisch mit einer
    zurechtgebogenen Büroklammer zusammengehalten. Die Knaben grinsten mechanisch, während
    das Lächeln der Lady irgendwie authentischer wirkte. »Mr. Stark«, sagte sie, »ich bin letzte Woche in London gewesen. Hab Ihr Objekt in der Täte Gallery gesehn.«
    ª0DUFHOORV %DWWHULHIDEULN© bemerkte Rubin. »Sie sagen, . es ist skatologisch, die Briten ...« Er zuckte die Achseln. »Die Briten. Tja, wer weiß?«
    »Die haben recht. Es ist aber auch sehr lustig.«
    Die Knaben in ihren

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