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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Flügel und den knallroten Tank. Im ersten Augenblick passierte nichts, so daß Deke glaubte, die Maschine irgendwie verfehlt zu haben. Dann brach die rote Kiste nach links aus und stürzte mit einer schwarzen, öligen Rauchfahne ab.
    Tiny runzelte die Stirn. Kleine Unmutsfalten störten seinen ungetrübten Mund. Deke lächelte.
    Ausgleich, und Tiny hielt die Position.
    Beide Spad wurden hartnäckig verfolgt. Deke holte weit aus und zog sie von den
    gegenüberliegenden Seiten des Tisches zusammen. Er jagte sie direkt aufeinander zu, was Tiny um seinen Vorteil brachte ... Keiner konnte Schüsse abgeben, ohne den eigenen Flieger zu
    gefährden. Deke beschleunigte seine aufeinander zurasenden Maschinen auf Höchstge—
    schwindigkeit.
    Im letzten Augenblick vor dem Zusammenstoß riß Deke seine Flieger jeweils nach oben und
    unten, so daß sie einander passierten, wobei er auf die beiden Fokker das Feuer eröffnete und abdrehte. Tiny war darauf gefaßt. Feuer erfüllte die Luft. Dann lösten sich ein blaues und ein rotes Flugzeug und düsten in entgegengesetzten Richtungen davon, während zwei Flieger sich verhedderten. Flügel streiften sich und demolierten die Maschinen. Sie stürzten gemeinsam fast schnurstracks ab und zerschellten auf grünem Filz.
    Zehnte Spielsekunde, und vier Flieger beseitigt. Ein schwarzer Veteran schürzte die Lippen und stieß einen leichten Pfiff aus. Jemand anders schüttelte ungläubig den Kopf.
    Tiny saß aufrecht und leicht vornübergebeugt in seinem Rollstuhl, zupfte mit weichen Händen nervös an den Griffen. Sein Blick war konzentriert, und er blinzelte nicht. Das war kein Spaß, kein links zu erledigender Scheiß; das Spiel verlangte seine ganze Aufmerksamkeit. Die Fans, der Tisch, das Jackman's selbst existierten gar nicht mehr für ihn. Bobby Earl Cline legte ihm die Hand auf die Schulter; Tiny merkte es nicht. Die Flieger in entgegengesetzten Ecken des
    Zimmers schleppten sich mühsam in die Höhe. Deke klebte seinen an die Decke im Tabakdunst.
    Er schaute kurz zu Tiny, und ihre Blicke begegneten sich. Kalt. »Jetzt zeig, was du drauf hast«, preßte Deke zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Sie hetzten ihre Flieger aufeinander.
    Die Hype entfaltete jetzt sein Wirkungsmaximum, und Deke konnte Tinys Peilstrahlen zwischen den Fliegern durch die Luft tasten sehen. Er mußte seine Spad in die Schußlinie bringen, um eine ordentliche Garbe abzufeuern, dann abdrehen und sich in die Kurve legen, damit die Kugeln der Fokker unterm Fahrwerk vorbeihageln würden. Tiny stand ihm um nichts nach und wich den
    Schüssen aus, wobei er so dicht passierte, daß sich um ein Haar ihre Fahrwerke verfingen.
    Deke drehte einen sträflich knappen Looping, als die Halluzinationen einsetzten. Der Filz krümmte und drehte sich - und wurde zur grünen Hölle des bolivianischen Regenwalds, über dem Tiny Angriffe geflogen hatte. Die Wände rückten ab in graue Unendlichkeit, während ringsum die metallische Enge eines kybernetischen Kampfflugzeugs sich zusammenzog.
    Freilich war Deke nicht unvorbereitet. Er war auf die Halluzinationen gefaßt und wußte, daß er mit ihnen fertig würde. Die Militärs gäben schließlich keine Droge weiter, durch die man sich nicht hindurchboxen könnte. Spad und Fokker drehten einen weiteren Looping. In Tiny
    Montgomerys Gesicht stand die Anspannung zu lesen, das Echo der Schlacht im tiefen
    Urwaldhimmel. Sie jagten ihre Flieger aufeinander, spürten die Spannung, die von den
    Instrumenten direkt ins Stammhirn gespeist wurde, die anlaufende Adrenalinpumpe hinterm
    Ellbogen, die kalte, schnelle Freiheit des Luftstroms am Jetrumpf, zu dem sich der Geruch von heißem Metall und Angstschweiß gesellte. Peilstrahlen zuckten an seinem Gesicht vorbei, und er riß sich los und sah die Spad wieder steil bei der Fokker hochziehen. Beide Maschinen waren heil. Die Fans hielten es im Kopf nicht mehr aus, schwenkten Hüte und trampelten mit den
    Füßen, führten sich auf wie die reinsten Idioten. Deke schaute Tiny wieder in die Augen.
    Bosheit stieg in ihm auf, und obwohl seine Nerven gespannt waren, wie die Carbonkristallfäden, die die Kampfflieger bei ihren Superwendungen über den Anden zusammenhielten, rang er sich ein lässiges Grinsen ab, zwinkerte und nickte leicht zur Seite hin, als wollte er »Ei-guck-mal«
    sagen.
    Tiny schaute weg.
    Zwar nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber das reichte. Deke machte einen dermaßen
    flinken, knappen Immelmann-Turn - hart an der

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