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Cyboria - Die geheime Stadt

Cyboria - Die geheime Stadt

Titel: Cyboria - Die geheime Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. Baccalario
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und stakste unbeholfen über das Absperrungsseil. »Nichts anfassen, bitte.«
    Galeno bewegte sich auf seinen Stelzenbeinen wie ein Reiher im hohen Gras. Die starren Arme waren eng an die Seiten gepresst, der Atem ging stoßweise und war deutlich zu hören. Obwohl der Roboter sich betont langsam bewegte, war eine gewisse Eleganz nicht zu leugnen, manchmal erinnerte Galeno sogar an einen Balletttänzer. Immer wenn er innehalten musste, schien er überrascht zu sein. Dann richtete er die spindelförmigen Füße aus, balancierte auf den Zehenspitzen, um das Gleichgewicht zu halten, drehte erst den Oberkörper und dann unvermittelt auch die Beine.
    Medea seufzte, allmählich wurde sie ungeduldig. »Wir sollten jetzt verschwinden, ohne allzu sehr aufzufallen, okay?«
    Otto strahlte übers ganze Gesicht. »Das schaffen wir, du wirst schon sehen.«
    Medea warf einen skeptischen Blick auf Galeno, der sich mit ihnen in Bewegung setzte.
    »Wir müssen ihn zum Auto bringen, ohne dass uns jemand sieht …«, fuhr Otto fort.
    Medea sah aus dem Fenster: »Genau. Ich hole das Auto, parke direkt vor dem Eingang, und du setzt ihn auf die Rückbank. Hoffen wir, dass in dem Moment niemand vorbeikommt. Zuerst allerdings …«, sie sah den Roboter prüfend an, »wartet ihr hier auf mich. Rührt euch nicht von der Stelle«, befahl sie.
    »Wir warten«, sagte Otto.
    »Wir warten«, wiederholte Galeno, »bitte.«
    Kurze Zeit später war sie zurück, einen dunklen Mantel über dem Arm, in der Hand einen weißen Panamahut.
    »Wo hast du das her?«, fragte Otto.
    »Aus dem Büro des Direktors.« Medea hielt Galeno die Sachen hin. »Zieh das an, schnell!«
    Die Sprechplatte des Roboters kratzte: »Anweisungen nicht mit Auftrag vereinbar, bitte.« Er nahm den Mantel und hielt ihn hoch. »Stoffgewand, schwer und übertrieben vornehm. Farbe elegant und unauffällig. Nicht geeignet. Nicht geeignet.«
    »Jetzt ist nicht gerade der passende Zeitpunkt, um wählerisch zu sein!«, platzte Medea heraus. »Das habe ich auf die Schnelle aufgetrieben und das ziehst du jetzt an!«
    »Anziehen? Galeno muss nichts anziehen. Das sind Kleider. Galeno hat keine Kleider.«
    »Jetzt hast du welche. Und du wirst sie anziehen, damit wir unbemerkt das Museum verlassen können, denn so … so … nackt fällst du zu sehr auf! Du brauchst Kleidung!«
    »Kleidung brauchen!«, krächzte der Roboter, es klang fast beleidigt. Nach langem Ticken fuhr er fort: »Bekleidung soll einfach … bequem … leicht … strapazierfähig … hygienisch … modern und variabel sein. Auf keinen Fall Gelb und Schwarz kombinieren.«
    Tante und Neffe tauschten einen vielsagenden Blick.
    »Er hat einen ausgefallenen Geschmack«, wagte Otto zu sagen.
    »Das interessiert mich nicht«, entgegnete Medea kurz und knapp. »Wir machen es so: Du kümmerst dich darum, dass er den Mantel anzieht, von dir lässt er sich ja wenigstens etwas sagen, und ich hole das Auto. In zehn Minuten vor dem Eingang.«
    »Hut«, bemerkte Galeno unterdessen und hob den Panamahut hoch, »weiß, festliche Farbe.« Und ohne noch etwas hinzuzufügen, setzte er ihn sich schief auf den Kopf.
    Es war nicht leicht, den Roboter zu überzeugen, auch den Mantel anzuziehen. Aber es musste sein, trotz aller Proteste und Ausweichversuche. Endlich war es geschafft: Der Mantel lag elegant auf Galenos Schultern, während der Hut einen großen Teil seines Gesichts verdeckte.
    »Wie ein richtiger Gentleman, Galeno«, lobte Otto, als er sein Werk begutachtete.
    »Gentleman …«, krächzte Galeno, »Wort in Galenos Vokabular nicht vorhanden.«
    »Nicht so wichtig, das sagt man nur so. Du siehst sehr elegant aus.«
    »Wir wollen diese steife und bedrückende Eleganz abschaffen«, antwortete der Roboter, »wir wollen bunte Kleidung, fantasievoll, mutig, witzig und spielerisch.«
    »Perfekt.« Otto musste über diese gestelzten und völlig unpassenden Worte lachen. »Du bist mutig und fantasievoll, allein durch diesen Mantel. Und auch witzig.«
    »Ziel erreicht«, knarzte Galeno und folgte dem Jungen.
    Während sie darauf warteten, dass Medea am Portal auftauchte, schlug Ottos Herz wie verrückt. Er konnte den Blick nicht von dem metallenen Wesen abwenden.
    »Galeno … Was ist die Neue Stadt?«
    »Cyboria.«
    »Und was ist … Cyboria?«
    »Eine geniale Synthese.«
    »Eine Synthese aus was?«
    »Aus Unabhängigkeit, Ehrgeiz, Energie, Unternehmungslust, industrieller Perfektion, Freiheit, Eleganz, Macht, Uneinnehmbarkeit, Fortschritt und

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