Cyboria - Die geheime Stadt
bei dir. Stimmt das? Wo ist es?«
Otto knirschte mit den Zähnen. »Lassen Sie mich in Ruhe!«
»Wagen Sie es nicht, ihm auch nur ein Haar zu krümmen!«, drohte Medea.
Der Conte lächelte spöttisch: »Ach, die mutige Archäologin! Soll ich lieber Sie abtasten?«
»Sie Flegel!«
»Fühlt sich eine gebildete Person wie Sie nicht etwas fehl am Platz? In verlassenen Städten und in Gesellschaft von verrosteten Robotern? Ist es nicht widersinnig, dass eine Wissenschaftlerin, die sich sonst mit der Vergangenheit beschäftigt, ihre Nase in etwas steckt, das mit der Zukunft zu tun hat? Futuristische Gebäude, ausgeklügelte Fortbewegungsmittel, metallene Diener mit einem gewissen Niveau …«
Unvermittelt drehte sich der Conte um und schlug mit dem Stock gegen Calibanos Brust. Ein metallisches Scheppern war zu hören. Das sonst so stoische Gesicht seines Leibwächters verzog sich zu einem grimassenhaften Lächeln.
»Geniale Professoren«, fuhr Liguana fort, »wie Ingenieur Zisch, haben Roboter konstruiert … und andere haben diese Erfindungen perfektioniert und eine Hybridlösung entwickelt … Metall und Knochen … Blut und Zahnradgetriebe, wie bei meinem Vater.«
»Wie ist das möglich?«, fragte Medea mit zitternder Stimme.
»Wie ist was möglich?«, fragte der Conte zurück. »Blut und Eisen zu verbinden? Nerven und Schaltkreise? Keine Ahnung! Ich habe absolut keine Ahnung. Aber man könnte Calibano fragen … und meine Gärtner.«
»Wie sind Sie hierhergekommen?«, fragte Medea weiter.
»Ach, meine verehrte Archäologin, das Gleiche könnte ich Sie fragen. Und ich denke, Ihre Antwort wäre wesentlich komplexer als meine. Wollen Sie das wirklich wissen? Also: Mein Vater sucht diese Stadt schon seit mehr als hundert Jahren … seitdem er damals belogen und betrogen wurde und seinen Platz an Atamante Folgore Perotti abtreten musste.«
Conte Liguana lachte verächtlich, als Otto und Medea verblüfft die Augen aufrissen. »Ihr habt schon richtig gehört. Ihr habt genau richtig gehört. Er sollte fahren, nicht euer … Urahn! Mein Vater war der Genialste von allen. Und Zisch wusste das, er kannte ihn gut. Doch dann haben sie ihn ausgebootet. Stattdessen haben sie sich für diesen sentimentalen Träumer Atamante entschieden … der dann auch noch Angst bekam … Angst, die Reise anzutreten … und nicht an Bord gegangen ist.«
»Er hat aus Liebe darauf verzichtet!«, widersprach Otto. »Aus Liebe zu meiner Ururgroßmutter!«
»Die schöne Armilla, richtig!«, sagte Liguana. »Der du ohne Zweifel zu Dank verpflichtet bist, denn nach einigen missratenen Generationen bist du zur Welt gekommen. Endlich ein Lichtblick. Und wem hast du das noch zu verdanken?«
»Mir«, sagte Medea wütend.
»Atamante entschied sich für ein wenig aufregendes Leben in der Realität, statt in der Neuen Stadt Abenteuer zu suchen. Eine perfekte Stadt, die den Menschen dient und die jahrzehntelang unzugänglich war … bis heute, nicht wahr, mein Sohn?«
Bei diesen Worten wanderte der Blick des Conte zu Jago, der bis jetzt geschwiegen hatte.
»Mein Sohn?« , fragte Medea verblüfft. »Wie … mein Sohn?«
Und auf einmal fügte sich alles zusammen, unzusammenhängende Sätze, ungesagte Dinge und plötzliche Stimmungsschwankungen, wie die Teile eines Puzzles.
»Soll das heißen, du … du bist … ein Liguana?«
Der Conte war amüsiert, während Jago verlegen auf den Boden blickte. »Es tut mir leid, ich wollte nicht, dass du es so erfährst.«
»Und wie sollte ich es dann erfahren? Jetzt ist mir alles klar! Du! Du hast ihn informiert!«
»Medea, ich …«
»Heute Nachmittag in der Crêperie, da hast du ihn angerufen, stimmt’s? War es nicht so?«
»Nein, es ist nicht, wie du denkst …«, stammelte Jago.
»Du hast uns verraten! Du bist nichts als ein gemeiner, feiger Verräter! Ich wette, es war kein Zufall, dass wir uns damals auf der Ausstellung kennengelernt haben! Das gehörte zum Plan. Und nichts von dem, was du mir erzählt hast, ist wahr!«
Der Conte brach in höhnisches Gelächter aus. »Hast du wieder die rührende Geschichte vom gescheiterten Maler erzählt?«
Medea trat die Zornesröte ins Gesicht: »Also hat dich dein Vater auf mich angesetzt. Die gutgläubige kleine Archäologin! Die weltfremde Nichte der Folgore Perottis! Solltest du mich überwachen?«
Statt einer Antwort schüttelte Jago nur mit dem Kopf.
»Oh, oh, oh. Da hast du ja einen ganz schönen Schlamassel angerichtet, mein lieber Sohn«, lachte
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