Cyboria - Die geheime Stadt
drehte sich das »Z« auf dem rechten Türflügel zweimal im Uhrzeigersinn.
Tack. Tack.
Aus dem »Z« wurde ein »N«, sodass die beiden Buchstaben jetzt das Wort » EN « formten.
En. Die beiden ersten Buchstaben des französischen Wortes »entrez« – tretet ein.
Medea lächelte Jago zu und drückte gegen die Tür, die sich langsam öffnete.
»Was habe ich euch gesagt?«, triumphierte Jago und strich sich selbstgefällig über den Schnurrbart.
»Du hast mich wirklich verblüfft …«, murmelte die Archäologin und betrat den extraordinären Energiepunkt Picasso.
-4
Rendezvous in Paris
S ie trauten ihren Augen nicht.
Das Innere des Gebäudes war aus grauem Beton. Zwei Wendeltreppen mit schwarz-weißen Stufen führten sowohl nach oben als auch nach unten. Dort, wo sich die beiden Treppen trafen, befand sich die gläserne Kabine eines Aufzugs, die mit Messingbeschlägen eingefasst war.
Als Erstes fiel ihr Blick auf ein großformatiges Porträt von Arnauld D’Urò, der an einem Tisch saß, der vor Bleistiften, Federkielen, Hämmern und einem Fass schwarzer Tinte regelrecht überquoll. Neben dem Bild befanden sich zwei dicke, rote Pfeile, der eine wies nach oben, der andere nach unten. Der zugehörige Text verkündete:
Keine Angst, Herrschaften!
Warum auch immer ihr hier seid,
ihr seid hier richtig!
»Hoch oder runter?«, fragte Medea und blieb vor dem Bild stehen. »Störungen auf der Strecke oder Probleme bei der Versorgung?«
»Ich würde sagen nach oben: Versorgungsprobleme haben wir nicht.«
»Wir haben aber ein anderes Problem: den Druckknopf ZANG aktivieren.«
»Hast du eine Idee, Blechbüchse?«
Galeno antwortete nicht. Er schloss die Tür hinter ihnen, die mit einem bedrohlichen Geräusch ins Schloss fiel.
»Na toll«, fluchte Jago, »jetzt sind wir eingeschlossen. Gehört das auch zu deinen Anweisungen?«
»Galeno hat eine andere Anweisung«, erinnerte ihn der Roboter. »Den Riesen zähmen.«
»Wirklich beruhigend«, murmelte Medea ironisch, »das hättest du ruhig schon früher sagen können.«
Otto betrat den durchsichtigen, eiförmigen Aufzug und schloss die Tür. Genau in der Mitte der Kabine war eine Kette befestigt, darunter hing ein Schild.
Nach oben: kurz ziehen. Nach unten: lange ziehen.
Er zog lang.
Als Otto aus dem Aufzug stieg, befand er sich in einer Art Weinkeller. Er hörte Medeas Stimme, die von oben nach ihm rief (von oben? Jedenfalls schien die Stimme weit entfernt). Er formte mit seinen Händen einen Trichter und schrie: »Alles okay! Ich schau mich nur ein wenig um!«
Es war stockdunkel.
Otto suchte nach einem Lichtschalter, und als er ihn gefunden hatte, kippte er ihn nach oben. Lampen flammten auf, ihr bläuliches Licht erhellte einen langen Gang. Ein Teppichläufer mit Leopardenmuster führte an zwei Regalreihen vorbei, die mit Weinflaschen in verschiedenen Größen gefüllt waren. Große und kleine, bauchige und schmale. An den einzelnen Regalen waren Nummern befestigt. Was hatte das zu bedeuten? War das der jeweilige Jahrgang?
Otto schaute genauer hin und bemerkte, dass die Behälter gar keine Weinflaschen waren, sondern … Batterien. Kapseln aus Glas und Metall in verschiedenen Größen, so weit das Auge reichte, aufgereiht nach ihrer Größe. Otto nahm eine Batterie heraus und drehte sie in der Hand hin und her.
»Lumen …«, murmelte er leise.
Er war von einem riesigen Lager mit Lumen-Batterien umgeben. Vielleicht bezeichneten die Nummern die Menge der Ladung, oder die Art der Energie, die in den Batterien gespeichert war.
Er nahm das Ikosaeder aus der Hosentasche; die Stromkontakte pulsierten und schimmerten in bläulichem Licht. Dann fiel ihm die Spieluhr ein, die er im Bahnhof bekommen hatte. Er musste die Gelegenheit nutzen und ihre Batterie aufladen.
Etwa in der Mitte des Ganges wurde sein Blick von einer großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografie gefesselt. Sie zeigte im Vordergrund die drei Professoren, dahinter die Dächer von Paris. Sehr wahrscheinlich war sie im Café oben im Eiffelturm aufgenommen. Die drei lächelten in die Kamera. Zwischen ihnen war eine Zeitung zu erkennen, »Le Figaro«. Dort stand zu lesen:
LUMEN: ENERGIE DER ZUKUNFT ODER GAR ERSATZ FÜR ERDÖL?
Otto betrachtete lange das Gesicht von Arnauld, dem Architekten, der das Haus auf Stelzen gebaut hatte, in dem er sich gerade befand. In seinem Gesicht lag ein enthusiastischer Ausdruck, wie man ihn sonst nur bei Kindern findet. An seiner Seite stand der Mathematiker, dem
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