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Cyboria - Die geheime Stadt

Cyboria - Die geheime Stadt

Titel: Cyboria - Die geheime Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. Baccalario
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und dabei einen Schwall eiskalter Luft aufwirbelte.
    Conte Liguana war totenbleich. Er saß hinter dem Piloten und war mit Gurten an seinem Sessel festgezurrt. Sein Kopf mit der stets perfekt sitzenden Frisur war von einem Marines-Helm geschützt, den eleganten dunklen Anzug hatte er gegen einen weiß-grauen Fliegeroverall mit vielen Taschen getauscht.
    »Kurs drei zwei sechs«, bellte der Pilot ins Mikrofon, zog den Steuerknüppel zu sich heran, und der Hubschrauber stieg mit wirbelnden Rotorblättern nach oben.
    Der Conte versuchte die aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken und presste sich noch tiefer in seinen Sitz. Die gebrochene Rippe erschwerte das Atmen, die Blutergüsse am ganzen Körper schmerzten.
    »Wir nehmen Kurs Nord-Nord-Ost, mein Herr …«, sagte der Pilot und wandte sich zu ihm um. »Alles in Ordnung bei Ihnen?«
    Der Conte versuchte mit der freien Hand ein zustimmendes Zeichen zu machen, dabei war fast gar nichts in Ordnung.
    Der Hubschrauber gewann weiter an Höhe. Um Schwindelgefühle, Panikattacken und alles andere zu vermeiden, was einen an Bord eines Militärhubschraubers bei Höchstgeschwindigkeit heimsuchen konnte, beschloss er nicht nach links und rechts zu schauen. Er konzentrierte sich auf eine Ausgabe des »Figaro«, die er sich vor dem Abheben auf die Knie gelegt hatte.
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    Kunstwerk in La Défense eingestürzt!
    Wahrscheinlich Leck in der Gasleitung
    Nur durch einen glücklichen Zufall keine Opfer
    In der Avenue Pablo Picasso ist völlig überraschend eines der ungewöhnlichsten Gebäude der Stadt eingestürzt. Erbauer dieses Kunstwerks war der futuristische Architekt Arnauld D’Urò. Die Pariser hatten ihm den Spitznamen »Giraffe« gegeben, was seiner ungewöhnlich schlanken Form zu verdanken war. Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet, stand es bereits seit geraumer Zeit leer. Die Verwaltung des Arrondissements hatte bereits eine Überprüfung der zukünftigen Nutzung des Gebäudes und seiner Sicherheitsstandards beantragt. »Schlechter Geschmack und jahrelanges Missmanagement«, kommentierte der Sprecher Pierre Daninos, »haben dazu geführt, dass architektonische Juwelen vernachlässigt und stattdessen klotzige Wohnblocks aus dem Boden gestampft werden, die an Hühnerställe erinnern, der Inbegriff der Hässlichkeit.« Der Bürgermeister selbst hat verkündet, dass das Bauwerk wieder aufgebaut werden soll, vorausgesetzt, die Originalpläne sind noch vorhanden …
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    Der Rest des Artikels sprach von wütenden Protesten und aberwitzigen Theorien. Es würde schwierig sein, die Presse davon zu überzeugen, was wirklich geschehen war, nämlich, dass sich das Gebäude in Bewegung gesetzt hatte und in Richtung Norden »gewandert« war.
    Im Mittelteil der Zeitung fand sich ein weiterer, sehr kurzer Artikel zu diesem Thema: Ein Bauer aus Ezanville am nördlichen Rand der Stadt fragte sich verblüfft: »Wie kommt ein Haus auf meinen Acker?«
    Conte Liguana hatte damals gerade noch beobachten können, wie das Haus über die Autobahn spazierte und dann spurlos verschwand, wie eine Romanfigur von Rabelais.
    Entkräftet hatte er sich neben der Kellerruine ins Gras gelegt und vergeblich nach Calibano gerufen. Die Feuerwehr kam etwa zwanzig Minuten später, als der Conte längst weg war.
    Im Hotel hatte er Calibanos Position auf einem etwa zehn Zentimeter breiten Bildschirm geortet, der einem Navigationsgerät ähnelte. Calibanos aktueller Standort blinkte auf, und der Leuchtpunkt entfernte sich schnell in Richtung Norden.
    Irgendwie schien sich sein Leibwächter mit dem Haus fortzubewegen. Von seinem Sohn hingegen empfing er kein Signal. War er tot? Der Gedanke traf ihn härter, als er vermutet hätte. Es war kein Schmerz, eher Verärgerung. Aber er zwang sich, nicht daran zu denken. Immerhin hatte Calibano ihre Spur nicht verloren. Wo wollten sie hin?
    Der Conte begann seine Informationssysteme zu befragen. Brauchte er einen Zug? Einen schnellen Wagen?
    Eine halbe Stunde später spielte das Signal auf dem Bildschirm verrückt, es sprang ruckhaft nach Norden, als befände Calibano sich in einer Rakete oder einem Flugzeug.
    Er verlor keine Zeit. Per Telefon hatte er erst einen Zug nach Brüssel und dann einen Flug nach Oslo gebucht, wo ihn der Helikopter erwartete, den er in weiser Voraussicht von einem russischen Waffenhändler erworben hatte.
    Calibano war immer noch nach Norden unterwegs.
    Norwegen? Schottland? Shetlandinseln?
    Nein. Noch weiter nördlich.
    »Weiter im Norden ist nichts

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