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Cyboria - Die geheime Stadt

Cyboria - Die geheime Stadt

Titel: Cyboria - Die geheime Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. Baccalario
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Händler wurde bei der Gründung Cyborias festgelegt. Wenn alle vergeben sind, dürfen keine neuen Schlüssel ausgegeben werden. Dann muss man eine andere Korporation wählen.«
    Otto tastete nach seinen Schlüsseln. »Und meine? Wofür brauche ich die?«
    Galeno brauchte lange, bis er antwortete.
    »Das hat man mir nicht mitgeteilt, junger Herr Otto. Ich weiß nicht, ob sie außer deinem Haus etwas anderes öffnen können. Aber eines kann ich dir verraten, wenn es dich interessiert.«
    »Das klingt ja ziemlich unheimlich.«
    »Vielleicht hast du damit sogar recht, junger Herr Otto«, Galeno blieb stehen und drehte sich um. Ein Sonnenstrahl ließ seine »Haut« leuchten. »Soweit ich weiß, hat sich noch nie jemand in die Korporation ohne Namen eingeschrieben.«
    Sie gingen weiter, dabei kreuzten sie etliche Querstraßen. Der Himmel hatte sich noch weiter aufgehellt, alles leuchtete und glänzte, sogar das sonst so düstere, feuchte Straßenpflaster. Dort, wo keine Sonne hinkam, hatten sich großflächige Moosteppiche ausgebreitet, kleine Blümchen blühten an Stellen, die früher einmal belebte Plätze gewesen waren, und blaue Flechten überzogen die Statuen an den Straßenecken. Auf ihrem Weg begegneten ihnen Straßenbahnen, die sich schlafwandlerisch sicher von einem Ende Cyborias zum anderen bewegten, ohne Fahrplan, ohne bestimmtes Ziel. Hin und wieder hörte man das Kreischen einer Möwe, die am Himmel schwebte oder sich auf einem Geländer oder einer Straßenlaterne niederließ und neugierig in die Runde sah.
    Als sie eine sonnenüberflutete Straße erreichten, von der aus man eine atemberaubende Aussicht auf die Felsklippen und das Meer hatte, blieb Jago stehen und holte tief Luft. Ohne groß nachzudenken, steckte er spontan den Schlüssel in die Eingangstür eines Geschäfts und schloss auf.
    »Was machst du da?«, fragte Otto.
    »Ach, nichts weiter«, antwortete Jago und tupfte sich den Schweiß von der Stirn, »einen Augenblick lang habe ich nicht an Medea und unseren mysteriösen Verfolger gedacht … und mich von der Schönheit dieses Fleckchens Erde verzaubern lassen. Ich verstehe einfach nicht, warum diese Stadt verwaist ist. Ich würde hier für immer bleiben wollen: das Meer, die Sonne, der frische Wind … Und ich würde eine Galerie für meine Bilder eröffnen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass du malst.«
    »Manchmal weiß ich es selbst nicht so genau«, lächelte Jago, »aber malen hat mir schon immer Spaß gemacht.«
    Otto drängte: »Lass uns weitergehen.«
    »Gib mir noch eine Minute«, bat Jago, »geh schon vor, ich muss mich kurz ausruhen, dann komme ich nach.«
    Das ließ sich Otto nicht zweimal sagen. Er rannte Galeno hinterher und fragte, wie lange es noch bis zu den Tunneleingängen dauerte.
    »Einige hundert Schritte«, antwortete der Roboter.
    Auch Otto war es jetzt warm geworden in den Winterklamotten. Seine Haut war mit einem dünnen Schweißfilm überzogen, ein unangenehmes Gefühl, wenn ihn ein Windstoß traf. Seine Füße kochten fast, als wäre die Straße unter ihm beheizt. Er knöpfte die Jacke auf und zog den Schal aus; tagsüber war es in Cyboria wohl doch nicht so kalt.
    »Wir sind da«, sagte Galeno an der nächsten Kreuzung.
    »Gut.« Otto drehte sich um. »Jago?«, rief er. Dann ein zweites Mal, noch lauter: »Jago?«
    Aber es tat sich nichts. Ottos Herz setzte aus. »Oh nein, Jago! Nein! Galeno, warte hier!«
    Otto rannte zurück. Er war sicher, dass etwas Schreckliches geschehen war. Er kam wieder zu der sonnenüberfluteten Straße, wo sie eben noch miteinander gesprochen hatten, und blickte suchend in beide Richtungen. Nichts. Aber die Ladentür stand offen. War Jago hineingegangen? Mit wütend klopfendem Herzen betrat Otto das Geschäft. »Jago, das ist nicht der richtige Moment, um …«
    Seine Worte hallten von den nackten Wänden wider. Er ging noch etwas weiter. Hier war niemand, nicht drinnen, nicht draußen. »Wo zum Teufel hast du dich versteckt?«
    Er drehte sich um, und da sah er die Nachricht. Sie war von innen in den Staub an der Scheibe geschrieben, das Glas war stellenweise eingeritzt. Hatte der Schreiber etwa einen Metallfinger?

    Otto überlief ein eiskalter Schauer, als hätte sich sein Inneres in einen Eiszapfen verwandelt.
    »Ist hier jemand?«, fragte er ins leere Zimmer. »Irgendjemand hier?«

4
Nach Norden
    A W 101. Diese Typenbezeichnung war im Cockpit des Transporthubschraubers angebracht, der gerade vom Flughafen Aberdeen, Schottland, startete

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