Cyclop
stark geschminkt. An ihren Fingern blitzte eine Flotte von Diamantringen, mit der man sich ein oder sogar zwei Rolls-Royce hätte leisten können. Pitt vermutete, daß sie durchaus fünfzehn Jahre jünger war, als sie aussah – aber sie wirkte wie eine Achtzigjährige. Hilda Kronberg war eine Frau, die auf den Tod wartete. Trotzdem lächelte sie, als Pitt ihren Mann erwähnte.
»Sie sehen zu jung aus, um Hans noch selbst gekannt haben zu können«, sagte sie.
»Mr. Conden von der Weehawken-Ausrüstungsgesell-schaft hat mir von ihm erzählt.«
»Bob Conden, natürlich. Er und Hans waren ja alte Poker-Kumpel.«
»Sie haben nach seinem Tod nicht mehr geheiratet?«
»O doch, ich war wieder verheiratet.«
»Aber Sie führen noch immer seinen Namen?«
»Das ist eine lange Geschichte, die Sie nicht interessieren würde.«
»Wann haben Sie Hans zum letztenmal gesehen?«
»Das war an einem Donnerstag. Ich sah ihn mit dem Dampfer
Monterey
Richtung Havanna verschwinden, am 10. Dezember 1958.
Hans jagte wieder nach dem Schatz am Ende des Regenbogens. Er und sein Partner waren auf Schatzsuche. Er schwor, daß sie diesmal genug Gold finden würden, um uns ein Traumhaus zu kaufen, wie ich es mir immer gewünscht hatte. Leider kam er nie zurück.«
»Können Sie sich noch erinnern, wer sein Partner war?« Ihr sanftes Gesicht bekam plötzlich einen verschlossenen Ausdruck. »Was suchen Sie eigentlich, Mr. Pitt? Wen repräsentieren Sie hier?«
»Ich bin Direktor für Sonderprojekte der NUMA«, erklärte er. »Während einer Unterwasser-Unternehmung haben wir das Wrack eines Schiffes namens
Cyclop
gefunden, und in diesem Wrack habe ich etwas entdeckt, was wahrscheinlich die sterblichen Überreste Ihres Mannes sind.«
»Sie haben Hans gefunden?« rief sie ehrlich überrascht.
»Ich konnte ihn natürlich nicht wirklich identifizieren, aber die Nummer seines Taucherhelms hat mich zu Ihnen geführt.«
»Hans war ein guter Kerl«, meinte sie nachdenklich. »Kein guter Familienvater, vielleicht, aber das Leben mit ihm hat immer Spaß gemacht… nun, bis zu seinem Tod jedenfalls.«
»Wer war sein Partner?«
»Na ja … es ist so eine Art Leiche im Keller, Mr. Pitt. Ich werde hier sehr gut versorgt.
Jemand kümmert sich ständig um mich. Ich habe nicht zu klagen. Es ist immer jemand da, und an den dachte ich …« Ihre Stimme wurde immer leiser und brach schließlich ab.
Pitt versuchte sie noch einmal für sich zu interessieren, bevor sie sich wieder in ihre Tagträume flüchten konnte. »Hat dieser Jemand, der sich so um Sie kümmert, Ihnen auch erzählt, daß Hans ermordet wurde?«
Etwas in Hildas Augen flackerte kurz auf, dann schüttelte sie verloren den Kopf.
Pitt kniete neben ihr und griff nach ihren Händen. »Jemand hat ihm das Sauerstoffkabel durchgeschnitten, während er unter Wasser arbeitete.«
Er spürte, wie sie innerlich zitterte. »Warum erzählen Sie mir so etwas?«
»Weil es die Wahrheit ist, Mrs. Kronberg. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf. Wer immer damals mit Hans zusammengearbeitet hat, ist wahrscheinlich sein Mörder geworden, damit er seinen Schatz nicht mit Hans teilen mußte.«
Hilda saß für Minuten gedankenverloren wie in Trance da. »Wissen Sie von dem La-Dorada-Schatz?« wollte sie dann wissen.
»Ja«, antwortete Pitt. »Ich weiß, wie er an Bord der
Cyclop
gekommen ist. Ich weiß auch, daß Hans und sein Partner ihn heben wollten.«
Hilda begann mit einem der Diamantenringe an ihrer Hand zu spielen. »Tief in meinem Inneren habe ich immer vermutet, daß Ray Hans umgebracht hat.«
Langsam dämmerte es Pitt, und für eine Weile war er über die Zusammenhänge so verblüfft, daß er schwieg. Dann versuchte er es mit einem Überraschungsangriff. »Sie glauben also, daß Hans von Ray LeBaron ermordet wurde?« Sie nickte.
Diese unerwartete Enthüllung verblüffte ihn. Pitt schüttelte den Kopf und versuchte sich ein Bild von der ganzen Geschichte zu machen. »Und das Motiv war der Schatz?« bohrte er mit sanfter Stimme weiter.
»Nein. Ich war das Motiv.« Sie schüttelte ebenfalls den Kopf und lächelte leicht.
Pitt antwortete nicht, sondern wartete still. »Die Dinge sind halt geschehen«, flüsterte sie.
»Ich war jung und schön in diesen Tagen. Können Sie sich vorstellen, daß ich einmal sehr schön war, Mr. Pitt?«
»Sie sind noch immer sehr schön.«
»Ich glaube, Sie brauchen eine Brille, junger Mann, aber vielen Dank für das Kompliment.«
»Sie sind auch geistig noch sehr
Weitere Kostenlose Bücher