Cynster 07 - Nur mit deinen Kuessen
erholte sich als Erste von dem Schreck. »Ja, Edwards?«
Er drehte seine Kappe zwischen den Händen. »Könnte ich kurz mit Ihnen sprechen, Ma’am?«
»Ja bitte?«
Er holte tief Luft und sah zuerst Gyles und danach Francesca an. »Es geht um die Pflaumen, Ma’am. Sie müssen unbedingt morgen geerntet werden.«
»Morgen? Aber morgen ist der Tag vor dem Fest.«
»Aber Bäumen, Früchten und dem Wetter ist es egal, ob ein Fest stattfindet oder nicht. Wir sind spät in der Saison, und das Obst ist gerade reif und muss eingefahren werden, solange es noch trocken ist.« Er blickte zum Himmel. »Seit einigen Tagen haben wir schönes Wetter. Bis morgen ist das Obst reif und muss gepflückt werden. Wir sollten nicht bis nach dem Fest warten, um die Ernte nicht zu gefährden.«
Francesca wusste, dass die Pflaumenernte und die Herstellung der Marmelade eine fast genauso alte Tradition auf dem Schloss waren wie das Fest.
»Also brauchen Sie alle Gärtner und Stallburschen?«
»Jawohl, und auch die Lakaien und selbst dann werden wir den ganzen Tag beschäftigt sein.«
Francesca zog die Stirn in Falten. Sie würden niemals in der Lage sein, das Fest ohne all dieses Personal vorzubereiten.
Lady Elizabeth wandte sich an sie. »Du kannst das Personal vom Witwenhaus mit einspannen, wenn dir das weiterhilft.«
Francesca nickte und wandte sich wieder Edwards zu. »Und wenn wir alle beim Pflücken mithelfen? Wie lange würde es dann dauern?«
»Alle?«
»Das gesamte Personal vom Haus und die Angestellten vom Witwenhaus. Jedes Paar Hände. Das ist mehr als doppelt so viel, wie Sie brauchen, um an einem Tag fertig zu werden. Wenn es so viele sind, wie viele Stunden werden wir wohl benötigen?«
Edwards dachte nach. »Einige …« Er nickte. »Jawohl, wenn so viele mithelfen, brauchen wir ungefähr drei Stunden. Wir können auch einige Leitern bereitstellen.«
Francesca seufzte vor Erleichterung. »Morgen Nachmittag also. Wenn wir mit den Vorbereitungen fertig sind, essen wir spät zu Mittag. Danach versammeln wir uns alle im Obstgarten und fahren die Ernte ein.«
»Das ist eine ausgezeichnete Idee.« Henni nickte zustimmend.
»Ich werde alle informieren und rede auch mit meinen Burschen.« Edwards machte eine Verbeugung und verschwand.
»Ich muss mir das ansehen«, sagte Horace, während sie auf den Ausgang zugingen. »Das scheint ja ein großes Ereignis zu werden.«
»Ja, komm einfach«, erwiderte Francesca. »Danach trinken wir Tee und essen zur Feier des Tages Gebäck.«
»Was für eine köstliche Idee!«, erklärte Lady Elizabeth.
Gyles bemerkte Francescas nachdenklichen Blick, den sie immer dann bekam, wenn sie mit etwas beschäftigt war.
Sie schenkte allen ein Lächeln. »Wenn ihr mich bitte entschuldigen wollt, ich muss sofort mit Wallace reden.«
»Natürlich! Wir sehen dich morgen Nachmittag.« Sie winkten ihr zu, während sie im Haus verschwand, dann nahm Henni Horaces Arm, und sie gingen hinaus.
Gyles reichte seiner Mutter den Arm und half ihr beim Betreten der Steinplatten; ihr Blick ruhte auf seinem Gesicht. Sie machte keine Anstalten, sich Henni und Horace anzuschlie ßen, die langsam in Richtung Park gingen. Resigniert schaute Gyles sie an, dann hob er eine Augenbraue.
Sie lächelte. »Du kannst dich unwahrscheinlich glücklich schätzen, weißt du das?«
Er hielt ihrem Blick stand. »Ja, das weiß ich.«
Ihr Lächeln wurde stärker. Sie tätschelte seinen Arm, dann folgte sie Henni und Horace.
Er wusste nur zu gut, wie glücklich er sich schätzen konnte.
Am darauf folgenden Nachmittag war Gyles im Garten bei den Pflaumenbäumen; um ihn herum hatte sich das Schlosspersonal sowie die Bediensteten des Witwenhauses versammelt; alle plauderten vergnügt miteinander. Gyles’ Mutter sowie Horace und Henni waren ebenfalls gekommen. Francesca hatte ihnen Körbe gegeben und ihnen einen Abschnitt mit tief hängenden Ästen zugeteilt. Hennis Kleid zierten bereits einige Obstflecken, und sie und Gyles’ Mutter kicherten, während sie die reifen Pflaumen pflückten.
Um sechs Bäume herum standen Leitern. Auf jeder standen zwei Pflücker, und vier Sammler nahmen die Früchte entgegen und legten sie in die großen Weidenkörbe. Der ganze Obstgarten glich einem Ameisenhaufen und war von Festtagsstimmung angetrieben.
Die Vorbereitungen für das Fest waren abgeschlossen, und alles war fertig: das Personal hatte Francescas geänderte Pläne mit zielstrebiger Entschlossenheit aufgenommen - die zur Zeit
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