Cynster 07 - Nur mit deinen Kuessen
Henni waren durch ihr eigenes Geplauder abgelenkt, so dass ihnen Francescas anfängliche Geistesabwesenheit nicht aufgefallen war. Sie war gegangen, ohne ihre Zweifel zu erwähnen, die plötzlich in ihr aufgekommen waren und sie beunruhigten. Sie hatte nicht gefragt, warum Gyles’ Besorgnis um sie plötzlich in solch eine Überfürsorglichkeit ausgeartet war. Die Antwort darauf musste sie unbedingt in Erfahrung bringen. Es war etwas, was nur sie und Gyles etwas anging.
Diese Überfürsorglichkeit ärgerte sie - die beiden Lakaien erinnerten sie ständig daran. Sie fühlte sich wie im Käfig, aber das war es nicht, was sie so verletzte.
Gyles ging ihr aus dem Weg, er weigerte sich, das Problem, das diese Reaktion hervorgerufen hatte, anzusprechen.
Er hatte sich von ihr zurückgezogen …
Sie blieb stehen und zwang sich, tief einzuatmen.
Sie hatte geglaubt, dass sie einander sehr nahe gekommen waren, aber er hatte sich von ihr abgewandt. Hatte sie sich all das, was vordem geschehen war, nur eingebildet? Sie war sich so sicher gewesen, dass er kurz davor war, sie so zu lieben, wie sie es wollte … und nun dies. Innerhalb kürzester Zeit hatte er sich von ihr zurückgezogen und eine Wand zwischen ihnen errichtet.
Sie fühlte sich nicht nur wie eine Gefangene, sondern auch ausgeschlossen.
Sie atmete tief ein und ging weiter. Das Haus war von Bäumen umgeben, sie steuerte auf die Vordertreppe zu.
Mit jedem Schritt nahm ihre Entschlossenheit zu.
Er hatte gesagt, dass er sie beim Abendessen treffen würde. Sie riss die Eingangstür auf, ging in die Halle und auf die Treppe zu.
Sie würde sicherstellen, dass er es tat.
Enttäuschung und Wut kochten in ihr hoch: sie musste versuchen, sie unter Kontrolle zu bringen, musste abwarten. Sie fegte in die Galerie und strebte auf die Privatgemächer zu.
Eine Gestalt trat ihr in den Weg und machte eine tiefe Verbeugung. Es war Ferdinand.
Sie blieb vor ihm stehen. »Ja?«
»Mylady.« Er richtete sich auf. Er war nur etwas größer als sie. Trotz seines olivfarbenen Teints war er ziemlich bleich.
Als er sie lediglich anstarrte und dabei ziemlich gequält aussah, zog Francesca die Stirn in Falten. »Was ist los?«
Ferdinand schluckte, dann platzte er heraus: »Ich würde niemals versuchen, Ihnen Schaden zuzufügen, Mylady - das müssen Sie mir glauben!« Ein leidenschaftlicher Wortschwall auf Italienisch folgte.
Francesca war sich bewusst, dass die beiden Lakaien dicht hinter ihr standen. Sie ergriff Ferdinands Ärmel und schüttelte heftig daran. »Hören Sie auf! Niemand glaubt, dass Sie versucht haben, mir Schaden zuzufügen, oder dass Sie irgendetwas Falsches gemacht haben.«
Ferdinand war skeptisch. »Der Graf vielleicht?«
Francesca begegnete seinem Blick. »Wenn der Graf glauben würde, dass Sie die Absicht haben, mir zu schaden, wären Sie nicht mehr auf Lambourn.« Sie wusste, dass sie die Wahrheit sagte. »Gehen Sie jetzt wieder an die Arbeit und glauben Sie nicht länger, dass irgendjemand Sie beschuldigt.«
Ferdinand machte eine tiefe Verbeugung. Francesca ging weiter, ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander. Gyles wusste, akzeptierte, dass die Soße nicht vergiftet war. Warum also war dieser Vorfall der Auslöser für seine veränderte Haltung ihr gegenüber gewesen?
Das war eine Frage, die nur ihr Ehemann beantworten konnte. Und er würde sie ihr heute Abend beantworten müssen.
Sie ging schneller. Die Lakaien folgten ihr nicht zum Privatgemach. Dort wurden sie nicht benötigt, denn es standen bereits zwei Lakaien an beiden Enden des Korridors und bewachten ihre Zimmer.
Mit zusammengebissenen Zähnen riss sie die Tür auf, bevor einer der Lakaien ihr zuvorkam.
»Millie?« Das kleine Zimmermädchen sprang von ihrem Stuhl auf. Francesca schloss die Tür. »Ich …« Ich habe noch nicht nach Ihnen geläutet. »Was machen Sie hier?«
Millie zappelte hin und her. »Wallace sagte, ich soll hier warten, Ma’am.«
Francesca starrte sie an. »Wann war das?«
»Heute Nachmittag, Ma’am. Nachdem Sie spazieren gegangen sind.« Millie eilte herbei, um Francescas Umhang entgegenzunehmen.
»Haben Sie hier etwa den ganzen Nachmittag gewartet?«
Millie zuckte die Schultern und schüttelte den Umhang aus. »Ich musste noch Ihre Sachen aufräumen. Morgen werde ich die Flickarbeit hochbringen.«
Francesca beobachtete, wie sie den Umhang aufhängte, dann wandte sie sich ab. »Läute nach Wasser. Ich möchte ein Bad nehmen.«
Ein langes Bad im heißen Wasser
Weitere Kostenlose Bücher