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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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Schatzkammer«, schlug Cyrion vor.
    In der Schatzkammer bediente Cyrion sich mit Sorgfalt. Die Sonne war inzwischen untergegangen, und bei dem weichen Bernsteinschimmer der Lampen wählte Cyrion unter den Edelsteinschnüren und Bändern aus kostbarem Metall, den Bechern und juwelenbesetzten Dolchen, den Armreifen und den Waffen Bald war der Lederbeutel gefüllt, den Cyrion sich über den Rücken warf. Memled wollte ihm immer noch mehr aufdrängen, aber Cyrion lehnte ab.
    »Wie die Nomaden sagen«, bemerkte er, »>Drei Esel können nicht gleichzeitig aus einem Eimer trinken.    Draußen in der Stadt, die jetzt mit hellerleuchteten Fenstern unter einem sternenübersäten Himmel lag, stiegen Gesänge und fröhlicher Lärm in die kühle Wölbung der Wüstennacht.
    »Eine Nacht ohne Blut und ohne Schrecken«, sagte Memled.
    Cyrion schritt die Palasttreppe hinab. Umgeben von seinen Wachen blieb Memled vor der Tür zurück. Auf dem Marktplatz brannte ein Feuer, und es wurde getanzt. Die schwarzen Gewänder waren verschwunden; die Frauen hatten ihre Festkleider angelegt, und Ohrringe funkelten und klirrten, während sie miteinander tanzten. Die Männer tranken und schauten den Frauen zu.
    Am Rande des fröhlichen Kreises standen zwei Kinder wie kleine Standbilder, auch sie in ihren besten Kleidern, und Cyrion sah ihre Gesichter.
    Das Gesicht eines Kindes, unverhüllter Kalender der Jahreszeiten der Seele. Erwachsene können sich verstellen, wenn es sein muß. Ein Kind hat noch nicht die Zeit gehabt, das zu lernen.
    Cyrion zögerte. Er drehte sich um, kehrte zu der Treppe zurück und ging die Stufen hinauf.
    »Noch eines, mein Freund, mein Prinz«, sagte er zu Memled.
    »Was denn?«
    Cyrion lächelte.
    »Eure Vorstellung war zu gut, und ich ließ mich täuschen, bis mich soeben ein Kind auf den Gedanken brachte.« Cyrion schwang den Beutel von seiner Schulter genau in Memleds Magengrube. In der nächsten Sekunde flammte das Schwert in Cyrions Hand, und Memleds schwarzmähniger Kopf sprang die Stufen hinab.
    Die Tanzenden standen bewegungslos um das Feuer. Die Wächter waren vor Schreck erstarrt, aber keine Hand griff nach der Waffe. Cyrion reinigte seine Klinge, diesmal an Memleds bereits zitterndem Torso.
    »Dieser also auch«, sagte Cyrion.
    »Ja, Herr«, bestätigte der zunächststehende Wächter heiser. »Es waren zwei.«
    »Und jede Nacht würfelten sie darüber, wer sich an der Stadt mästen durfte, euer Dämonenprinz und seine Hure. Aber der
    Prophezeiung von dem Helden vor den Toren konnte er nicht ausweichen. Er war verpflichtet, mich zu hofieren, und war dabei ganz sicher, daß die Dame sich meiner annehmen würde wie all meiner Vorgänger. Als es ihr nicht gelang, war er es zufrieden, daß ich sie getötet hatte, wenn nur er mir entkommen konnte und die Stadt für sich alleine hatte. Er hielt sich ausgezeichnet. Er verriet sich nicht mit einem Wort. Er benahm sich wie ein Mensch, wie Memled der Prinz - Furcht und Freude. Er war zu gut. Dennoch wäre ich mir meiner Sache nicht sicher gewesen, hätte ich nicht die ängstliche Starre in den Gesichtern der Kinder dort unten gesehen.«
    »Ihr seid unzweifelhaft ein Held, und der Himmel wird Euch segnen«, sagte der Wächter. Es war leicht zu erkennen, daß er wahrhaftig ein Mensch war und all die anderen auch. Auf verschiedenste und manchmal bizarre Weise zeigten sie ihre Freude über die Rettung, wie es bei Menschen ist, die nicht vorher auswendig gelernt haben, wann sie lachen und wann sie weinen sollen.
    Cyrion lachte leise zu den glitzernden Sternen hinauf. »Dann segne mich, Himmel.«
    Wieder ging er die Treppe hinab. Die beiden Kinder schrieen jetzt, wie sie es zuvor nicht gewagt hatten, ungehemmt, gesund. Cyrion öffnete den Lederbeutel und schüttete die Juwelen auf den Platz, wo Kinder und Erwachsene mit ihnen spielen mochten.
    Mit leeren Händen, wie er gekommen war, schritt Cyrion in die Wüste hinaus.
     
Zweites Zwischenspiel
     
    Esur, der während des Erzählens in eine Art Trance gefallen war, griff nach der Weinflasche, wurde aber von dem Soldaten gehindert, der ihm zuvorgekommen war.
    »Bei den Chören des Himmels«, meinte der Soldat, »das war eine Geschichte.« Esur funkelte ihn an, und der Soldat trank. »Kann man wenigstens einen Teil davon glauben? Wo liegt diese Dämonenstadt? Gibt es sie? Offensichtlich eine Erfindung besonderer.«
    Beleidigt sprang Esur auf, und der Soldat verstummte grinsend. Esur blickte auf Roilant.
    »Ihr

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