Cyrion
beiden Augen, dieser rosigen Fenster, war groß genug, daß Cyrion aufrecht darin hätte stehen können.
So hell leuchteten die Augen nun, daß die gesamte Höhle sichtbar wurde, die ragenden Felsen, der dick mit Staub bedeckte Boden, die Staubschleier in der Luft. Aus dem Staub erhob sich das Ungeheuer. Es öffnete den Rachen. Cyrion duckte sich, und der Schwall des heißen, aber nicht feurigen Atems strich über seinen Kopf hinweg. Es war auch kein übelriechender Atem, nur eben sehr warm. Cyrion stützte sich gelangweilt auf sein Schwert. Er wirkte wie eine wunderschöne Statue. Als jemand, der sich wie ein Blitz bewegen konnte, hatte er jetzt beschlossen, zu Stein zu werden, und das rötliche Licht verlieh seinem bleichen Haar die Farbe von verdünntem Wein.
In dieser Haltung beobachtete Cyrion das dämonische Geschöpf, wie es, im Schimmer seiner riesigen Augen, näher kam.
Dann zuckte eine sehnige, krallenbewehrte Pranke, massig wie eine Säule, in seine Richtung, aber Cyrion stand nicht mehr dort, bewegungslos, auf sein Schwert gestützt, wie noch einen Augenblick zuvor. Weiter hinten, im Schatten, wartete er jetzt, reglos, das Schwert gesenkt, ruhig. Wieder das Zucken von sichelbewehrtem Tod. Wieder vorbei.
Die Kiefer schnappten zu und Geifer spritzte hervor wie ein Wasserschwall. Cyrion war fort, außer Reichweite. War er Stein gewesen, so war er jetzt wieder ein Blitz.
Und er führte den vierten Schlag. Weder lachte er über die Gefährlichkeit seiner Aufgabe, noch runzelte er die Stirn. Es gab nichts zu überlegen, das Ziel war keine Herausforderung, leicht...
Cyrion hob den Arm und schleuderte das Schwert durch die Höhle, ein schnurgerader, weißer Riß in der Dunkelhe it. Die Klinge traf das linke Auge des Ungeheuers, zerschmetterte es wie rosafarbenes Glas und drang ins Gehirn.
Gleich einer Katze sprang Cyrion auf einen Felsenvorsprung und duckte sich nieder.
Eine Fontäne aus schwarzem Blut stieg bis zur Höhlendecke. Langsam verblaßte das Licht. Das donnernde Brüllen verebbte wie ein gewaltiger Ozean, der sich aus diesen trockenen Höhlen unter der Wüste zurückzog.
Auf dem Felsvorsprung wartete Cyrion mitleidlos und ohne Triumph, bis die letzten Bewegungen des Ungeheuers erstarben.
Blind in der jetzt wieder vollkommenen Dunkelheit, fand er dennoch mit unfehlbarer Sicherheit seinen Weg, da er sich an alles erinnerte, was er einmal gesehen hatte. Er bückte sich zu dem Ungeheuer hinab, nahm sein Schwert an sich und kehrte über die in tiefstem Dunkel liegende Treppe zu der eisernen Kerkertür zurück.
Die Eisentür war von außen verriegelt. Er schob die Riegel zurück und stieß die Tür auf.
Nach einem Schritt blieb er stehen, mit dem Schwert in der Hand, und nahm jede Einzelheit in sich auf. Das Gefängnis war ein Kasten aus Stein, der von matt brennenden Fackeln erleuchtet wurde. Das Mädchen lag auf dem Boden, an die Pflöcke gekettet, wie er es durch das Guckloch gesehen hatte. Er blickte zu der Öffnung hinauf, die im Zwielicht der Fackeln kaum zu erkennen war.
»Cyrion«, wisperte das Mädchen, »deine Klinge ist schwarz vom Blut des Ungeheuers, und du lebst.«
Ihr weißes, liebliches Gesicht war ihm zugewandt, die üppigen Strähnen ihres goldenen Haares flossen seidig über den Boden, ihre samtenen Brüste zitterten unter dem heftigen Schlag ihres Herzens. Sie weinte, aber ihre Augen waren weich. Keine Verwunderung war darin zu erkennen, keine Frage, nur Liebe.
Er trat zu ihr, hob sein Schwert ein zweites Mal und trennte ihren Kopf vom Körper.
Dreißig Stufen weiter oben, schlug eine Tür gegen die Mauer. Cyrion bückte sich anmutig, richtete sich auf und nahm die dreißig Stufen mit wenigen geschmeidigen Sprüngen. Er trat durch die Geheimtür und befand sich in seinem Ruhezimmer, das Schwert immer noch in seiner ungeschmückten rechten Hand. Und in der ringgepanzerten Linken den Kopf einer Frau mit schimmerndem Haar.
Ihm gegenüber, in der aufgebrochenen Tür des Zimmers, stand Memled mit einem Gesicht wie aus gelber Asche.
Dann fiel er auf die Knie und die Wächter hinter ihm folgten seinem Beispiel.
Memled begann zu schluchzen. Es war ein raues Schluchzen, das seinen Körper schüttelte, und er konnte es nicht unterdrücken.
Cyrion blieb, wo er war, ohne auf die sich langsam ausbreitende Blutlache zu achten. Schließlich gewann Memled seine Fassung zurück.
»Nach einer Ewigkeit hat der Himmel unser Wehklagen gehört, auf unsere Bitten geantwortet. Ihr seid der
Weitere Kostenlose Bücher