Cyrion
bemerkte Cyrion entwaffnend, »ist es eine Arbeit, die Durst macht: einen Mann in den Rücken zu stechen und sein Haus niederzubrennen. Ganz zu schweigen von den Tauben.«
Der Ritter öffnete den Mund.
»Wie ist Euer Name?«
Ein anderer hätte sich bei dieser Frage eines Weißen Reiters vielleicht versucht gefühlt, zu lügen. Nicht so Cyrion.
»Cyrion.«
»Ist das Euer Name oder Euer Geburtsort? Stammt Ihr aus Cyroam?«
»Vielleicht«, Cyrion zögerte einen winzigen Moment, »auch nicht.«
»Ihr kleidet Euch wie ein Nomade, seid aber hellhäutig.« Diesmal antwortete Cyrion nicht. »Wohin seid Ihr unterwegs?«
»Ich habe kein bestimmtes Ziel.«
»Ihr kennt die Festung Klove, eine halbe Tagesreise im Nordosten.«
»Natürlich«, sagte Cyrion. »Dorthin wollt Ihr, nicht ich.«
Klove war ein Besitz der Engelsritter. Sie besaßen mehrere solcher Festungen in der Wüste, außer ihrer Burg in der Stadt Heruzala, im Südwesten.
Der Ritter bewegte sich immer noch nicht. Seine Regungslosigkeit war bedrohlich. Er sagte:
»Ja, ich bin dorthin unterwegs. Vom heiligen Heruzala nach Klove. Wenn Ihr hier irgendwelche Unannehmlichkeiten gehabt habt, beschwert Euch in der Festung. Erzählt von mir am Tor. Sie werden Euch freundlich begrüßen, wenn Ihr eine Klage gegen mich habt.«
Die Worte ergaben keinen Sinn. Was als nächstes geschah, ergab noch weniger Sinn - oder vielleicht mehr.
Aus vollkommener Starre geriet der Ritter in explosive Bewegung. Vielleicht hatte Cyrion mit dem langen Schwert gerechnet, aber nicht das Schwert wurde gebraucht. Statt dessen flog eine kleine tödliche Kugel aus gezacktem Marmor aus der gepanzerten Hand des Ritters.
Cyrion warf sich zur Seite. Aber er schien zu stolpern, war nicht schnell genug. Die Marmorkugel flog über ihn hinweg, riß ihm die Kapuze vom Kopf und streifte durch das leuchtende Haar. Und Cyrion stürzte ohne einen Laut vor die reglosen Hufe des weißen Pferdes.
Die Festung Klove lag hundertfünfzig Meilen entfernt von Heruzala in der Wüste. Aber der felsige Hügel, auf dem die Festung stand, war zwischen den nackten Steinen mit Gras bewachsen. Eine giftgrüne Oase im Tal versorgte die Festung auf der Höhe und das planlos angelegte Dorf, das der Festung diente, mit Wasser. Schafe und Ziegen grasten blökend an den Ufern des Teiches. Frauen kamen und gingen mit ihren Krügen. Die Männer arbeiteten in der Schmiede, Gerberei und anderen Betrieben, die man für den Unterhalt der Festung für notwendig hielt. Die Weißen Reiter hatten mit solchen Arbeiten nichts im Sinn. Vor einem Jahrhundert war in irgendeinem weit entfernten Land im Westen irgendeinem Fürsten Gottes Engel erschienen. Das hatte genügt. Der Orden wurde gegründet. Die Ritter lebten auf priesterliche Art, befolgten den Zölibat, waren eifrig im Gebet und fasteten zu bestimmten Zeiten. Die übrigen Zeit ritten sie in die Schlacht. Sie kämpften gegen alle Räuberbanden, gegen die Armeen feindlicher Länder und gegen Unruhestifter in Heruzala selbst. Da sie der hellhäutigen, westlichen Rasse entstammten, beschränkte sich die weiße Farbe nicht nur auf die Kleidung. Die braunen Nomaden der Wüste und die olivhäutigen Völker entlang der Küste hatten ihre eigenen Namen für die Tauben. Ihre Rassegenossen begegneten ihnen gleichfalls mit Vorsicht. Es war bekannt, daß sie seltsame, geheimnisvolle Rituale durchführten, die die Grundlage für ihren Kodex und ihre Verehrung Gottes bildeten. Und man behauptete von ihnen, daß sie nebenbei noch geheime Kriege führten. In unheimlichen Zeremonien, erzählte man, konnten sie sich blind machen für jede Gefahr und unempfindlich gegen jeden Schmerz. Als lenkbare, wirksame und denkende Werkzeuge wurden sie dann auf ihr Opfer losgelassen, irgend jemanden, der ihre Ehre oder ihren Geldbeutel verletzt hatte. Sie ließen sich von nichts aufhalten, räumten jedes Hindernis brutal aus dem Weg, gnadenlos - Assassinen, dämonische Meuchelmörder.
Nichts, außer Gerüchten, war jemals gegen die Engelsritter vorgebracht worden. Der junge König in Heruzala fand sie anscheinend nützlich. Oder er fürchtete sie auch. Ganz sicher zahlte er große Summen in ihre Truhen. Ihre Festungen standen wie gelbe Merksteine entlang Heruzalas Grenze zur Wüste und hatten sich sogar bis Daskiriom im Norden vorgeschoben.
Im Dorf, das blutrot in der kurzen Abenddämmerung der Wüste lag, brannten die Kochfeuer vor den Lehmhütten, während hoch oben die von der tiefstehenden Sonne
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