Cyrion
sandfarbenen Augen hart wie Stein, und er sagte: »Berichtet mir genau über Euer Zusammentreffen mit dem Weißen Ritter. Jedes einzelne Wort, wenn ich bitten darf, Mannder-Cyriongenanntwird.«
Der Mann, der Cyrion genannt wurde, gehorchte. Er erzählte von der niedergebrannten Hütte, den getöteten Tauben, dem ermordeten Mann; von dem Weißen Ritter, seinen Worten, seinem Angriff mit der Marmorkugel. Er berichtete, wie er wieder zu Bewußtsein gekommen sei und sich auf den Weg nach Klove gemacht hätte, um Entschädigung zu verlangen, wie der Ritter gesagt hatte. Als er geendet hatte, stand der Meister Provinzial eine Weile in Gedanken versunken. Dann sagte er: »Das ist eine Angelegenheit zwischen der Loge der Tauben in Heruzala und unserer eigenen hier. Euch braucht das nicht interessieren. Trotzdem sind wir dankbar, weil Ihr uns Nachrichten gebracht habt.« Er winkte befehlend. Ein Ritter trat vor und stellte neben den Ellenbogen des Nachrichtenüberbringers einen Beutel, in dem es klimperte.
Der Nachrichtenüberbringer betrachtete ihn. Dann schob er ihn mit seiner ringgepanzerten Linken zur Seite.
»Ich hatte angenommen«, murmelte er, »daß ich meine Neuigkeiten dem Großmeister Hulem selbst mitteilen sollte.«
»Wirklich? Und warum habt Ihr das angenommen?«
»Der Mann aus dem Dorf ließ keinen Zweifel daran - daß meine Neuigkeiten die wären, die der Großmeister zu hören wünschte.«
Bei diesen Worten entschlüpfte dem Meister Provinzial ein schnaufender Laut, den man fast für ein unterdrücktes Lachen halten konnte.
»Sind es also Neuigkeiten, die er nicht zu hören wünscht?«
»Was es auch sein mag, mein Freund, es geht Euch nichts an«, schnappte der Meister Provinzial. »Wir haben Euch behandelt und bezahlt. Heute nacht könnt Ihr hier auf einer Pritsche schlafen. Morgen werdet Ihr einen Esel bekommen und könnt weiterziehen.«
Er wandte sich ab, nur um von der weichen Stimme hinter ihm aufgehalten zu werden.
»Verehrter Meister«, sagte sie, »ich habe mich gefragt, ob der Ritter, dem ich begegnete, die Hütte bei der Wasserstelle niederbrannte und den Mann und seine Tauben tötete - um zu verhindern, daß Nachricht von seinem Kommen Euch erreichte.
Und es wundert mich auch, daß, obwohl er mir sagte, er wäre hierher unterwegs, er noch nicht eingetroffen ist; denn er war gut beritten. Nun, könnte man nicht denken, daß er doch gekommen ist, unbemerkt? Es gab einigen Tumult, als ich in Eure Burg geführt wurde, könnte dabei nicht -« Der Satz blieb unvollendet. Seltsam die Wirkung, die er auf den Meister Provinzial hatte. »Vielleicht«, fuhr der blonde Mann fort, »sollte ich doch mit dem Großmeister sprechen. Vielleicht wäre es ihm angenehm, die Einzelheiten aus meinem Munde zu erfahren.«
Der Meister Provinzial runzelte die Brauen.
»Wir werden sehen. Für jetzt geht in die Euch zugewiesene Zelle. Morgen früh werde ich Euch vielleicht ausführlicher befragen.«
Nur wenige Minuten nach diesem Gespräch, verließen dreißig Engelsritter bis an die Zähne bewaffnet, beritten und mit brennenden Fackeln die Burg und galoppierten in das Dorf hinab. Eine Zeitlang ritten sie die schlammigen Straßen auf und ab, dann am Rande der Oase entlang und in die Wüste hinein. Gegen Mitternacht kehrten sie nach Klove zurück. Sie führten einen reiterlosen Schimmelwallach mit sich. Außer dem Wallach hatten sie. keinen Hinweis auf einen fremden Ritter gefunden. Tatsächlich hatten sie überhaupt keinen Fremden gefunden, bis auf einen alten, verrückten Kerl, einen der umherziehenden heiligen Männer der Wüste, die von Zeit zu Zeit das Dorf besuchten und wieder verschwanden.
Der heilige Mann saß zusammengesunken vor einem der Feuer in den Straßen des Dorfes. Trotz seiner gebeugten Haltung war zu erkennen, daß er in seiner Jugend ein kräftiger Mann gewesen sein mußte. Vielleicht hatte er da auch einmal Wert auf seine Kleidung gelegt. Jetzt war er schmutzig, wie die meisten der heiligen Männer, mit klebrigem grauweißen Haar, das ihm, obwohl erst kürzlich gestutzt, in die Stirn hing. Sein greisenhaftes Gesicht war in dem verschwommenen, tanzenden Feuerschein eine Ansammlung beweglicher, schmutzverklebter Runzeln. Sein schmuddeliges Gewand hatte einen langen Riß im Rücken, und er verbarg seine schmierigen Händen in den langen Ärmeln, während er wirres Zeug vor sich hin murmelte. Als die Ritter vorbeikamen und ihm ein paar flüchtige Frage n stellten, geriet er in geifernden Zorn. Als
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