Cyrion
getroffen habe.«
»Ihr kennt Cyrion gut?« fragte Roilant den Karawanenbesitzer.
»Er hat mir einmal einen Gefallen getan. Ja. Ich kenne ihn.«
»Wie weit auf der Straße nach Bakrad?«
»Nicht weit. Inzwischen wird er aber schon ein gutes Stück hinter sich gebracht haben.«
Roilant fluchte leise. Er trug das kindische Gehabe des besiegten Erwachsenen zur Schau.
»Wenn es dringend ist, könnt Ihr von dem Posten hier eine Brieftaube ausschicken. Entlang der Straße gibt es überall Stationen.«
»Die Zeit ist - kurz«, sagte Roilant geheimnisvoll und handelte sich damit einen schrägen Blick des schnauzbärtigen Soldaten ein, der auf ein ganz bestimmtes Wort immer mißtrauisch reagierte.
Er und der geschlagene Roilant drehten sich deshalb nicht um, als neuerlich ein Aufruhr hinter ihnen losbrach. Der Verursacher war, wie vorher schon, der Weise.
Die bezaubernde Brünette, der Roilant schon einmal begegnet war, als sie die Schänke verließ, kam jetzt in den Raum geschwebt, in einer Wolke aus hauchzarten Stoffen und schimmernden Perlen. Ihr folgte die kleine Magd mit einem Korb voll Blumen. Bei diesem faszinierenden Auftritt erhob sich der Weise in einem Sprühregen aus Sorbett.
»Die Hure der Stadt, sie geht einher in Purpur und Juwelen, und die heiligen Steine sind besudelt mit ihrer Schändlichkeit.«
Statt Verlegenheit oder Empörung zeigte die Dame eine gelinde Belustigung. Sie wandte sich gelassen um und sagte mit ihrer Raubkatzenstimme: »Schweig still, du närrischer alter Mann. Weder trage ich Purpur, noch besudele ich irgend etwas, was man von dir nicht sagen kann. Ich werde dem Wirt nahe legen, sein Haus gründlich zu reinigen und mit starken Gewürzen auszuräuchern, sobald du es verlassen hast.«
Die Frau mit den silbern geschminkten Augen kicherte. Alle drei Kaufleute spendeten lauten Beifall. Der Weise, dessen Gesicht eine erschreckende dunkelrote Färbung angenommen hatte, warf die Arme in die Luft und stürmte vor sich hin brabbelnd aus der Tür.
Das allgemeine Getöse nahm zu. Man ließ die schöne Brünette hochleben und versprach ihr Käfige mit Tauben und Flakons mit seltenen Parfüms. Der Gelehrte stand auf und beeilte sich, sein Pergament in Sicherheit zu bringen. Es war fast unbeschädigt, nur ein paar gebackene Linsen klebten daran.
Auch Foy, der blonde Soldat, war an einer Feier nicht interessiert. Er sprang auf.
»Komm, Schnauzbart. Er ist weg und wir müssen hinterher.«
»Was?« erkundigte sich Schnauzbart, dessen Trunkenheit, wie sich herausstellte, nicht nur gespielt war.
»Der Unruhestifter. Der verrückte Prophet. Komm schon, Trottel!« Foy zerrte den schnurrbärtigen Soldaten auf seine unsicheren Füße, wobei ihm die kleine Statur des letzteren zupaß kam, und schob ihn zum Ausgang.
Als er den Vorhang erreichte, blieb Foy stehen, während Schnauzbart sich mühte, eine einigermaßen kriegerische Haltung anzunehmen, und dabei einen kleinen Stuhl umwarf.
»Meinen Dank für das Festmahl, und seid versichert, daß es mir leid tut, mein Versprechen nun doch nicht erfüllen zu können, aber die Pflicht erhebt ihre mahnende Stimme. Erkundigt Euch, ob jemand die Geschichte über den Mord in Klove kennt. Die ist gut.«
Schnauzbart torkelte durch den Vorhang, und Foy eilte hinter ihm her. Ein durch den Vorhang gedämpftes Geräusch ließ vermuten, daß die Quirristatue sich der liebevolle Umarmung eines kleinen Mannes ausgesetzt sah, und Foy sagte aufgebracht: »Wir werden den alten Gauner wieder verlieren.« Es folgte ein Poltern wie von einer Elefantenherde und das Schlagen der Türe.
Roilant sagte matt: »Ich möchte keine Geschichten mehr hören.«
»Armer junger Herr«, tröstete ihn die silberne Hure, woraufhin ihr Begleiter sie prompt wieder an den anderen Tisch verfrachtete.
»Ihr solltet nicht verzweifeln«, meinte der Gelehrte, der wieder zurückgekommen war und sorgfältig das Pergament abtupfte. »Das war schon immer so mit diesem Cyrion. Einer hat ihn hier gesehen, der andere dort. Und Ihr, Herr«, zu dem Karawanenbesitzer, »könnt Ihr schwören, daß es Cyrion war, der Euch auf der Straße nach Bakrad begegnet ist?«
Der Karawanenbesitzer schaute erst beleidigt, dann nachdenklich drein. Endlich:
»Um ehrlich zu sein, er ritt in einer Staubwolke an uns vorbei. Wir riefen Grüße. Er schien mich zu kennen, aber in meinem Geschäft komme ich mit vielen Leuten zusammen. Aber er war beritten und das, wenn ich es recht überlege, ist ungewöhnlich für Cyrion.
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