D9E - Die neunte Expansion 01: Eine Reise alter Helden (German Edition)
gar keine breiten revolutionären Bewegungen, dafür ist die Dominanz der Hondh zu stark – und dafür lassen sie den Menschen zu viele Freiheiten, sodass man es sich durchaus unter ihrer Knute einrichten kann. Aber ich habe zwei Dinge erwartet: in der unmittelbaren Phase nach der Kapitulation Aufstandsbewegungen, möglicherweise angeführt von demobilisierten Soldaten, und zumindest die kleine Gruppe von … Unverbesserlichen, die Freiheit für wichtiger und erstrebenswerter als Sicherheit halten und die Auffassung vertreten, dass ein jeder, der für ein wenig Sicherheit seine Freiheit zu opfern bereit sei, auch das bisschen Sicherheit nicht verdient habe.«
Skepz holte Luft. Sie war sich der ungeteilten Aufmerksamkeit ihrer Zuhörerschaft gewiss.
»Was habe ich gefunden? Nichts.«
Thrax runzelte die Stirn, als Skepz einfach aufhörte zu reden.
»Was genau meinst du mit ›nichts‹?«, fragte er schließlich.
»Nichts.«
»Es gab keinerlei Aufstandsbewegungen nach der Kapitulation?«
»Keinerlei Anzeichen dafür. Natürlich können die Nachrichten alle manipuliert sein, aber ich habe derzeit nicht den Eindruck, als würden sich die Hondh um so etwas Profanes wie Medienzensur kümmern.«
»Die Regierung vielleicht?«
»Die würde erfolglose Aufstandsversuche eher zu Propagandazwecken nutzen. Es gab jedoch keine. Und es gibt derzeit ebenfalls nichts. Wir müssen eines verstehen: Viele der üblichen Grundrechte werden auf der Erde durchaus respektiert. Wir haben es hier nicht mit einer üblen Diktatur zu tun. Es gibt Versammlungs- und Redefreiheit. Es gibt zahllose Konflikte, die Experten wie den Mediator und sein Team auf den Plan rufen. Religiöse Auseinandersetzungen, Streit um Ressourcen, politische Konflikte – die gibt es immer noch. Und sie werden nicht unterdrückt. Manoldi und seine zahlreichen Kollegen versuchen, die Konflikte wegzuverhandeln. Oder es werden Gerichte bemüht. Aber es gibt nirgendwo auch nur einen winzigen Hinweis auf so etwas wie eine ›Unabhängigkeitspartei‹, und sei es, dass diese nur aus ein paar Irren besteht, die keiner ernst zu nehmen bereit ist. Nichts in den Datanetzen. Nichts in den Kommunikationsräumen und -foren. Keine Publikation, keine Hetzschrift, keine Verschwörungstheoretiker, niemand. Es gibt nichts.«
Skepz kniff kurz den Mund aufeinander. Dann sagte sie:
»Das ist nicht normal. So sind wir Menschen nicht. Während des Krieges gab es überall Verrückte, die am Rande des Mainstreams absurde Ansichten vertraten. Die Hondh seien Götterboten. Der Krieg eine Erlösung. Eine Strafe Gottes. Die Hondh seien eine Erfindung der Regierung. Wir hätten den Krieg begonnen und die Hondh seien die Opfer. Ich kann gar keine vollständige Liste aufzählen. Nach solchen Leuten habe ich gesucht. Ich habe nichts gefunden. Vielleicht habe ich an den falschen Stellen gesucht – aber gar keinen Hinweis, so rein gar nichts?«
Skepz schüttelte den Kopf.
»So sind wir Menschen nicht«, wiederholte sie leise. »Es gibt einen Mechanismus, einen Einfluss, eine … Methode, die auf dieser Welt so etwas wie eine allumfassende Loyalität erzeugt. Das, liebe Freunde, ist meine Verschwörungstheorie.«
Thrax lächelte. »Die zeigt immerhin, dass du noch einigermaßen normal bist.«
Skepz lächelte freudlos zurück.
»Wie sieht es bei den anderen aus?«
Shelwin Klime, ein erfahrener Unteroffizier, der unter Lachweyler die Waffen bediente und auch als Ortungsassistent und Hilfstechniker ausgebildet war, meldete sich zu Wort.
»Was bedeutet das denn für uns, Captain?«, fragte er Thrax direkt. »Ich meine … selbst wenn das alles etwas rätselhaft ist … Lieutenant Skepz hat selbst erzählt, dass das Leben gar nicht so schrecklich ist hier … Ich meine, den Leuten geht es einigermaßen gut, sie leben alle ihr Leben. Es wird niemand getötet oder verfolgt und man kann reisen, wohin man will, und mehr oder weniger tun und lassen, was man für richtig hält. Ich habe keinen marodierenden Hondh auf der Straße gesehen, der zum Spaß harmlose Bürger wegmetzelt. Ich finde …«
Klime sah etwas unglücklich drein, als er weitersprach, aber es war ihm anzurechnen, dass er offen sagte, was er meinte.
»… ich weiß nicht, was dagegenspricht, den verdammten Krieg einfach zu vergessen und was anderes zu tun. Mir ist egal, was vor 500 Jahren passiert ist. Wir haben verloren, und das ist jammerschade. Muss mich das aber davon abhalten, die Chance zu nutzen, ein neues Leben zu
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