Da gewöhnze dich dran
einfach nur ‹Tampons› auf den Zettel schreiben? Was meint ‹Tampons›? Applikator, mini, normal, fresh, light?»
«Normal», sage ich, «kauf einfach normal.»
«Normal mit geschwungenen Rillen, normal mit Silk-Touch-Oberfläche, normal mit Soft-Folds-Flügelchen?»
«Das ist egal.»
«Wenn das egal ist, warum gibt es dieses Getüdel dann?»
«Weil Frauen Auswahl brauchen. Wir stecken doch nicht irgendwas in uns rein. Wir wollen entscheiden können.»
Bevor Pfleger Björn wieder heimfährt, massiert er mir meinen schmerzenden Rücken, erneuert das Rheumapflaster, küsst mich und hilft mir aus der Hose.
Erst am Freitag stellt sich eine Besserung ein – gerade rechtzeitig vor dem großen Tag.
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Saisonauftakt
Eine SMS weckt mich.
«hey süße, heute: dein erster stadionbesuch. ich wünsche dir viel, viel spaß! ich denk an dich und winke dir von der westtribüne aus zu!!»
«< 3 ! Ich winke zurück», schreibe ich ihm. «Wäre gerne mit dir dort, nicht mit der Firma. Sehen wir uns nach dem Spiel?»
«melde mich nach abpfiff. küsse! fünf, sechs, sieben! überallhin!»
Melanie hat mir Ratschläge gegeben, was ich «auf der Süd» anziehen solle, «am besten wat, datte hinterher wechschmeißen kannz» – und festes Schuhwerk, das sei unabdingbar, bloß keine Sandalen «odda so ’ne Tussiletten mit Absatz und Nuttenbommeln. Und kipp dir vorher ’ne Kanne Bier übern Kopp. Du musst nach Herde riechen! Da sind wir Fans penibel wie Rehkitzmütter! Wenn de adoptiert werden willz, musse dich assimilieren! Auch vom Geruch her!»
Mit dem Bier, das lasse ich, aber bei den Klamotten befolge ich ihren Rat und ziehe Jeans, ein Shirt und Trekkingschuhe der Marke «Waldbrandaustreter» an. Ich treffe Mel in der U-Bahn-Haltestelle Stadthaus, dem Umsteige- und Verschiebebahnhof der Fans zum Stadion.
«Da bisse ja», sagt sie und umarmt mich. «Wo hasse denn die Tracht?»
Ich ziehe ein Baseball-Cap aus meiner Po-Tasche, auf das in Schreibschrift «Borussia Dortmund» aufgestickt ist. Die Damen-Edition, noch jungfräulich.
«Kein Schal?»
«Nee, lass mal. Vielleicht später mal.» Ich setze die Kappe auf und ziehe meinen Zopf durch die Öffnung am Hinterkopf. «Gut?»
«Voll pussymäßig», urteilt Melanie. «Aber fürt erste Mal auf der Süd okay.»
«Dat erste Mal und direkt auffe Südtribüne?», schaltet sich eine dralle, mit einem schwarz-gelben Schal behängte Mittvierzigerin ein. Eine runde Glasbausteinbrille vergrößert ihre Augen karnevalesk.
Ich nicke.
«Dat is mutich. Is ’n bissken rummelich auffe Süd, aber gewöhnze dich dran. Mein Neffe is getz auch Mitglied. So groß isser», sagt sie und zeigt mit der flachen Hand auf Höhe ihres Knies. «Hab ihn vor zwei Wochen dat erste Mal mitgenommen. Hab zwei Vereine. Hab auch zwei Schals zu Hause. BVB und RWE . Kennze, odda? Essen, Rot-Weiß?»
«Ich kenn nur Pommes rot-weiß», sage ich.
Der elektronische Monitor über dem Bahnsteig zeigt die U-Bahn zum Stadion an.
«Mit RWE ham wa doch ’ne Fanfreundschaft», sagt Melanie, glotzt mich eindringlich an und knufft mich in die Seite. «Natürlich kennt unsa Nessy RWE . Sie is zwar außem Sauerland, abba doch nich vom Mond. Odda, Nessy?»
«Nee, vom Mond nicht», sage ich.
«Wir bauen getz ’n neues Stadion», fährt die Pummelige fort. «Anna Hafenstraße. Habta mitgekricht? Mit Helmut-Rahn-Tribüne und allem Zipp und Zapp. Da geh’n noch ’n paar hundert mehr rein als in dat alte.»
«So viele Leute gehen da doch gar nicht hin», sage ich.
Wieder knufft mich Melanie. «Wat denkst du denn? Dortmund und Schalke sind doch nich die einzigen Vereine hier. Essen, Obbahausen, die Zebras aus Duisburch, allet gute Clubs mit Tradition.»
In der Bahn zerrt sie mich zur Seite. «Zu denen aus Essen musse freundlich sein. Mit denen is nich zu spaßen. Die regen sich leicht auf. Und dann – zack!», sie fährt mit der geballten Faust durch die Luft. «Dann rappelt’s im Karton.»
«Aha», sage ich, nur mäßig beeindruckt. «Die Dame sah jetzt nicht sehr gefährlich aus.»
«Dat täuscht. Die aus Essen sind finnich. Denen darfste nich den Rücken zudrehen.»
«Erzähl keinen Quatsch.»
«Nee, ehrlich. Ich hatte ma ’n Bratkartoffelverhältnis mit so ’nem Sparkassendirektor. Wohnte in Kray. Oder war et Kupferdreh? Irgendwatt mit K, is auch egal. Jedenfalls wollt er nach ’m dritten Treffen, dat ich mir ’n Kostüm von som Zimmermädchen anziehe, seine Lustflöte mitm
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