Da gewöhnze dich dran
Umsatz.
Meine Bürogemeinschaft ist nicht ganz unschuldig an Körri Karls guter Bilanz. Sedat und Eichhörnchen überlegen derzeit, eine Körri-Karl-Käm zu installieren, um einen spontanen Blick auf die Schlangenlänge zu ermöglichen. Das Projekt ist hoch priorisiert.
«Verheiratet?», frage ich Mel. «Mit wem?»
«Mit Holger. War so ’ne Jugendsünde. Würd ich nich widda machen. Hab festgestellt, dat ich kein Typ zum Heiraten bin.»
«Was muss man denn für ein Typ sein, wenn man heiratet?»
«Weißte, also – wenn de mich fragst: Die beste Ehe is die zwischen ’nem tauben Mann und ’ner blinden Frau. Du glaubz es nämlich nich: Kaum war ’n wa dammals vom Standesamt widda zu Hause, lief der Holger nur noch in Unterbuxe durche Wohnung. Und in was für einer! Die hatte noch nich mal mehr ’nen funktionierenden Gummizuch. Kennze dat bei weichgekochte Eier, wenn dat Weiße nich richtig durch is? Genauso hat ihm der Schlüpper um sein Gemächt geschaukelt. Hömma, da wird dir doch übel, wird dir da. Ich hab ihn natürlich belatschert, datt er sich gefälligst benehmen soll, von wegen Respekt vor der Ehe und vor seine Frau und so, abba da war nix zu machen.»
«Wie lange wart ihr verheiratet?»
«Verheiratet war ’n wa lange, abba schon sechs Wochen nache Hochzeit gab’s getrennte Betten.» Sie zieht ihre Currywurst durch die Mayo, stippt sie noch einmal in die Soße und schiebt sie sich in den Mund. «Dat Komische is: Vor der Ehe und nacher Ehe hab ich mich super mit ihm verstanden. Bloß dazwischen halt nich. Deswegen denk ich: Dat is einfach nix für mich. So vom Prinzip her.»
«Hast du das damals schon mit dem Kloppo besprochen – die Sache mit Holger?»
«Nee, da gab et den Kloppo noch nich. Also, als Brieffreund, meine ich.»
«Ich bin am Wochenende auf einem Junggesellenabschied», sage ich und pikse Pommes auf.
«Dat sollt ich dammals auch machen. Abba ich hab mich alle fünf Wochenenden vorer Hochzeit bei meinen Eltern in Derne im Heizungskeller eingeschlossen. Ich hatte da kein Bock drauf.»
«Warum nicht?»
«Ach, geh mir wech.» Sie spießt drei Pommes auf einmal auf und schiebt sie sich in die Backe. Als sie fertig gekaut hat, fragt sie: «Heiratet eine vom Handball?»
«Kerstin.»
«Die mit dem Ruderer? Hat Katrin von erzählt. Wenn de in so ’nem Verein bis, is dat natürlich schwierich mitm Heizungskeller. Dann musse ran. Dat hilft allet nix.»
Mel hat recht. Das Team kriegt jede auf die Straße.
Wir sind dick in Steppjacken verpackt, die Nächte sind noch kalt. Kerstin trägt einen Bauchladen um ihre Hüften und ein pinkes Shirt über ihrer Jacke. Sie muss Peniskekse verkaufen, eine Tüte für fünf Euro. Außerdem soll sie Waschetiketten aus Männerunterhosen schneiden und sich die ausgeschnittenen Fetzen danach mit Sicherheitsnadeln an ihr Shirt heften – als Trophäen und für die Buchhaltung, denn die Größen werden am Ende addiert, die Summe bekommt sie als Aussteuer aus der Mannschaftskasse. Vier Etiketten hat sie schon bekommen, einmal Größe acht, zweimal sechs, einmal sieben – macht 27 Euro, da ist noch eine Menge Luft nach oben.
Die Kekse haben Schnecke und Alina gebacken. «Alta, war das ’n Aufwand, sach ich euch! Kein einziger Laden verkauft Ausstechförmchen für Penisskekse! Nicht mal der Eros-Shop in der Klara-Straße. Wir haben sie selbst gelötet! Selbst gelötet!»
Wir treffen Uckel. Uckel heiratet in vierzehn Tagen, und das gesamte Partyviertel am Bochumer Bermuda 3 eck spielt mit ihm «Schlag den Uckel», im Wortsinne. Einmal Uckel schlagen kostet einen Euro, wer fünf Euro gibt, kriegt einen Schlag kostenlos. Uckel trägt Gehörschutz und Brille, deshalb wemmsen ihm alle direkt aufs Maul. Er schaut schwermütig. Ich bin betroffen.
Kerstins Kekse sind in dreißig Butterbrottüten verpackt, bestes Mürbegebäck, sogar mit Glasur und Zuckerstreusel. Fünf Euro sind nicht zu hoch angesetzt, zumal wir mit zwölf Weibern unterwegs sind, acht davon blond, das lockert den Geldbeutel. Wenn Kerstin alle Tüten verkauft, können wir reichlich trinken und Kerstin den Rest für die Hochzeit mitgeben. Das Bermuda 3 eck ist ein einträgliches Pflaster, eine Fußgängerzone mit Kneipen, eine neben der anderen, so was gibt’s in Dortmund nicht, für so was muss man nach auswärts fahren.
Nicht nur Kerstin und Uckel sind unterwegs. Wir treffen auch Thore aus Emsdetten, einen gesunden Mittvierziger, der nicht heiratet, sondern nur dazugehört, zu einem
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