Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz
Recht!«
»Stammen alle Kratzer von Serkan Arslan?«
Dr. Sommerlauchs Augen glühten. »Ich kenne doch mein Smartphone!«
»Haben Sie für die Reparatur bezahlt?«
»Ha, das war ja noch das Größte! Dieser Wicht hat doch tatsächlich die Unverfrorenheit besessen, die volle Reparatursumme von mir zu verlangen.«
»Funktioniert Ihr Telefon wieder?«
»Ja, das schon, aber diese Beschädigungen sind nicht hinnehmbar.«
»Sie haben also gar nichts bezahlt, vermute ich.«
»Natürlich nicht!«
»Darüber sind Sie in Streit geraten.«
»Der Junge hat versucht zu diskutieren. Er wollte mich belehren, was seine Rechte als Verkäufer seien, und hat mir die genaue Gesetzeslage erläutern wollen. Mir, das muss man sich mal vorstellen! Ich bin Jurist mit eigener Kanzlei! Ich habe mich selbstverständlich zur Wehr gesetzt. Das Ganze war allerdings weit unter meiner Würde. Dieser Scheißladen! Ich hätte mich nie auf das Niveau dieses Gemischtwarenhändlers begeben sollen.«
Er ballte erbittert die Faust und starrte Rubin hasserfüllt an. Dieser fragte mit vollkommener Ruhe:
»Hat Serkan sich beim Diskutieren aufgeregt, oder ist er ruhig geblieben?«
Dr. Sommerlauch dachte nach. Rubin hörte im Zimmer die Toilettenspülung und kurz darauf den Wasserhahn. Der Mann errötete und sprach jetzt deutlich gedämpfter:
»Der junge Mann, Serkan, hat sich aufgeregt und ist fast aus der Haut gefahren. Dann fing er an zu husten und schwankte. Er musste sich setzen. Schweiß stand auf seiner Stirn. Es ging ihm nicht gut. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Einerseits war ich ja auch aufgebracht. Zu Recht, wie ich meine. Andererseits hatte der junge Mann irgendetwas.«
»Haben Sie Hilfe gerufen?«
»So schlimm war es auch wieder nicht. Außerdem ist der andere gekommen und hat getobt und geflucht.«
»Ich verstehe«, sagte Rubin.
Im Zimmer ging eine Tür auf, und Rubin hörte, wie jemand barfuß über den Teppichboden lief.
Dr. Sommerlauch drehte sich kurz ins Zimmer um, dann sagte er: »Der andere wollte gar nicht aufhören zu schreien. Ich hatte Angst, er würde gewalttätig werden. Da habe ich mir mein Smartphone genommen und bin gegangen.«
»Der andere, Hassan, hat er sich um den jungen Mann gekümmert? Oder hat er nur gebrüllt?«
»Er hat nur gebrüllt.«
»Ich danke Ihnen, Herr Sommerlauch«, sagte Rubin schließlich und fügte mit einem Grinsen hinzu: »Und weiterhin einen angenehmen Aufenthalt in unserer schönen Stadt.«
13
Buchhändler Weimar balancierte in schwindelnder Höhe auf dem Standpodest einer Holztrittleiter vor einem riesigen Bücherregal, das bis weit unter das dunkle Kellergewölbe reichte. Das Kellergewölbe, das seine Buchhandlung beherbergte.
Der massige Mann mit dem weißen wallenden Haarkranz hatte ein Buch unter die Achseln geklemmt, ein weiteres presste er fest zwischen seine Knie.
»Gleich habe ich Ihren Band gefunden, Frau Hansen«, rief er mit weichem Zungenschlag. »Ich weiß genau, wo er steckt: neben dem guten Cervantes und unserem Konsalik; nur noch ein winzigstes Sekündchen.«
Frau Hansen verfolgte aus sicherer Entfernung fasziniert den buchhändlerischen Balanceakt.
»Ja, da ist es: ›Die Geschichte der großen Giftmörder‹!«, rief Weimar.
»Ich danke Ihnen tausendmal. Ich habe überall nach dem Buch gesucht. Es ist ein Wunder, wie Sie sich auskennen«, sagte Frau Hansen.
Weimar kletterte von der Leiter, wischte sich die Stirn mit einem Stofftaschentuch und überreichte der Kundin einen in Leder gebundenen Folianten.
»Ei, dafür bin ich doch da! Wenn Sie bitte bei meiner Frau bezahlen würden.«
Frau Hansen durchquerte den Felsenkeller bis zur Kasse, vorbei an Tischen mit bunten Stapeln von Büchern ohne erkennbare Ordnung oder Verkaufssystem; vorbei an Regalen mit Romanen, Novellen, Abhandlungen, Chroniken, Stundenbüchern, Geschichtswerken. Es waren sowohl alte als auch neue Bücher darunter, gebunden und als Taschenbuch, Broschüren und Kladden, Hörbücher, Kassetten, sogar alte Schellackplatten mit Originalaufnahmen von James Joyce und Mario Lanza waren zu finden, wenn auch nicht auf Anhieb.
Frau Hansen zahlte bei der jungen Frau, steckte das Buch in ihre Tasche und sagte zum Abschied: »Herzlichen Dank, Christiane, danke, Herr Weimar! Bis zum nächsten Mal.«
Auf der Schwelle der Eingangstür wäre sie beinahe mit Rubin und Freitag zusammengestoßen. Der Golden Retriever fiepte kurz und wandte ihr erstaunt die Schnauze zu.
Weimar bahnte sich mit
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