Da muss man durch
Sauerei gedacht?»
Tommi verzieht keine Miene, er sitzt da wie ein bockiges Kind.
Ich atme kurz durch. «Gordon wollte mich erpressen. Ich hab den Spieß umgedreht. Das ist schon die ganze Geschichte.»
«Und es ist dir gleichgültig, welche Folgen das hat?»
«Für mich hat es zur Folge, dass ich kein Vermögen ausgeben muss für eine Sache, mit der ich nichts zu tun habe. Ich hatte
euch gesagt, das Fred andere Hunde hasst. Was hätte ich denn noch tun sollen?»
Lisa überlegt einen Moment, sieht dann zu Tommi, aber der schweigt stur.
«Wie dem auch sei», beginnt Lisa, und ihr ist anzumerken, dass sie selbst nicht ganz überzeugt von dem ist, was jetzt
kommt: «Es gibt eine moralische Verpflichtung, für den Schaden aufzukommen. Besonders, wenn die Sache nicht nur dich allein,
sondern auch uns betrifft.»
Tommi sitzt immer noch da und gibt die beleidigte Leberwurst. Er wirft mir einen abschätzigen Blick zu, im gleichen Moment
merke ich, wie mir das Koffein durch die Adern rauscht. «Was sagst du eigentlich dazu?», pöbele |147| ich ihn an. «Oder muss Mutti das wieder alles für dich regeln?»
«Hör auf, Paul!» Lisa klingt bestimmt.
Tommi hebt den Blick, verzieht verächtlich die Mundwinkel. «Du hast wieder mal keine Ahnung, worum es geht, weißt du das?»
«Mir ist völlig klar, worum es geht», entgegne ich locker. «Es geht einzig und allein um die Platte, die Gordon mit dir
einspielen wollte, bevor die Sache mit den Rottweilern passiert ist. Ob Gordon im Recht ist oder nicht, interessiert dich
doch einen Scheiß.»
Tommis Gesicht verdüstert sich. «Es ist heutzutage schwer, gute Jobs zu kriegen, Paul. Gordon ist sehr erfolgreich. Er kennt
alle wichtigen Leute. Und das heißt, er kann dafür sorgen, dass ich mit Topmusikern arbeite. Aber er hat auch die Macht,
mich aus dem Geschäft zu kegeln. Dann muss ich mich nochmal ein paar Jahre damit rumquälen, Werbejingles und Weihnachtsplatten
einzuspielen.»
Mir geht dieses Selbstmitleid fürchterlich auf die Nerven. Andere Leute tragen bei Wind und Wetter Briefe aus oder schuften
im Bergwerk. Tommi findet die Welt bereits ungerecht, wenn er nicht mit Superstars arbeiten darf. Ich reiße mich trotzdem
zusammen und bleibe diplomatisch: «Das verstehe ich, Tommi. Aber es kann doch nicht sein, dass ich mich von Gordon erpressen
lassen muss, damit du diesen Job bekommst.»
«Dein Köter hat seine Hunde angefallen!», mault Tommi. «Die Tiere sind nun mal teuer. Also musst du sie bezahlen. Und damit
basta.»
«Was geht das dich an?», gebe ich zurück. «Ich regle mit Gordon meine Angelegenheiten, regle du mit ihm deine.»
«Wenn du seine Hunde nicht bezahlst, krieg ich den Job |148| nicht», erwidert Tommi und klingt nun nicht mehr nur sauer, sondern auch trotzig.
«Wenn Gordon so ein Arschloch ist, wer sagt dann, dass du den Job überhaupt bekommst – selbst wenn ich für die Rottweiler
ein Vermögen hinblättere?»
Schweigen. Ich schaue zu Lisa und sehe, dass sie meine Argumentation nicht völlig abwegig findet. Damit ist schon viel gewonnen.
Tommi mustert mich skeptisch, und für einen Moment habe ich das Gefühl, er könnte ein Einsehen haben. Dann jedoch verschränkt
er die Arme und lehnt sich zurück. «Ich habe Gordon versprochen, dass du für den Schaden aufkommst. Das heißt, ich stehe
bei ihm im Wort. Enttäusch mich also nicht, Paul.» Tommi sagt es wie ein strenger Vater, der seinen Lausbuben ermahnt. Das
ist eine von Tommis Maschen. Wenn ihm die Argumente ausgehen, wird er autoritär. Wieder spüre ich, wie das Koffein durch
meine Adern rauscht. Lisa weiß, dass ich grundsätzlich allergisch reagiere, wenn man mir was vorschreiben will. Deshalb
ahnt sie vielleicht, was jetzt kommt.
Ich erhebe mich. «Tommi, erzähl mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe. Hättest du besser auf Fred aufgepasst, wäre
das alles nicht passiert. Wenn dich das jetzt den Job kostet, ist das bedauerlich, aber nicht mein Problem.»
Tommi steigt die Zornesröte ins Gesicht. «Das ist wieder mal typisch für dich! Hauptsache, dir geht es gut. Wo die anderen
bleiben, geht dir sonst wo vorbei!»
Das war klar. Egal, was passiert, Tommi kommt ständig zu kurz. Und das ist seiner Ansicht nach besonders ungerecht, weil
er nämlich nie an sich, sondern immer nur an die anderen denkt. Diese Opferrolle ist mir so zuwider, dass |149| sich jetzt Adrenalin zu meinem Koffein gesellt. «Ach? Das ist typisch für mich? Wenn
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