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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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biologischer Imkerei. Möchte die Dame vielleicht
     mal probieren?»
    «Ist der Wiesenhonig denn auch Bio?»
    Himmel, was für eine doofe Nuss!
    «Wie ich schon sagte, unser gesamtes Sortiment ist biologisch erzeugt.»
    «Das heißt, der Mandelblütenhonig ist auch Bio?»
    Der leider nicht. Unsere Mandelbäume sind starke Raucher und Trinker.
    «Ja, der Mandelblütenhonig ist auch Bio.»
    |218| «Wo wachsen Mandelblüten eigentlich? Auf Sträuchern?»
    «Auf Bäumen, gute Frau. Auf Mandelbäumen.»
    «Interessant. Und wie viele Bäume braucht man so für ein Glas Honig?»
    Ich habe nicht die leisteste Ahnung, aber mir persönlich würde ein einziger Baum reichen, um mich nach diesem Gespräch daran
     aufzuhängen.
    «Zwei, manchmal auch drei.»
    «Aha», sagt sie mit ernster Miene und betrachtet die Honiggläser.
    Meine Erfahrung als alter Hase im Wochenmarktgeschäft sagt mir, dass sie es sich überlegen und vielleicht später nochmal
     wiederkommen will.
    «Ich überlege es mir und komme vielleicht später nochmal wieder.»
    «Das würde mich sehr freuen. Einen schönen Tag noch.»
    Sie wendet ihren Rollator, schiebt ihre zweihundert Kilo Lebendgewicht zurück in den Strom der Marktbesucher und nimmt Kurs
     auf einen Grillimbiss. Ich wette, sie hasst Honig und hat nur kurz verschnaufen müssen.
    Roberto vom Stand gegenüber prostet mir mit einem Cortado zu und grinst dreckig. «Und? Hattest du Glück, Pablo? Hat dir die
     scharfe Schnecke ihre Telefonnummer gegeben?»
    Ich lächele und halte den Daumen hoch.
    Ein weiteres Prinzip des Wochenmarktgeschäfts ist es, sich mit den Nachbarn gutzustellen. Man will schließlich den ganzen
     Sommer miteinander auskommen. Also plaudern und scherzen wir, und jeder hilft jedem. Wer sich Kaffee oder einen Snack holt,
     bringt den Kollegen was mit, und man achtet auf den Stand des Nachbarn, wenn |219| der mal gerade für ein paar Minuten verschwinden muss. Am Ende eines Markttages treffen sich alle auf einen Drink im nächstgelegenen
     Café, um zu fachsimpeln und Erfahrungen auszutauschen. In lockerer Runde geht es dann um erfolgreiche Methoden der Steuerhinterziehung,
     illegale Preisabsprachen und die besten Bezugsadressen für Produktfälschungen.
    Anfangs wollte ich damit nichts zu tun haben. Dann fiel mir auf, dass der streng legale Weg mir einen Stundenlohn von nicht
     mal zwei Euro einbringen würde. Seitdem trickse ich bei der Standmiete, bei den Füllmengen, bei der Steuer und bei praktisch
     allen anderen Sachen. Ich komme zwar trotzdem selten auf fünf Euro die Stunde, habe aber nicht mehr das Gefühl, dass es
     lukrativer wäre, im Bett zu bleiben. Nebenbei mag ich meinen Job.
    «Entschuldigung, ist das Bio-Honig?»
    Ich hasse meinen Job.
    «Selbstverständlich. Alle Sorten, die Sie hier sehen, sind aus kontrolliert biologischer Imkerei. Möchte der Herr vielleicht
     mal probieren?»
    «Danke, ich mag keinen Honig. Es ist nur ein Mitbringsel. Ich nehme ein Glas von jeder Sorte.»
    Geht doch. Ich packe ihm den Honig ein, kassiere und überschlage, dass mein heutiger Stundenlohn mit etwas Glück die schwindelerregende
     Höhe von fünf Euro fünfzig erreichen könnte.
    Als ich mich bücke, um neue Ware hervorzukramen, höre ich eine mir bekannte Stimme sagen: «Ich sehe, das Geschäft läuft
     blendend.»
    Ich schnelle erfreut hoch. «Schamski!»
    Er lächelt. «Hallo, Paul.»
    Gut sieht er aus. Vielleicht ein bißchen blass, aber das |220| ist normal. Unter den braungebrannten Insulanern wirkt jeder Neuankömmling blass.
    «Du hast noch weiter abgenommen», stelle ich fest.
    «Stress», erwidert Schamski. «Hast du Zeit für einen Kaffee?»
    «Roberto, ich bin mal kurz weg», rufe ich zum gegenüberliegenden Stand. «Halbe Stunde vielleicht.» Roberto nickt.
    Schamski und ich setzen uns auf die Terrasse meines Stammcafés. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf das bunte Treiben.
    «Erzähl! Wie geht’s? Was macht der Verlag? Wie läuft’s mit Melissa?»
    Schamski fingert eine Zigarette hervor. «Tja. Das ist leider alles vorbei.» Er klingt müde und enttäuscht.
    «Was ist vorbei?»
    «Alles», wiederholt Schamski und inhaliert. «Der Verlag ist pleite, Melissa ebenfalls. Und ich nebenbei auch.»
    Ich greife zu Schamskis Zigaretten und winke nach dem Kellner, um meinen bereits bestellten Kaffee gegen einen Schnaps einzutauschen.
    «Du hattest recht. Ihr Unternehmen war auf Krediten vom Verlag aufgebaut. Als Timothy sie fälligstellen musste, hab ich

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