Da Vincis Fälle Doppelband 1 und 2 (German Edition)
schon überlegt, seinen Vater deswegen anzusprechen. Schließlich war er ja neuerdings als Notar für den Stadtherrn von Florenz tätig und da ließ sich ja vielleicht ein Zusammentreffen arrangieren.
Aber als Leonardo dies dann einmal Ser Piero gegenüber vorsichtig angesprochen hatte, war sein Vater alles andere als begeistert gewesen und hatte gleich abgewehrt. „Ich lasse mir durch diese Tagträume nicht die Geschäfte meines Lebens verderben!“, hatte er gesagt.
„Wir können also gar nichts tun!“, meinte Gianna. „Wollen wir wirklich nur dasitzen und abwarten, bis irgendwann ein fremder König mit seinen Soldaten durch dieses Land zieht und alles verwüstet?“
Eine Weile herrschte Schweigen unter ihnen. Sie saßen in Leonardos stickigem Zimmer und überlegten.
Leonardo war heiß.
Er nahm eine seiner Zeichnungen, auf denen die Entwürfe von fantastischen Kampfmaschinen zu sehen waren und fächelte sich damit etwas Luft zu.
Eine ganze Weile sagte niemand ein Wort.
„Wir sind Kinder“, sagte Carlo. „Es ist nun mal so, dass wir nichts ausrichten können. Alles, was wir angefangen haben, hat uns doch bisher nur Ärger eingebracht. Ich kann froh sein, dass ich überhaupt wieder hier bei euch sein kann! Und das liegt auch nur daran, weil mein Vater zurzeit auf seiner Florenz-Fahrt ist.“
Leonardo kratzte sich am Kopf. „Vielleicht können wir doch etwas tun“, meinte er plötzlich. Sein Gesicht veränderte sich. Die Augen leuchteten plötzlich wieder. Seine Züge wirkten entschlossen, die Hände ballten sich zu Fäusten.
Noch schien es nur ein vager Gedanke zu sein, der sich in seinem Kopf bildete…
„Und was bitteschön könnte das sein?“, fragte Carlo in einem Tonfall, der ziemlich hoffnungslos klang.
Leonardo schnippte mit den Fingern. „Was haltet ihr davon, wenn wir zu dem Portugiesen hingehen, und ihn einfach zur Rede stellen.“
„Was?“, stieß Gianna hervor.
„Wir sagen ihm einfach, dass wir über ihn und seine Machenschaften Bescheid wissen!“
„Bist du noch bei Trost?“
„Und ob ich das bin, Gianna! Und jetzt hört euch mal meinen Plan an!“
11.Kapitel
Der Plan
Am Abend kamen Carlo und Leonardo zum Gasthaus. Sie traten in den Schankraum und trafen dort auf Giannas Vater, der sie erstaunt ansah. „Nanu, was macht ihr denn hier? Wundert mich ja, dass ihr schon wieder durch die Gegend ziehen dürft – nach dem, was ihr euch vor ein paar Tagen geleistet habt. Also wenn ihr meine Kinder wärt…“ Die Geschichte von dem Ausflug nach Florenz, den Leonardo und Carlo unternommen hatten, hatte inzwischen schon in ganz Vinci die Runde gemacht und war überall Tagesgespräch gewesen.
„Wir haben eine Botschaft für den portugiesischen Gast, der bei Euch wohnt“, sagte Leonardo unbeirrt.
Giannas Vater runzelte die Stirn.
„Worum geht es denn?“
„Es ist uns aufgetragen worden, es ihm nur persönlich auszurichten.“
„War es einer dieser Reiter, die euch das aufgetragen haben?“, fragte der Wirt. „Oder erzählt ihr nur wieder irgendwelche seltsamen Geschichten?“
Leonardo ging darauf nicht weiter ein, sondern sagte stattdessen:
„Sagt dem Portugiesen, dass es um Pläne gehe, die er dringend erwartet. Dann weiß er Bescheid und wird uns sofort zu sich bitten!“
Der Wirt runzelte die Stirn. „Ein Geheimnis, ja?“
„Wir haben ein paar Münzen bekommen, damit wir mit niemand außer dem Portugiesen darüber reden!“
Der Wirt rief Gianna herbei. Sie kam aus einem Nachbarraum.
„Was ist?“
„Sag dem Portugiesen, dass hier zwei Jungen sind, die ihn sprechen wollen. Es ginge um Pläne, die er dringend erwartet!“
„In Ordnung“, sagte Gianna. Sie ging die Treppe hinauf. Wenig später kam sie zurück. „Ihr sollt raufkommen!“, sagte sie an Leonardo und Carlo gerichtet. Als sie an ihr vorbei die Treppe hinaufgingen, wisperte sie noch. „Aber sagt mir nachher, wie es gelaufen ist!“
„Sicher!“, murmelte Leonardo.
Wenig später standen Leonardo und Carlo vor dem Zimmer des Portugiesen. Er stand breitbeinig in der Tür und strich sich den Bart glatt. Mit einem durchdringenden Blick musterte er die beiden. Dann deutete er auf Leonardo und sagte. „Dich kenne ich doch! Du hast in dem Baum gesessen und bist mit dem abgebrochenen Ast zu Boden gefallen!“
„Das stimmt“, gab Leonardo zu.
„Also, was wollt ihr?“
Er sprach mit einem starken Akzent und es war nicht immer ganz leicht ihn zu verstehen.
„Wir sollten das nicht hier
Weitere Kostenlose Bücher