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… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1

… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1

Titel: … da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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holt, wühlt Nick in seinem Schreibtisch. Ich stehe auf und gehe zum Fenster. Die Dag Hammerskjölds Allé sieht normal aus. Wie immer herrscht reger Verkehr, Fahrräder, Autos und Fußgänger. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegt die amerikanische Botschaft, bewacht von Kameras, hohen Zäunen, Soldaten und wahrscheinlich auch anderen Dingen, die man nicht sieht.
    Nick hat einen rosa Flyer gefunden und liest den Text darauf vor: „‚Angel Party‘? Sagt dir das was?“
    Ich schüttle den Kopf. Auf dem Bürgersteig vor der Botschaft steht ein Typ. Er ist um die zwanzig und sieht mit seinem kurzen, schwarzen Haar, seinem weißen Kapuzenpulli und seinen teuren Nike-Schuhen aus wie der Prototyp eines Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Er hat die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, während er scheinbar nichts anderes zu tun hat, als dazustehen und den Verkehr zu beobachten.
    Bis er den Kopf hebt und mich direkt ansieht.
    Ich erschrecke mich so sehr, dass ich vom Fenster wegspringe. Mein Herz schlägt wie wild.
    „Anscheinend ein privates Fest.“ Nick hält immer noch den rosa Flyer in der Hand. „Denn es steht ein Datum da, aber keine Adresse, die muss man wohl schon im Voraus kennen.“
    Natürlich könnte das alles reiner Zufall sein. Jonathan starrt aus dem Fenster, weil es ihm schwerfällt, mit Nick und mir zu reden. Der Typ dort unten wartet einfach nur auf seine Freunde,und es ist reiner Zufall, dass sie ihn direkt vor der amerikanischen Botschaft treffen. Genau wie es Zufall ist, dass er nach oben sieht und seinen Blick direkt auf Jonathans Fenster richtet. Ich beuge mich vor und sehe erneut auf die Straße. Der Typ mit dem weißen Kapuzenpullover ist weg.
    Als Jonathan ins Zimmer zurückkommt, sitzen wir unschuldsvoll auf dem Bett und versuchen so auszusehen, als hätten wir nicht in seinen Sachen geschnüffelt. Jonathan wirft einen kurzen Blick aus dem Fenster, und ich bilde mir ein, als wirkte er mit einem Mal erleichterter. Nach der Hälfte seines Bieres tut Nick so, als hätte er gerade zufällig den rosa Flyer entdeckt. Jonathan behauptet, dass er ihn auf der Strøget in die Hand gedrückt bekommen hätte. Mehr wäre nicht dabei.
    Also trinken wir Bier und greifen tief in die sichere Tüte mit den alten Erinnerungen. Wir lassen spektakuläre Nächte in der Stadt wieder aufleben und verarschen einander mit unseren schlimmsten Katern und fehlgeschlagenen Anbaggerversuchen. Ein Außenstehender würde bei unserem Gerede wahrscheinlich denken, dass wir in den letzten paar Jahren nichts anderes getan hätten, als zu feiern. Davon sind wir weit entfernt, aber es macht nun mal keinen großen Spaß, endlose Tage in Klassenzimmern oder Abende mit Frikadellen und Fernsehen zu Hause bei den Eltern Revue passieren zu lassen. Es sind andere Momente, an die wir uns erinnern, und mir geht plötzlich auf, dass sie alle etwas gemeinsam haben. Wie in den Sommerferien zwischen der sechsten und siebten Klasse, als wir mit meinem Vater und Lars auf einer Paddeltour in Schweden waren. Einmal verirrten wir uns, nachdem wir einen See falsch überquert hatten, und wir waren tatsächlich alle so schlau gewesen, uns darauf zu verlassen, dass die anderen ihr Handy mitgenommen hätten. Erst nach zehn Stunden und mit vielenneuen Blasen an den Händen fanden wir schließlich unseren Zeltplatz wieder. Wir hatten einen Riesenspaß, während Lars und mein Vater kurz davor waren, die schwedische Polizei zu alarmieren und eine größere Suchaktion zu veranlassen. Oder als wir damals auf Klassenfahrt waren und die ganze Mannschaft mit einer selbst erfundenen Gesangseinlage unterhielten, bei der Nick den Elvis gab, Jonathan auf Töpfen Schlagzeug spielte und ich mich an einer Gitarre mit nur fünf Saiten blamierte. All diese Augenblicke hatten gemein, dass wir zusammen waren, als wir sie erlebten. Damals hätte ich nie daran gezweifelt, dass es immer so bleiben würde. Heute weiß ich, dass nichts sicher ist. Gerade jetzt benehmen wir uns, wie wir es immer getan haben, aber es ist, als wäre ich zwei Personen gleichzeitig. Die eine ist der alte Mateus, der lachend die Geschichte von jenem Sommermorgen erzählt, an dem ich barfuß von Klampenborg nach Hause ging, weil ich am Strand von Bellevue direkt am Wasser eingeschlafen war, und jemand oder etwas, vielleicht ein Hund, oder die Wellen, meine Schuhe geklaut hatte. Ein anderer Teil von mir betrachtet uns drei von außen und sieht ein, wie sehr ich Jonathan vermisst

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