… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1
coolsten Eltern. Sie schienen nie an Jonathan zu zweifeln, und waren auch nie richtig wütend oder verletzt über etwas, was er tat.
Bis jetzt. Denn Hannahs Augen sind angsterfüllt, und das hat etwas mit Jonathan zu tun.
Nick rettet die Situation, indem er sagt, dass er Jonathans Hilfe bräuchte, wenn er das Gymnasium schaffen wolle, weshalb Hannah ihn in Zukunft häufiger sehen würde. Hannah lächelt erleichtert. Wir wüssten ja, dass wir jederzeit willkommen wären. Ich weiß, dass sie uns am liebsten noch weiter über Jonathan ausfragen würde, es aber sein lässt, weil wir ihr nicht mehr zu erzählen haben. Vielleicht weiß sie auch, dass wir lügen.
„Was wollt ihr denn hier?“
Jonathan steht in der Küchentür und verkörpert ein riesiges Stirnrunzeln.
„Deine schöne Mutter besuchen“, antwortet Nick. „Nur ärgerlich, dass es sich dabei nicht vermeiden ließ, dir in die Arme zu laufen.“
Jonathan öffnet den Kühlschrank. Er weicht dem Blick seiner Mutter aus, die sofort aufsteht. „Hier sind ein paar Bier, wenn ihr welche mit aufs Zimmer nehmen wollt.“
„Klingt gut“, sagt Nick.
„Ihr wollt am Montagnachmittag Bier trinken?“
„Ja, um den ersten Schultag zu feiern“, antworte ich.
„Und den letzten“, ergänzt Nick.
Jonathan knallt den Kühlschrank wieder zu. „Was meinst du damit?“
Ein paar Sekunden lang bleibt es still. Hannahs Blick flitzt wie ein verschrecktes Eichhörnchen zwischen uns hin und her.
„Falls du dich nicht daran erinnern kannst, habe ich schon in Jütland gehockt, als ihr euren letzten Schultag gefeiert habt“, sagt Nick und grinst angestrengt. „Es ärgert mich wirklich, dass ich das verpasst habe. Villads hat mir davon erzählt.“
„Villads?“
„Ja, wir haben uns gerade heute Nachmittag darüber unterhalten.“
Jonathan weiß, dass wir es wissen. Also nickt er nur, öffnet den Kühlschrank erneut und holt drei Bier heraus. „Okay, dann feiern wir eben den letzten Schultag.“
Hannah fragt, ob sie uns Pizza bestellen soll. Jonathan schüttelt den Kopf und verlässt die Küche, ohne sie angesehen zu haben. Sie blickt ihm verzweifelt hinterher, und erst jetzt fallen mir die Veränderungen in ihrem Gesicht richtig auf. Seit dem letzten Winter haben sich zwei Furchen um ihren Mund gebildet, und sie hat graue Schatten unter den Augen.
„Ich hab einfach keine Lust.“
„Das habe ich doch auch nicht. Aber ich gehe trotzdem hin.“
Jonathan steht auf und geht zum Fenster. „Aber du hattest noch nie Lust auf Schule, Nick, weil du sowieso auf nichts Lust hast. Ich schon, aber ich habe keine Lust aufs Gymnasium. Das sind drei vergeudete Jahre.“
„Ich glaube kaum, dass deine Eltern das genauso sehen“, sage ich.
„Es wird schwer für sie sein, das zu verstehen, aber ich werde meine Meinung nicht ändern.“
„Und was willst du stattdessen machen?“
„Vielleicht mache ich ein Fachabi, aber erst ab nächstem Jahr.“
„Und jetzt?“
Jonathan zuckt mit den Achseln. An der Wand über seinem Schreibtisch hängt ein Plakat von einem kahl rasierten Hund mit Elektroden am Körper. Daneben hängt ein Bild von irgendwelchen gehäuteten Tieren, möglicherweise Frettchen.
„Eklige Fotos“, sage ich. „Sind das Versuchstiere?“
„Unter anderem.“
„Schreibst du darüber?“
„Vielleicht. Ich weiß noch nicht richtig.“
Ich trinke mein Bier und werfe Nick einen auffordernden Blick zu. Er hebt die Augenbrauen, um zu sagen, dass ich doch auch selbst etwas unternehmen könne, aber ich schüttle meinen Kopf und bedeute ihm, dass es seine Idee war.
Nick räuspert sich. „Okay, Entschuldigung akzeptiert.“
Jonathan starrt noch immer auf die Straße hinab. „Was für eine Entschuldigung?“
„Deine Entschuldigung dafür, dass du dich auf der Knippelsbrücke wie ein Riesenidiot benommen hast. Aber weil du es so schwer bereust, können wir dir ausnahmsweise noch mal verzeihen.“
Jonathan nickt, doch ich habe eigentlich nicht den Eindruck, dass er überhaupt zuhört. Anscheinend passiert heute etwas wahnsinnig Spannendes auf der Dag Hammerskjölds Allé.
„Sag mal ehrlich: Bist du auf Drogen?“
„Ich rauche nicht mal Joints, das wisst ihr doch.“
„Kann ja sein, dass sich das geändert hat?“
Wie so vieles andere.
Jonathan schüttelt den Kopf. „Ich bin nicht auf Drogen. Aber ich könnte noch ein Bier vertragen. Wie sieht es mit euch aus?“
Wir sagen natürlich nicht Nein. Während Jonathan noch mehr Bier aus der Küche
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