… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1
Plüsch des Sofas sind undefinierbare Flecken und aufdem grünen Teppich am Boden größere, die aussehen wie Blut. Die Jungs sitzen an den Tischen und trinken Bier, die leicht bekleideten Mädchen schwingen ihre Hüften auf der Tanzfläche. Die meisten von ihnen müssen später zum Rathausplatz latschen und dort den Nachtbus in die Vorstädte nehmen.
Big. Time. Scheiß. Location.
Es überrascht mich nicht, Nicks Schwester Sandra hier zu sehen. Sie ist dafür bekannt, viel zu feiern, auch außerhalb der Wochenenden. Außerdem erkenne ich Kasper vom Basketball wieder. Er tanzt mit einem klapperdürren Mädchen in kurzem Top. Sie hat eine von diesen Arschgeweih-Tätowierungen, die eigentlich niemandem stehen. Mein Handy vibriert in der Hosentasche. Auf dem Display kann ich sehen, dass es meine Mutter ist. Ich schalte es aus. Sonst versucht sie es immer wieder.
Sandra hat mich im Halbdunkel erkannt. Ich nicke ihr kaum merkbar zu und lasse meinen Blick über die Menge schweifen. Das ist mein neuer Stil; ich habe die Gesellschaft anderer nicht nötig.
„Na, sitzt der kleine Frosch hier ganz allein?“
Die neuen Schüler am Gymnasium werden Frösche genannt. Und dieses Mobbing muss man das ganze erste Jahr über sich ergehen lassen, bis man selbst in die nächste Stufe kommt und sich rächen kann.
„Hallo Sandra. Und du machst gerade einen Klassenausflug?“
„Wir feiern, dass wir keine Frösche mehr sind.“
„Na herzlichen Glückwunsch!“
„Wir überlegen gerade, wer von den Neuen morgen eine Ladung Wasser verdient hat. Nick und du könntet gut und gerne dabei sein.“
Mit Sandra und Kasper im Racheausschuss besteht daran kaum Zweifel. Ich zucke mit den Schultern und blicke auf dieTanzfläche. Ich merke, dass sie das wundert. Sandra ist eine Giftschlange; sie ist es gewohnt, dass die Leute sie schon aus purer Angst im Auge behalten.
„Ist mein Bruder auch da?“
„Das glaube ich nicht.“
„Und Jonathan?“
„Auch nicht.“
„Du bist allein in der Disco?“
„Bis jetzt ja“, sage ich keck, was ein höhnisches Kichern von Sandra zur Folge hat.
Kasper kommt herüber. Er hat Schweißperlen auf der Stirn und hält das Mädchen mit dem Arschgeweih im Arm. „Was geht! Sitzt da etwa ein kleiner Frosch und quakt? Quak-quak-quak! Ha!“
Kasper wird es einfach nie schaffen, lustig zu sein, selbst wenn sein Leben davon abhängen würde. Ich überlege, ob ich ihm Paroli bieten soll. Dann sehe ich aber ein, dass ich mich an diese doofen Kommentare in Zukunft gewöhnen muss. Außerdem verbietet es mir mein neuer Stil, Zeit mit Typen wie Kasper zu vergeuden. Zum Glück verschwindet das Arschgeweih in Richtung Bar, und Kasper beeilt sich, hinter ihr herzuhecheln.
Sandra bleibt stehen. „Stimmt es, dass Jonathan doch nicht am Gymnasium anfängt?“
„Ja. Er hat keinen Bock.“
Ich habe ein mögliches Ziel entdeckt. Sie hat blondierte Haare und sitzt ein paar Sofas weiter mit ihren Freundinnen.
„Das ist doch aber merkwürdig“, fährt Sandra fort. „Er ist doch der Schlauste von euch dreien.“
„Ist doch seine Entscheidung.“
Sandra stellt sich direkt in mein Blickfeld: „Hallo?“
„Hallo was?“
„Es ist nur ... ach, nichts.“
Sie gibt auf und verschwindet zu ihren Freunden. Ich trinke mein Bier aus und gehe zum Tresen. Auf dem Rückweg bin ich kurz versucht, am Tisch der drei Mädchen anzuhalten, doch genau das hätte der alte Mateus getan, und der wurde ja immer zurückgewiesen. Also ignoriert der neue Mateus sie und geht wieder zu seinem Sofa. Die Blondgefärbte kann zu mir kommen, oder es sein lassen, mir doch egal.
Natürlich kommt sie. Erst dreht sie eine Runde durch den Raum, dann tanzt sie, und nach einer halben Stunde schubsen ihre Freundinnen sie schließlich in meine Richtung.
„Hi!“
Sie heißt Vanessa und kommt aus Brøndby Strand. Nach zwanzig Minuten kenne ich die ganze Geschichte über ihren Ex-freund Louis, der total lächerlich ist, weil er mit einer Verlierertussi aus Hundige ins Bett ging. Nach einer Dreiviertelstunde hat sie beschlossen, sich an Louis zu rächen, indem sie schnell etwas mit einem neuen Typen anfängt, und ich schlage vor, die Sache unter vier Augen in Angriff zu nehmen. Also taumeln wir in die Damentoilette und verziehen uns in eine der Kabinen. Vanessa schubst mich aufs Klo und zieht sich ihr Oberteil über den Kopf.
Nick hat schon oft betont, wie toll Mädchen sind, die gerade mit einem anderen Schluss gemacht haben. Insbesondere
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