Daddy Uncool
Caitlin war circa
zehn Zentimeter größer als er; sie hätte seine ältere Schwester sein können.
»Alles klar«, sagte Ollie. Er hatte augenscheinlich seine Fähigkeit zu intelligenter Konversation verloren; er saß da und blickte sie an wie ein verdurstender Mann eine Oase.
Dies war ein Date. Verdammt. War Caitlin gerade dabei, sich durch alle Jungs ihres Jahrgangs zu arbeiten?
»Willst du nach oben gehen?«, fragte sie.
»Äh, ich dachte, ihr wolltet in die Stadt zum Shoppen«, sagte ich.
»Wollen wir auch«, sagte Caitlin. Sie gähnte und streckte ihre Arme aus, wodurch ihr Dekolleté in Richtung des verzauberten Ollie gepresst wurde. »Ich wollte Ollie nur einen Song vorspielen, den ich heruntergeladen habe.«
Ollie sprang erwartungsvoll von seinem Stuhl, und die beiden verließen die Küche. Die Veränderung, die mit ihm vorgegangen war, als Caitlin ins Zimmer kam, war höchst eindrucksvoll: Er wurde von einem gesprächigen, extrovertierten Burschen zu einem sabbernden Dorftrottel.
»Caitlin«, rief ich ihnen nach. »Bitte lass deine Schlafzimmertür geöffnet.«
Es gab keine Reaktion.
»Okay, Mr. Taylor«, kam endlich eine Antwort. Aber sie kam nicht von Ollie. Meine eigene Tochter nannte mich Mr. Taylor.
Sie blieben nicht lange in Caitlins Zimmer. Ein paar Minuten später kamen sie die Treppe herunter und stürzten zur Vordertür hinaus.
»Wiedersehen, Mr. Taylor«, rief Ollie.
Sie gingen in die Stadt, ein altehrwürdiges Ritual aller Teenager, was übersetzt hieß, Rentner in der Fußgängerzone von Sitzbänken zu vertreiben, Chips aus Tüten zu essen und laut über die Possen von ihresgleichen zu lachen.
Ich sah die beiden die Straße hinunterverschwinden und fühlte eine sonderbare Beklemmung. War es in Ordnung, Caitlin mit einem Burschen, den ich kaum kannte, auf die Straße zu lassen? Einem Burschen, der vielleicht eine Tüte mit Crack, eine halbautomatische Glock-Pistole und einen Dreierpack Kondome mit Geschmack in seinem Adidas-Trainingsanzug verborgen hatte. War dies ein Test des Jugendamtes? Würden sie Caitlin aufgreifen, sie nach Hause bringen und mich als schlechtesten Vater der Welt beschimpfen? Waren überall in meinem Haus Kameras versteckt, die mich jetzt gerade filmten?
Entspann dich, sagte ich zu mir selbst. Sie ist dreizehn Jahre alt. Sie ist reif genug, um mit allem klarzukommen, was die Hauptstraßen von Surrey für sie bereithielten. Kids, die viel jünger waren als sie, streiften täglich durch die Straßen von London, Liverpool und Birmingham, ohne jeglichen Zwischenfall. Was war das Schlimmste, das in Cobham passieren könnte? Ein Zusammenstoß mit ein paar Mädels aus dem Ponyclub? Eine Auseinandersetzung mit einer Gruppe Kids aus einer Privatschule, die nicht ihre Yu-Gi-Oh!-Karten mit ihr teilen wollten?
Ich war ziemlich überzeugt davon, dass es in ihrem Leben kaum größere Herausforderungen geben
konnte als die, denen sie sich in den letzten Monaten hatte stellen müssen.
Nicht einmal die Mädels aus dem Ponyclub.
Obwohl ich am liebsten ein paar Flaschen Bier geöffnet und im Garten gesessen hätte, musste ich meinen müden Hintern zum Supermarkt bewegen, weil ich Caitlin versprochen hatte, Abendessen zu machen. Ich hatte keine Lust, mich ordentlich anzuziehen, mich zu rasieren oder zu kämmen. Deshalb zog ich einfach eine Trainingshose an. Ich sah wie ein Landstreicher aus, der ein paar Klamotten im Umkleideraum der Sporthalle hatte mitgehen lassen.
Ich hatte alle Lebensmittel gefunden, die ich für das Essen brauchte, als mir einfiel, dass Caitlin mich gebeten hatte, ihr ein paar Haarbänder und anderes Zeug mitzubringen - Shampoos und Cremes und Gott weiß was sonst noch. Sie hatte eine Einkaufsliste für mich gemacht, auf der auch noch eine Zeitschrift stand. Ich machte eine zweite Runde durch den Supermarkt, um danach zu suchen. Als ich in einen Gang einbog, rannte ich in Amanda hinein.
»Du meine Güte«, sagte sie. Sie hielt einen Einkaufskorb, den sie kaum tragen konnte.
»Amanda«, sagte ich, »ähm, hallo …«
Als ich den Landstreicherlook für meinen Ausflug in den Supermarkt gewählt hatte, hatte ich mich darauf verlassen, niemandem, den ich kannte, zu begegnen - am allerwenigsten Amanda mit ihren sehr genauen Vorstellungen von korrekter Kleidung.
»Wie geht es dir?«, fragte sie.
»Mir geht es gut, ja; ich relaxe einfach, weißt du. Ich will nachher Fußball sehen.«
»Wer spielt denn?«, fragte sie.
»United gegen Liverpool. Was
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