Dämenkind 2 - Kind der Götter
dringlichster Wunsch.«
»Man hat sie gezeugt , um ihn zu stürzen, Hauptmann. Das ist keinesfalls gleichzusetzen mit schicksalhafter Bestimmung. Dem Dämonenkind mangelt es an der eigenen Hingabe. Sie hat die ihr zugedachte Sendung nicht zu ihrem Anliegen erhoben, andernfalls wäre sie nicht zur Zitadelle unterwegs, sondern nach Karien.«
»Na und …? Glaubt Ihr, dass es Euch gelingt, sie für Eure Zwecke einzuspannen?«
»Xaphista ist der eine wahre Gott«, erklärte Meisterin Humbalda. »Das Dämonenkind wird seine Bundesgenossin werden und die Hauptgottheiten vernichten. Dass es so kommt, hat der Allerhöchste verkündet.«
Loclon erschien es wenig ratsam, sie auf die Widersinnigkeit ihres Geschwafels aufmerksam zu machen. Wenn Xaphista tatsächlich der einzige Gott war, wer hatte dann das Dämonenkind gezeugt? Und wenn es, wie der »Allerhöchste« behauptete, außer ihm keine Götter gab, wieso bestand dann ein Erfordernis, sie zu vernichten?
»Eure Aufgabe ist es, sie uns zuzuführen«, teilte Garanus ihm mit. »Gesund und unverletzt«, fügte er mit leichtem Stirnrunzeln hinzu.
»Mir ist Vergeltung zugesichert worden.«
»Und Vergeltung soll Euch zuteil werden«, beteuerte der Geistliche. »Nachdem das Dämonenkind Jüngerin des Allerhöchsten geworden ist, wird es sich gegen unsere und Eure Feinde wenden und sie austilgen.«
Diese Aussicht deckte sich keineswegs mit Loclons Vorstellungen. »Was soll ich tun?«
»Am Gründungsfesttag nehmt Ihr am Umzug teil, nicht wahr?« Loclon nickte. Vor dieser Verpflichtung
durfte niemand sich drücken. »Die Erste Schwester wird sich zum Schluss zeigen. Zweifellos hat sie den Feiertag als Tag ihrer Wiederkehr gewählt, um den allerstärksten Eindruck zu hinterlassen.«
»Die Erste Schwester schätzt großkotzige Auftritte«, bemerkte Meisterin Humbalda voller Verachtung.
»Ihr teilt Euch ihrer Umgebung zu und bleibt in ihrer Nähe.«
»Ich mich zuteilen? Ihr versteht wenig vom HüterHeer, Gottesmann. Man teilt sich nicht selbst irgendwelche Tätigkeiten zu.«
»Wenn Ihr nahebei seid, wenn sie eintrifft, und freiwillige Einsatzbereitschaft zeigt, könnt Ihr, dessen bin ich mir sicher, durch Kühnheit Erfolg verzeichnen.«
»Und wie verhält's sich bezüglich R'shiels?«
»Wahrscheinlich seht Ihr sie gar nicht. Es mag sein, dass sie sich durch einen Tarnzauber jeglichem Blick entzieht. Aber ohnedies ist es nicht sie, mit der Ihr Euch befassen sollt. Ein Mann begleitet sie, ein HarshiniHalbblut namens Brakandaran. Ihn müsst Ihr töten.«
Loclon zuckte die Achseln. »Und was dann?«
»Wenn Ihr uns den Beweis für Brakandarans Tod erbracht habt, erörtern wir das günstigste Vorgehen in Bezug auf R'shiel.«
Diese Vereinbarung stimmte Loclon durch und durch zufrieden. »Bist du ganz sicher, Gottesmann, dass du weißt, mit wem du dich anlegst? Dieser Plan jedenfalls ist beileibe nicht ›das günstigste Vorgehen‹ gegen R'shiel. Sie ist schließlich eine gemeingefährliche Hexe.«
»Es ist durchaus möglich, das Dämonenkind an die Kandare zu nehmen, Hauptmann. Ihre Stärke ist gleich
zeitig ihre Schwäche.« Garanus langte unter die Kutte und brachte eine silberne Halskette zum Vorschein, die einen mit Edelsteinen verzierten Verschluss in Gestalt des Stern-und-Blitz-Zeichens des »Allerhöchsten« hatte. »Das hier wird ihre Fügsamkeit gewährleisten.«
»Du bildest dir ein, für derlei Tand wechselt sie die Seite?«, spottete Loclon.
»Dank dieses ›Tands‹, wie Ihr es nennt«, erwiderte der Priester mit bösartigem Schmunzeln, »wird das Dämonenkind alles tun, was Ihr verlangt. Je mehr Kräfte sie aufbietet, um sich zu wehren, umso schlimmer wird es für sie sein.«
Loclon nahm die Halskette zur Hand und betrachtete sie versonnen. »Sie wird alles tun, sagst du?«
Der Geistliche nickte. »Alles.«
Wolkig und trüb zog der Gründungsfesttag herauf. Niedrige Gewitterwolken versprachen Regen, und kalter, böiger Wind krallte sich mit eisigen Klauen in jeden Schlitz der Gewänder. Rund um den Schwester-FrancilSaal hatte sich eine dicht gedrängte Menschenmenge versammelt, um bei der Rückkehr der Ersten Schwester einen Blick auf sie erhaschen zu können, aber die Leute befanden sich in gedämpfter Stimmung. Eigentlich war es zu kalt, um auf der Straße zu stehen, zu warten und den Festtagsumzug anzuschauen; die Gedanken vieler Anwesender gingen schon zu den Feuern, die man unterdessen im Amphitheater entfachte, und dem warmen Essen, das man dort
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