Dämenkind 2 - Kind der Götter
groß, und wir trödeln beileibe nicht. Nachdem wir den Gläsernen Fluss überquert haben, hat er keinerlei Aussicht mehr, uns noch irgendwo abzufangen.« Damin blieb stehen und zog Adrina an sich, küsste zärtlich ihre Stirn. »Quäle dich nicht mit Sorgen.«
Adrina lehnte den Kopf an seine Schulter und genoss es, in seiner Umarmung zu verweilen; er war selbst davon überrascht, welches Maß an Trost es ihr spendete. Es war tatsächlich bedauerlich, dass sie es mit einem Hythrier zu tun hatte. Sie könnte sich leicht an seine Nähe gewöhnen. Sich so sicher zu fühlen, so …
»He, schlaf mir hier nicht ein«, schalt Damin. »Ich trage dich nicht den gesamten Weg zurück.«
Verdrossen darüber, dass er sie aus ihren wohligen, wenngleich weltfremden Träumen geschreckt hatte, suchte Adrina von ihm Abstand. »Bisweilen bist du so roh … Meines Erachtens nur um mich zu ärgern.«
»Mag sein, dass ich etwas roh bin«, antwortete Damin schmunzelnd, »aber zu tragen gedenke ich dich auf keinen Fall.«
»Ein echter Edelmann täte es mit Vergnügen.«
»Allein aus dem Grund, weil alle echten Edelleute geborene Schwachsinnige sind, die im Schädel mehr Stroh als Hirn haben. Als herausragendes Musterbild ließe sich dein Gemahl anführen.«
»Du weißt, dass ich ihn mir nicht selbst erwählt habe.«
»Was immerhin, will ich meinen, für deinen erlesenen Geschmack spricht. Komm, wir sollten besser umkehren, bevor Tarjanian Männer nach uns auf die Suche schickt.«
Adrina unterdrückte ein Gähnen und fasste Damins Hand. Gemeinsam strebten sie zurück zum Feuer. Vor ihnen lag die Gelegenheit zu einem geruhsamen Nachtschlaf. Adrina musterte den Kriegsherrn von der Seite, während sie durch das Wäldchen schlenderten, und ermahnte sich streng, daran zu denken, dass Damin Wulfskling ungemein berückend sein konnte, wenn es ihm beliebte, aber an erster und wichtigster Stelle nichts anderes war als ihr Feind. Sein Wunsch, sie von Cratyn getrennt zu sehen, beruhte ausschließlich auf staatsklugen Überlegungen – eine Tatsache, die sie keinesfalls vergessen durfte.
Schon in aller Morgenfrühe setzten sie den Ritt fort. Die arme Tamylan war den Tränen nah, als sie mühselig wieder aufs Pferd stieg, dagegen stellte Adrina fest, dass sie sich tatsächlich besser als erwartet fühlte. Obgleich sie es vorgezogen hätte, in der Gesellschaft Damins oder Tenragans zu reiten, nahm sie erneut ihren Platz in der Mitte der Kolonne ein, zwischen berittenen Hythriern, Hüter-Kriegern und Fardohnjern, die Weisung hatten, eher zu sterben, als ihr etwas zustoßen zu lassen.
Sie hielten sich auf der stark gewundenen Landstraße nach Hirschgrunden, teils weil sie den kürzesten Weg zum Gläsernen Fluss bedeutete, teils um etwaige Verfolger hinsichtlich der Größe ihrer Schar zu täuschen. Von der Grenze waren sie in beträchtlicher Anzahl aufgebrochen, und dass sie sich inzwischen verkleinert hatte, brauchte niemand zu wissen. Hinter und vor dem Kern der Truppe streiften Späher durch die Umgebung, beobachteten sie auf erste Anzeichen einer Verfolgung oder unvermutete Gefahren. Nach Medalons Unterwerfung mussten sie alle Hüter, die nach Norden strebten und ihnen begegneten, als Feinde betrachten. Damin und Tenragan stimmten darin überein, dass es unter diesen Umständen klüger war, etwaigen Widersachern auszuweichen, als sich in unnütze Scharmützel zu verstricken.
Adrina hörte zu, während sie, den Kopf in Damins Schoß gelegt, des Abends am Lagerfeuer ihre Pläne erörterten. Gerade als Tenragan zu erläutern anfing, welche Absichten er mit den Männern hatte, die ihn bei Testra erwarteten, schlummerte Adrina ein.
Inzwischen verstand sie, weshalb Jenga darauf beharrt hatte, dass Tenragan seinen Austritt aus dem Hüter-Heer erklärte, und wieso es sein Wunsch gewesen war, dass der Hauptmann über die Grenze floh, solange sich ihm noch eine Gelegenheit bot. Es hing wenig mit der Zuneigung des Hochmeisters zu Tenragan zusammen. Der Hauptmann war äußerst erfahren im Kleinkrieg, daher wollte Jenga, dass er wider die Karier auf die gleiche Weise vorging, wie er früher, als Anführer der Heiden-Rebellen, gegen das Hüter-Heer gehandelt
hatte. Zwar unterstand Tenragan eine zu geringe Streitmacht, um die Karier zu größeren Gefechten herauszufordern, aber er war dazu fähig, ihnen das Leben in Medalon in hohem Maße zu verleiden.
Im Schlaf träumte Adrina von Hinterhalten, Anschlägen und Überfällen, die an ihr völlig
Weitere Kostenlose Bücher