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Dämenkind 2 - Kind der Götter

Dämenkind 2 - Kind der Götter

Titel: Dämenkind 2 - Kind der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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an der Nordgrenze und sah vermutlich schon als Häftling der Karier seiner Hinrichtung entgegen. Damin Wulfskling war entweder gleichfalls ein Gefangener der Karier oder befand sich auf der Flucht nach Hythria. Weil so viele Xaphista-Priester durch die Lande streiften, wagten sich die Harshini nicht aus dem Sanktuarium. Und die
    Hauptgottheiten … Glaubte man Xaphista, so waren sie ohnehin die eigentlichen Urheber ihres Unglücks.
    Nachdem sie so in Gedanken ein Verzeichnis all jener gemacht hatte, von denen unter Umständen Hilfe zu erhoffen sein mochte, musste sie sich schlechterdings damit abfinden, voll und ganz auf sich gestellt zu sein. Wenn ihr Rettung zuteil werden sollte – falls sie Rettung erstrebte –, dann hatte sie selbst dafür zu sorgen.
    Die Harshini-Kräfte, denen sie verdankte, das zu sein, was sie war, blieben ihr auf zermürbende Weise stets zum Greifen nah und doch unerreichbar. Sie spürte sie, fühlte ihre verlockende Macht, aber der Schmerz, der ihr den Zugriff versagte, überbot an Stärke jede Mauer. Nur durch das Ablegen der Halskette erhielt sie wieder die Gelegenheit, die Harshini-Magie anzuzapfen, doch ohne den mindesten Zweifel ließ Xaphista es dazu nicht kommen, bevor er sich dessen sicher sein durfte, dass sie ohne jede Einschränkung auf seiner Seite stand. Ihn täuschen zu wollen entbehrte jeglichen Sinns. Er war ein Gott. Er hatte die Fähigkeit, ihr in die Seele zu schauen. Sollte er ihr jemals aus Bereitwilligkeit die Halskette entfernen, dann nur, weil er genau wusste, dass sie für ihn keine Bedrohung mehr darstellte.
    In dieser Art der Errettung jedoch sah sie keinen gangbaren Ausweg.
    Oder vielleicht bot sich darin doch ein Ausweg. Vielleicht war Xaphista im Recht. Weshalb sollte sie den ihr von den Hauptgottheiten vorgezeichneten Weg gehen, obwohl doch gerade sie an so vielen ihrer Leiden die Schuld trugen? Warum sollte sie sich eigentlich nicht
    auf Xaphistas Seite schlagen? Dann läge ein behagliches Leben vor ihr. Als Hohepriesterin des Allerhöchsten genösse sie unbegrenzte Macht. Sie könnte alles haben, was sie wünschte. Xaphista würde Loclon austilgen, wenn sie darum bat; und Tarjanian verschonen, wenn sie es verlangte.
    Ich erfülle alle deine Wünsche.
    Diese Überlegung war sehr, sehr verführerisch.
    Komm auf meine Seite, Dämonenkind. Zaudere nicht!
    Dennoch zögerte R'shiel mit der Antwort. Nicht allein wegen der Bedeutsamkeit eines solchen Beschlusses, sondern ebenso, weil sie in diesem Augenblick vor dem Zelt Stimmen vernahm, die ihren Ohren verschwommen bekannt vorkamen. Sie setzte sich aufrecht hin und strengte das Gehör an, um den Wortwechsel zu belauschen. Da plötzlich flog der Zelteingang auf, und Tarjanian kam herein.
    Zunächst starrte er sie nur stumm an. Vermutlich verlieh der unstete Schein der Kerze neben der Schlafstatt R'shiel ein umso schauerlicheres Äußeres. Die Blutergüsse waren verheilt, und das Haar war mittlerweile immerhin so weit nachgewachsen, dass sie auf dem Schädel keine kahlen Stellen mehr hatte, aber sie wusste, sie sah schrecklich aus: dürr und ausgemergelt. Und sie hatte sich so tief ins eigene Innere verkrochen, dass eine Umkehr fast ausgeschlossen zu sein schien.
    »R'shiel?«
    Schaue ich dermaßen abschreckend aus, dass er mich nicht erkennt?
    Wende dich von ihm ab, Dämonenkind. Er kann dir nicht zu der Seligkeit verhelfen, die ich dir verheiße. Komm zu mir,
    mein Kind. Bei mir findest du alles, was du jemals ersehnt hast.
    Aber eben da irrte sich Xaphista. Alles, was sie je ersehnt hatte, stand vor ihr: Tarjanian, wenngleich mit einem Ausdruck der Bestürzung und Verzweiflung in der Miene.
    Es hatte den Anschein, als bedeutete sein Aufkreuzen für sie etwas Ähnliches wie ein Anker. Sie klammerte sich daran fest, wie ein Kletterer, der in einer so tiefen Grube steckte, dass die Helligkeit droben nur einem winzigen Lichtpünktchen glich, sich Hand um Hand an einem langen Seil emporhangelte.
    »R'shiel? Weißt du, wer ich bin?«
    Sie nickte. Zu mehr blieb sie außer Stande.
    Ein andeutungsweises Lächeln der Erleichterung umspielte Tarjanians Lippen, dann trat er näher und fasste R'shiels Hand.
    »Ich bringe dich in die Freiheit«, erklärte er, als ersähe er, welche Mühe es ihr abforderte, die Geschehnisse zu begreifen. »Draußen müssen wir uns verhalten, als hätte alles seine Ordnung.«
    Kehrst du dich nun von mir ab, findest du niemals Frieden!
    R'shiel war unfähig zum Sprechen und nickte ein zweites

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