Dämenkind 2 - Kind der Götter
und aus der Bergeshöhe wirkten die getroffenen Abwehrmaßnahmen beklagenswert unzulänglich.
»Ich habe eine höhere Zahl von Ordensrittern erwartet«, bekannte Garet Warner, nachdem er von Tarjanian das Fernrohr erhalten und sich das Heerlager der Karier angesehen hatte.
»Nun, das ist eben der Nachteil des Lehenswesens«, äußerte Damin in verständigem Ton. »Es kostet eine furchtbar lange Zeit, ein Heer zu sammeln. Man muss geschuldete Gefälligkeiten einfordern, Bestechungen austeilen, Kinder vermählen und die Herzöge davon überzeugen, dass der beabsichtigte Krieg Gewinn einträgt. Eine gewaltige Verschwendung von Zeit und Geld, wenn man mich fragt. Stehende Heere sind weitaus wirksamer einsetzbar.« Der blonde Hythrier furchte die Stirn, als er Warners verwunderten Blick gewahrte. Offenkundig mochte Damin den Obristen nicht, und ebenso wenig schenkte er ihm Vertrauen. »Vergesst nicht, ich bin keineswegs irgendein dumpfhirniger Barbar. Sogar Kriegsherren bedürfen der Bildung. Was habt Ihr an kriegskundlichem Wissen von mir erwartet? Dass ich brülle: Ich Kriegsherr, ich hau Karier tot!, oder wie?«
Garet Warner schmunzelte verkniffen. »Das nicht unbedingt …«
Unversehens lächelte Damin Wulfskling und kroch rückwärts fort von der Felskante. Er setzte sich an den Felsen, lehnte sich im Schatten zurück und streckte die langen Beine aus. Dann schlug er die Füße übereinander und trank einen ergiebigen Zug aus dem Wasserschlauch.
»Erneut habt Ihr mich unterschätzt, Obrist«, stellte er fest und gab den Schlauch, während sich Warner dem Kriegsherrn zukehrte, weiter an Tarjanian. »Doch um Euch Aufklärung zu verschaffen: Ich bin von den fähigsten Lehrern Hythrias unterwiesen worden. Und ich habe Recht. Da die Karier kein stehendes Heer unterhalten, müssen sie, wenn sie ein großes Heer ins Feld führen wollen, es erst langwierig zusammenscharen. Darin
ist ein unseliger Mangel zu erblicken. Jasnoffs Vasallen müssen ihm jedes Jahr bloß sechzig Tage Kriegsdienst ableisten, das heißt, wenn sie hier an der Grenze eintreffen, ist es fast schon Zeit zur Heimkehr, aber sie dürfen nicht fort, weil die Xaphista-Kirche eine entschiedene Befürworterin des Krieges ist. Aber sogar im Kampf zum Ruhme des Allerhöchsten schwindet die Lust, wenn er nur Geld frisst und keine Beute in Aussicht steht.« Fahrig schlug Damin nach einer lästigen Mücke. »Ihr Medaloner habt euch auf das Richtige verlegt: den Kriegeradel beseitigt, Aufstieg nach Verdienst ermöglicht und ein stehendes Heer geschaffen.«
»Das Richtige? Sollte sich diese Erkenntnis in Hythria durchsetzen, droht Euch der Sturz.«
Tarjanian überlegte, ob er Garet Warner darauf hinweisen sollte, wie wenig ratsam es war, sich mit dem Kriegsherrn auf ein Streitgespräch über die Vorzüge und Nachteile unterschiedlicher Herrschaftsverhältnisse einzulassen.
»Übler noch, Obrist. Ich wäre der Erste, dessen Kopf rollte. Mein Onkel ist Großfürst von Hythria. Leider bin ich sein Erbe.«
»Leider?«, wiederholte Tarjanian.
»Den hythrischen Thron zu erlangen wird keine leichte Sache sein, und ihn zu behalten eine noch schwierigere Aufgabe. Die anderen Kriegsherren erachten mich als ein wenig … frühreif, könnte man sagen. Vielleicht kommt ein Tag, an dem ich Medalon um Beistand ersuchen muss. Vorausgesetzt natürlich, die Karier und ihre fardohnjischen Bundesgenossen ringen uns nicht durch ihre Übermacht nieder, sodass sie uns zermalmen.«
Schon lange hatte Tarjanian die Frage beschäftigt, was wohl der Preis für Damin Wulfsklings Hilfe sein mochte. »Ich bin mir ganz sicher, dass sich Medalon, wenn dieser Tag anbricht, an deine Hilfeleistung erinnert.«
»Ihr geht mit Euren Versprechungen reichlich freimütig um, Tarjanian«, meinte Garet Warner. »Noch seid Ihr nicht der Oberste Reichshüter.«
Tarjanian warf dem Obristen einen Blick zu, aber er gab ihm keine Antwort.
»Fürs Erste, so glaube ich, droht uns kein Ansturm«, äußerte Damin. »Sicherlich kann Jasnoff seine Ritter ohne Umschweife über die Grenze senden, aber bis die weiteren Truppen seines Heers eintreffen, bleibt uns noch eine gewisse Frist. Für den Fall, dass sie nicht bald eintreffen, bricht dann der Winter herein.«
»Darauf wage ich nicht zu hoffen«, entgegnete Tarjanian. »Den Kariern muss vollauf klar sein, wie schwer ein Winterfeldzug zu führen ist.«
»Jasnoffs Oberbefehlshaber ist Fürst Setenton«, antwortete Damin. »Er blickt auf zu große Erfahrung
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