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Dämmerschlaf - Roman

Dämmerschlaf - Roman

Titel: Dämmerschlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Wharton
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von ihrem Vater, ihn einzulade n … er wisse es unendlich zu schätze n … werde sich demnächst mit ein paar Zeilen bedanke n … auch Jim sei dankbar, dass sein Vater in die Einladung einbezogen worden se i … Nur, nein, wirklich, er habe nicht länger bleiben können, nicht unter diesen Umstände n …
    «Welche Umstände, Punkt A? Weil du die Morgenzeitungen erst vierundzwanzig Stunden später bekommen hast?»
    Wyant runzelte die Stirn, schaute sie scharf an und gab ein nervöses, zerknittertes Lachen von sich. «Unverschämter Fratz!»
    «Jetzt sei doch ehrlich, du hast dich zu Tode gelangweilt. Der ‹Einklang mit der Natur› war zu viel für dich. Du hast es nicht ausgehalten. Das können nur wenige.»
    «Nein, so untätig wie Jim kann ich wirklich nicht sein.»
    «Jim gefällt es eben dort unten. Ich bin so froh, dass du ihn überredet hast zu bleiben.»
    Wyant runzelte wieder die Stirn und schaute an ihr vorbei auf einen unsichtbaren Widersacher. «Das war so ziemlich das Einzige, wozu ich ihn überreden konnte.»
    Nona hatte sich soeben eine Zigarette angezündet und ließ die Hand sinken. «Wozu wolltest du ihn denn noch überreden?»
    «Wozu noch? Ja – dass er handelt, verdammt noch mal, dass er Stellung bezieh t … den Dingen ins Auge blick t … die Suppe auslöffelt.» Er kam vor lauter Metaphern ins Stocken und tauchte seinen struppigen Schnurrbart in den Kaffee.
    «Welchen Dingen?»
    «Nun ja: Kann er seine Frau nun halten oder nicht?»
    «Er sagt, das muss Lita entscheiden.»
    «… Lita entscheiden! Das ist nur eine Ausrede für seine verdammte, gefühlsduselige Trägheit. Ein Mann – mein Sohn! Mein Gott, was ist nur mit den jungen Männern los? Sie sitzen untätig da und schauen nur z u …! Nona, könnte ich nicht ein Gespräch mit deiner Mutter vereinbaren?»
    «Du führst gerade eins mit mir. Genügt das nicht fürs Erste?»
    Er lachte wieder unbestimmt, sie streckte ihm ihre Zigarette hin und er entzündete die seine daran. Nona wusste, dass er die Besuche ihrer Mutter als Schikane empfand, über ihre Anzahl aber sorgfältig Buch führte und sich insgeheim ärgerte, wenn er von Paulines anderen Terminen «verdrängt» zu werden glaubte. «Sie kommt doch bestimmt manchmal in die Stadt, nicht wahr?»
    «Manchmal – aber das ist dann eine einzige Hetzerei! Und wir fahren demnächst zurück. Sie muss alles fertig machen für den Empfang des Kardinals.»
    «Ein großes Ereignis, ich hab’s gehört. Amalasuntha hat gestern bei mir vorbeigeschaut. Sie sagt, Lita sei wieder ganz aus dem Häuschen, seit dieser miese Michelangelo einen Filmvertrag hat, und dein Vater sei fuchsteufelswild. Stimmt das?»
    «Die Familie ist es noch nicht gewohnt, auf Plakatwänden zu erscheinen. Aber das ist nur eine Frage der Zeit.»
    «Ich meinte fuchsteufelswild nicht wegen Michelangelo, sondern wegen Lita.»
    «Vater erweist sich bei Lita als prima Kerl.»
    «Aha. Soso. Sehr großherzig. Danke, nein, keine Zigarr e … Wenn Lita einen prima Kerl braucht, dann begreife ich nicht, warum diese Aufgabe nicht ihr Ehemann übernimmt. Aber du wirst mich sicher darüber aufkläre n …»
    «Ja, das werde ich. Bitte betrachte dich als bereits aufgeklärt, denn ich muss jetzt wieder ins Krankenhaus.»
    «Die Aufgabe des modernen Ehemanns ist rein passiv, nicht wahr? Siehst du das auch so? Wenn du zu ihm gehst und sagst: ‹Was ist mit diesem verdammten Schurken und deiner Frau › …»
    «Welchem verdammten Schurken?»
    «Oh, ich meine niemande n … niemand Konkrete n … und er antwortet dir: ‹Ja, aber was soll ich da machen?› Und du sagst: ‹Und deine Ehre, Mann, was ist mit deiner Ehre?› Und er sagt: ‹Was hat das mit meiner Ehre zu tun, wenn meine Frau mich satthat?› Und du sagst: ‹Mein Gott! Aber der ander e … willst du dem nicht die Knochen brechen?› Und er sitzt da und schaut dich nur an und sagt: ‹Für sie in den Ring steigen? › … Mein Gott! Ich geb es auf. Mein eigener Sohn! Wir sprechen einfach nicht dieselbe Sprache.» Er lehnte sich zurück, die langen Beine unter den Tisch gestreckt, den großen, ungelenken Körper verrenkt vor Anstrengung, sich militärisch stramm zu halten, als wollte er mit seinen Muskeln vorführen, wie die moralische Haltung seines Sohnes auszusehen hätte. «Verdammt noch mal, es sprach einiges für ein Duell.»
    «Und wem sollte Jim seine Sekundanten schicken? Michelangelo oder Klawhammer?»
    Er starrte sie an und lachte. «Haha! Das ist gut. Klawhammer!

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