Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
Vom Netzwerk:
vorhaben.«
    »Tja.« Loyal strich sich übers Kinn und dachte darüber nach. Er war dürr und hager, Anfang fünfzig und schon seit fast dreißig Jahren als Pferdetrainer auf Davenport angestellt. Die langen Stunden im Freien hatten sein Gesicht braun und lederhart werden lassen, und ein Netzwerk von Runzeln durchfurchte es. Er aß, lebte und atmete mit den Tieren und konnte sich nicht vorstellen, irgendeinen anderen Beruf auszuüben. Bloß weil jedermann mit dem Training wartete, bis die Fohlen ein Jahr alt waren, mußte es ja nicht immer dabei bleiben. Roanna war da auf gar keine so schlechte Idee verfallen. Die Pferde sollten sich daran gewöhnen, daß die Menschen ihre Mäuler und Hufe bearbeiteten; am Ende war es für Mensch und Tier wirklich leichter, wenn man gleich nach ihrer Geburt damit begann, anstatt sie ein Jahr lang ungebändigt herumlaufen zu lassen. Das dürfte die Nervosität und Unruhe der Fohlen ganz sicher mindern und auch das Leben der Hufschmiede und Tierärzte erleichtern.
    »Ich will dir was sagen«, meinte er. »Das nächste Fohlen kommt erst im März, wenn Lightness ihres wirft. Wir werden mit dem anfangen und sehen, was dabei herauskommt.«
    Roannas Gesicht erhellte sich, und ihre braunen Augen funkelten beinahe golden vor Entzücken – und einen Moment lang war Loyal sprachlos, wie hübsch sie aussah. Es überraschte ihn maßlos, denn Roanna war wirklich ein unscheinbares kleines Ding mit ihren derben, fast maskulinen Zügen in dem schmalen Gesicht; aber einen flüchtigen Augenblick lang hatte er sie so wahrgenommen, wie sie bald als Erwachsene aussehen würde. Nie würde sie die Schönheit werden, die Miss Jessie war, dachte er realistisch, aber in ein paar Jahren konnte sie bestimmt ein paar Leute beeindrucken. Der Gedanke machte ihn glücklich, denn Roanna mochte er am liebsten. Miss Jessie war zwar keine schlechte Reiterin, aber sie liebte seine Babys nicht so wie Roanna und kümmerte sich deshalb auch nicht so um das Wohlergehen ihres Reittiers, wie sie es hätte sollen. In Loyals Augen war das eine unverzeihliche Nachlässigkeit.
    Um halb zwölf kehrte Roanna widerwillig ins Haus zurück, da es bald Mittagessen gab. Sie hätte die Mahlzeit am liebsten ausgelassen, aber Großmutter würde jemanden hinter ihr herschicken, wenn sie nicht auftauchte; also konnte sie ihnen allen die Mühe von vornherein ersparen. Aber sie hatte – wie üblich – zu spät Schluß gemacht, so daß ihr nicht mehr viel Zeit blieb, als sich rasch zu duschen und umzuziehen. Sie fuhr eilig mit dem Kamm durch ihr nasses Haar und rannte dann die Treppe hinunter. Kurz vor der Tür zum Eßzimmer kam sie schließlich atemlos zum Halten. Dann öffnete sie sie und trat in einem etwas würdevolleren Tempo ein.
    Alle saßen bereits am Tisch. Tante Gloria blickte bei Roannas Eintreten auf und preßte wie gewohnt mißbilligend die Lippen zusammen. Großmutter warf einen Blick auf Roannas nasses Haar und seufzte, sagte aber nichts. Onkel Harlan schenkte ihr sein verlogenes Gebrauchtwarenhändlerlächeln; aber zumindest schimpfte er nie mit ihr, also verzieh ihm Roanna, daß er die emotionale Tiefe einer Bratpfanne besaß. Jessie jedoch ging sofort zum Angriff über.
    »Du hättest dir zumindest die Zeit nehmen können, deine Haare zu fönen«, meinte sie gedehnt. »Obwohl wir wahrscheinlich dankbar sein müssen, daß du geduscht hast und nicht mit deinen Stalldüften zum Essen kommst.«
    Roanna glitt auf ihren Sitz und heftete den Blick auf ihren Teller. Sie machte sich gar nicht die Mühe, auf Jessies Sticheleien zu reagieren. Das zog nur noch mehr Bosheiten nach sich, und Tante Gloria würde es als Gelegenheit auffassen, auch noch ihren Senf dazuzugeben. Die kleine Cousine war an Jessies Gift gewöhnt; aber Glorias und Harlans Einzug auf Davenport bedauerte sie außerordentlich, und sie hatte das Gefühl, eine Bemerkung von Tante Gloria würde ihr zur Gänze den Magen zuschnüren.
    Tansy servierte den ersten Gang, kalte Gurkensuppe. Roanna haßte Gurkensuppe und rührte lediglich mit dem Löffel darin um, versuchte, die kleinen grünen Kräuterstücke, die auf der Oberfläche schwammen, zu versenken. Immerhin knabberte sie an einer von Tansys selbstgebackenen Mohn semmeln und händigte dann nur zu bereitwillig ihren Teller aus, um den nächsten Gang in Empfang zu nehmen, mit Thunfisch gefüllte Tomaten. Sie mochte gefüllte Tomaten. Die ersten paar Minuten verbrachte sie damit, peinlich genau alle Sellerie- und

Weitere Kostenlose Bücher