Daemmerung der Leidenschaft
aufzureißen schaffte sie mühelos – man brauchte ihnen bloß einen Wink zu geben, und schon kamen sie gerannt. Zum ersten Mal hatte sie es mit sechzehn praktiziert und es sofort als eine köstliche Methode, Macht über Männer auszuüben, erkannt. Oh, freilich hatte sie so getan als ob, als sie und Webb endlich heirateten, hatte gewimmert und sogar die eine oder andere Träne herausgequetscht, damit er dachte, sein großer böser Schwanz würde ihrer armen jungfräulichen Muschi tatsächlich wehtun – aber innerlich verhöhnte sie ihn, daß er sich so leicht täuschen ließ.
Und sie hatte triumphiert, denn nun würde endlich sie die Macht in ihrer Beziehung übernehmen. Nach Jahren, in denen sie immer schön Kotau vor ihm hatte machen müssen, dachte sie, an der Reihe zu sein. Früher nahm sie törichterweise immer an, ihn besser manipulieren zu können, wenn sie einmal verheiratet waren und sie ihn jede Nacht in ihrem Bett hatte. Der Himmel wußte, daß die meisten Männer das Hirn in der Hose trugen. All ihre diskreten Affären hatten sie gelehrt, daß sie die Männer fertigmachte, sie total auspowerte; und alle hatten es mit einem breiten Grinsen eingeräumt. Jessie war stolz darauf, einen Mann bis zur totalen Erschöpfung bumsen zu können. Sie hatte alles so gründlich geplant: bumse Webb jede Nacht bis zur Bewußtlosigkeit, dann ist er tagsüber wie Wachs in deinen Händen.
Aber weit gefehlt! Ihre Wangen brannten vor Demütigung, während sie ihr Pferd über einen seichten Bach lenkte, wobei sie darauf achtete, daß ihre frisch polierten Stiefel nicht mit Schlamm bespritzt wurden. Zum einen war oft genug sie diejenige, die die Grenzen der Erschöpfung erreichte. Webb konnte es stundenlang treiben, und seine Augen, mit denen er sie wachsam beobachtete, blieben immer kühl, egal wie heftig sie sich aufbäumte und mit den Hüften kreiste und ihn durcharbeitete – als ob er das Ganze als einen Wettbewerb betrachtete und sie um gar keinen Preis gewinnen ließe. Sie hatte nicht lange gebraucht, um zu merken, daß er ausdauernder war als sie und daß sie diejenige war, die völlig fertig und mit wund pochendem Schoß auf den zerwühlten Laken liegenblieb. Und egal wie heiß der Sex war, egal wie sehr sie auch saugte oder rieb oder sonstwas machte, unmittelbar danach stieg Webb aus dem Bett und wandte sich seinen Geschäften zu, als ob nichts geschehen wäre. Sie konnte schauen, wo sie dabei blieb. Nun, sie wollte verdammt sein, wenn sie sich das gefallen ließ!
Ihre größte Waffe, Sex, hatte sich bei ihm als wirkungslos erwiesen, und sie hätte am liebsten laut geschrien vor Empörung. Er behandelte sie mehr wie ein ungezogenes Kind als wie eine Erwachsene und Ehefrau. Zu dieser Göre, Roanna, war er netter als zu ihr. Sie hatte es einfach satt, immer zu Hause zurückgelassen zu werden, während er in alle Landesteile jettete, elender Mistbock! Er behauptete, es wäre geschäftlich, aber sie war sicher, daß er mindestens die Hälfte seiner »dringenden Geschäftsreisen« nur im letzten Moment erfand, damit sie ja keinen Spaß hatte. Erst letzten Monat war er an dem Tag, an dem sie eigentlich einen Urlaub auf den Bahamas antreten wollten, nach Chicago geflogen. Und dann dieser Trip nach New York, vorige Woche. Er war drei Tage fort gewesen. Sie hatte ihn angefleht, sie mitzunehmen, war bei dem Gedanken an all die Geschäfte, die Theater und Restaurants vor Aufregung fast gestorben; doch er hatte ihr erklärt, keine Zeit für sie zu haben, und war ohne sie abgezogen. Einfach so. Der arrogante Bastard; wahrscheinlich trieb er es mit einer albernen Sekretärin und wollte sich den Spaß nicht durch seine Frau verderben lassen.
Aber sie hatte sich gerächt. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus, während sie ihr Pferd anhielt und den Mann ansah, der sich bereits auf einer Decke unter dem großen Baum in der versteckten kleinen Lichtung ausgestreckt hatte. Es war die köstlichste Rache, die sich ein Mensch vorstellen konnte, und ihre überwältigende Reaktion auf ihn machte die Sache nur um so süßer. Manchmal erschreckte es sie, daß sie ihn so wild und heftig begehrte. Er war ein Tier, vollkommen amoralisch und auf seine Weise ebenso rücksichtslos wie Webb, wenn ihm auch dessen kühler, präziser Intellekt fehlte.
Sie erinnerte sich an ihre erste Begegnung. Das war nicht lange nach Mamas Begräbnis gewesen, als sie nach Davenport gezogen und Großmutter dazu überredet hatte, ihr Zimmer vollkommen
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