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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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doppelte Glastür auf den Balkon hinaus, der das erste Stockwerk vollständig umspannte. Dann schritt sie entgegengesetzt ringsherum, bis sie ihre eigene Balkontür erreichte und rasch in ihr Zimmer schlüpfte.
    Sie wußte nicht, ob sie Jessie je wieder in die Augen blicken könnte, ohne zu schreien und ihr albernes Lärvchen zu ohrfeigen. Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie wischte sie zornig beiseite. Weinen hatte noch nie geholfen; es hatte Mom und Daddy nicht zurückgebracht, keiner mochte sie deswegen lieber, und es hatte schon gar nicht Webb davon abgehalten, Jessie zu heiraten. Seit langer Zeit kämpfte sie bereits ihre Tränen zurück und tat, als ob ihr nichts wirklich etwas ausmachte – selbst wenn sie an ihrem inneren Schmerz und dem Gefühl der Erniedrigung oft beinahe erstickte.
    Aber es war ein solcher Schock gewesen, Jessie und den Mann zu sehen, wie sie sich tatsächlich vereinten. Sie war nicht dumm und schon öfter in Filmen für Erwachsene gewesen; aber dort sah man nie wirklich was, außer die Titten von der Frau, und alles war mit Softfilter geschönt und romantischer Musik untermalt. Und einmal hatte sie die Pferde dabei beobachtet, doch eigentlich nicht richtig, da sie sich zwar zu diesem Zweck in den Stall geschlichen, aber keinen guten Beobachtungsposten gefunden hatte. Die Laute jagten ihr Angst und Schrecken ein, und seitdem hatte sie es nie wieder versucht.
    Doch die menschliche Realität war ziemlich anders und mitnichten romantisch. Hier war sie Roheit und Brutalität begegnet, die sie am liebsten aus ihrem Gedächtnis gelöscht hätte.
    Sie nahm noch schnell eine Dusche, dann fiel sie physisch und emotional vollkommen erschöpft aufs Bett. Vielleicht würde sie ein wenig vor sich hin dösen; auf einmal war es dann viel dunkler im Zimmer, und draußen brach die Dämmerung herein, also hatte sie wohl das Abendessen verpaßt. Noch ein Minuspunkt auf dem Konto, dachte sie und seufzte.
    Sie war jetzt ruhiger, fühlte sich ein wenig benommen. Zu ihrer Überraschung hatte sie sogar Hunger. Mit ein paar sauberen Sachen angetan, trottete sie die Hintertreppe zur Küche hinunter. Tansy hatte das Geschirr bereits abgewaschen und war heimgegangen; aber in dem enormen Kühlschrank aus Edelstahl gab es immer jede Menge Überbleibsel von den Mahlzeiten.
    Während sie an einem kalten Hühnerbein und einer Semmel nagte, mit einem Glas Tee neben dem Ellbogen, ging auf einmal die Küchentür auf, und Webb spazierte herein. Er sah müde aus und hatte sowohl Jackett als auch Krawatte abgenommen. Das Jackett hatte er sich über die Schulter geworfen, wo es von einem abgewinkelten Finger baumelte. Die zwei obersten Knöpfe seines Hemds standen offen. Roannas Herz machte den üblichen Satz, als sie ihn erblickte. Selbst in diesem zerknitterten Zustand sah er himmlisch aus. Ihr wurde wieder ganz flau, als sie daran dachte, was Jessie ihm antat.
    »Ißt du noch immer?« fragte er in gespieltem Erstaunen, und seine grünen Augen funkelten.
    »Darf doch nicht vom Fleisch fallen«, gab sie zurück, um einen leichten Ton bemüht, der ihr jedoch nicht ganz gelang. In ihrer Stimme schwang ein Ernst, den sie nicht vollständig verbergen konnte, und Webb warf ihr einen scharfen Blick zu.
    »Was hast du jetzt schon wieder angestellt?« erkundigte er sich, nahm ein Glas aus dem Schrank, öffnete den Kühlschrank und goß sich Eistee ein.
    »Nichts Besonderes«, versicherte sie ihm und brachte sogar ein schiefes Lächeln zustande. »Ich hab beim Mittagessen meine große Klappe aufgerissen, und jetzt sind Großmutter und auch Tante Gloria stinksauer auf mich.«
    »Also, was war es diesmal?«
    »Wir haben uns über Autos unterhalten, und ich sagte, ich hätte neulich gelesen, daß protzige Autos oft bloß eine Penisverlängerung für den Eigentümer bedeuten.«
    Seine breiten Schultern zuckten, während er versuchte, einen Lachanfall zu unterdrücken, der schließlich in einem Husten endete. Er ließ sich in den Stuhl neben ihr fallen. »Mein Gott, Ro!«
    »Ich weiß.« Sie seufzte. »Es ist mir einfach so herausgerutscht. Tante Gloria hatte eine ihrer bissigen Bemerkungen über meine Tischmanieren gemacht, und da wollte ich ihnen eins auswischen.« Sie hielt inne. »Es hat funktioniert.«
    »Und Lucinda?«
    »Sie hat mich vom Tisch gewiesen. Ich hab sie seitdem nicht gesehen.«
    Sie rupfte an ihrer Semmel herum, bis sie nur noch aus einem Haufen Brösel bestand; doch auf einmal legte sich Webbs starke Hand über

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