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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Balkon, der sich um den gesamten ersten Stock des eleganten alten Hauses zog, war über die Außentreppe erreichbar, und diese befand sich auf Webbs und Jessies Zimmerseite. Außerdem besaß jeder Raum doppelte Balkontüren; es wäre geradezu lächerlich einfach für jedermann, die Treppe zu erklimmen und ungesehen ins Schlafzimmer zu gelangen. Vom Standpunkt der Sicherheit aus gesehen, stellte Davenport einen reinen Alptraum dar.
    Nun, vielleicht hatte Loyal ja etwas gehört. Seine Wohnung neben den Ställen war vielleicht nicht so schalldicht wie das massive Hauptgebäude.
    Yvonne verließ Roanna und trat direkt vor Booley. »Ich habe gehört, was Sie gesagt haben«, sagte sie in sehr ruhigem Ton, obwohl ihre grünen Augen ein Loch in ihn brannten. »Sie bellen den falschen Baum an, Booley Watts. Mein Sohn hat Jessie nicht umgebracht. Egal, wie wütend er auch war, wehgetan hätte er ihr nie.«
    »Unter normalen Umständen würde ich Ihnen beipflichten«, stimmte Booley zu. »Aber sie drohte, Lucinda dazu zu bringen, ihn aus ihrem Testament zu streichen, und wir alle wissen, was Davenport für ihn bedeutet ...«
    »Bullshit«, meinte Yvonne aus tiefstem Herzen und ignorierte Glorias mißbilligend zusammengekniffenen Mund. »Webb hätte das nicht eine Sekunde lang geglaubt. Jessie hat bei ihren Tobsuchtsanfällen immer übertrieben.«
    Booley blickte Lucinda an. Sie wischte sich über die Augen und bestätigte schwach: »Nein, ich hätte ihn nie enterbt.«
    »Nicht mal im Fall einer Scheidung?« drängte er.
    Ihre Lippen zitterten. »Nein. Davenport braucht ihn.«
    Nun, so geht ein prima Motiv den Bach runter, überlegte Booley. Nicht, daß er es allzusehr bedauerte. Es wäre kein Spaß, Webb Tallant verhaften zu müssen. Er würde es tun, wenn die Beweise ausreichten, aber nur äußerst ungern.
    In diesem Moment ertönte ein Gewirr von Stimmen an der Eingangstür, und alle erkannten Webbs tiefes Organ, mit dem er etwas Barsches zu einem der Deputies sagte. Jeder Kopf im Raum, außer dem von Roanna, wendete sich ihm zu, während er, von zwei Beamten flankiert, ins Zimmer marschierte. »Ich will sie sehen«, befahl er in scharfem Ton. »Ich will meine Frau sehen.«
    Booley erhob sich. »Tut mir leid, Webb,« sagte er, und seine Stimme klang so müde, wie er sich fühlte. »Aber wir müssen Ihnen erst ein paar Fragen stellen.«

6
    Jessie war tot.
    Man hatte ihm nicht erlaubt, sie noch einmal zu sehen, obwohl er das verzweifelt gebraucht hätte; denn erst, wenn Webb sich mit eigenen Augen überzeugte, könnte er wirklich glau ben, was geschehen war. Ihm dröhnte der Schädel, er schaffte es nicht, seine Gefühle und Gedanken zu ordnen, denn sie waren so widersprüchlich. Als Jessie ihn anschrie, daß sie die Scheidung wolle, hatte er nichts wie Erleichterung empfunden bei der Aussicht, sie endlich los zu werden, aber ... tot? Jessie? Die verwöhnte, temperamentvolle, lebenslustige Jessie? Sie hatten fast jeden Tag ihres Lebens gemeinsam verbracht. Zusammen waren sie aufgewachsen, als Cousins und Spielkameraden, dann hatte sie das Fieber der Pubertät in einem endlosen Ringen um Dominanz verwoben. Sie zu heiraten war ein Fehler gewesen – aber sie auf diese Weise zu verlieren kam einer Amputation nahe. Kummer und Erleichterung stritten sich in ihm, ja rissen ihn beinahe in Stücke.
    Und Schuldgefühle. Berge von Schuldgefühlen. Das vor allem. Schuldgefühle darüber, daß er überhaupt Erleichterung empfinden konnte – auch wenn sie in den letzten zwei Jahren alles getan hatte, ihm das Leben zur Hölle zu machen, auch wenn sie systematisch jedes Gefühl, das er für sie empfand, zerstört hatte in ihrer gnadenlosen Unersättlichkeit nach der Bewunderung und Anbetung, die ihr ihrer Meinung nach zustanden.
    Dazu kamen die Schuldgefühle hinsichtlich Roanna.
    Er hätte sie nicht küssen dürfen. Sie war erst siebzehn und noch unreif für ihr Alter. Wie konnte er sie nur auf seinen Schoß nehmen? Als sie auf einmal ihre Arme um seinen Hals warf und ihn küßte, hätte er sie sanft abweisen müssen, doch das hatte er nicht getan. Statt dessen hatte er ihren weichen, scheuen Mund unter dem seinen aufblühen gefühlt, und allein ihre Unschuld brachte ihn auf Hochtouren. Teufel, er war ja schon erregt gewesen, sobald er ihren runden Po auf seinem Schoß spürte. Statt den Kuß abzubrechen, hatte er ihn vertieft, hatte die Zügel in die Hand genommen und seine Zunge in ihren Mund gestoßen, ein ausgesprochen erotischer Kuß.

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