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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Reisetasche mitzerrte. Sie spielte mit dem Gedanken, sich über die Außentreppe und den Balkon in ihr Zimmer zu schleichen; doch sie hatte vor ihrer Abreise die Balkontür innen zugeriegelt, also konnte sie diese Möglichkeit vergessen. Nun, dann würde sie eben durch die Küche ins Haus gehen und darauf hoffen, von dort aus unbemerkt nach oben zu gelangen.
    Doch das Glück war ihr leider nicht hold. Als sie die Hintertür aufschloß, saßen sowohl Gloria als auch Harlan am Küchentisch und verputzten jeder ein dickes Stück von Tansys Kokosnußkuchen. Keiner von beiden hatte sich für die Nacht fertiggemacht, was bedeutete, daß sie bis jetzt vor dem großen Fernseher im Salon gesessen haben mußten.
    Gloria schluckte hastig. »Du hast ihn nicht gefunden!« krähte sie freudig, als sie sah, daß Roanna allein war. Dann warf sie Roanna einen hinterhältigen Blick zu. »Hast dir wohl auch keine allzu große Mühe gegeben, was? Nun, ich werde dich bestimmt nicht verraten. Das Ganze ist ohnehin eine verrückte Idee von Lucinda. Warum, zum Teufel, sollte sie ihn zurückhaben wollen? Sicher, Booley hat ihn damals nicht verhaftet; aber jeder weiß doch, daß er schuldig war, man konnte es bloß nie beweisen ...«
    »Ich habe ihn gefunden«, unterbrach Roanna sie. Ihr war ganz schwindlig vor lauter Müdigkeit, und sie wollte das Verhör so kurz wie möglich halten. »Er muß noch ein paar Dinge erledigen, kommt aber in den nächsten zwei Wochen nach Hause.«
    Gloria erblaßte und starrte Roanna mit offenem Mund an. Mit den Kuchenkrümeln darin sah das nicht gerade appetitlich aus. Dann meinte sie: »Roanna, wie konntest du bloß so blöd sein?« Ihre Tonstärke steigerte sich mit jedem Wort, so daß sie am Ende beinahe kreischte. »Weißt du denn nicht, was für dich auf dem Spiel steht? Das alles hätte dir gehören können, aber Lucinda wird es jetzt ihm zurückgeben, darauf kannst du wetten! Und was wird aus uns? Lieber Himmel, wir könnten in unseren Betten ermordet werden, so wie die arme Jessie ...«
    »Jessie wurde nicht in ihrem Bett ermordet«, winkte Roanna ab.
    »Das ist doch unwichtig. Du weißt genau, was ich meine!«
    »Webb hat sie nicht getötet.«
    »Also, der Sheriff hat es jedenfalls geglaubt, und der versteht sicher mehr davon als du! Wir alle haben gehört, wie er sagte, er würde alles tun, um sie loszuwerden.«
    »Aber wir haben auch alle gehört, daß er vorschlug, sie solle sich doch scheiden lassen.«
    »Gloria hat recht«, mischte sich Harlan ein. Seine buschigen Augenbrauen waren sorgenvoll gerunzelt. »Wer weiß, wozu der fähig ist!«
    Normalerweise ließ sich Roanna nicht auf eine Diskussion ein; aber sie war total erschöpft und nach ihrer aufreibenden Begegnung mit Webb mit den Nerven am Ende.
    »In Wahrheit macht ihr euch bloß Sorgen«, sagte sie tonlos, »ob er sich daran erinnert, wie ihr ihm die kalte Schulter gezeigt habt während seiner Anklage – und daß er euch hinauswirft aus Davenport.«
    »Roanna!« keuchte Gloria in höchster Empörung. »Wie kannst du es wagen, uns so etwas ins Gesicht zu sagen! Was hätten wir denn tun sollen – einen Mörder vor dem Gesetz schützen?«
    Es gab nichts, womit man Gloria zur Vernunft brachte, und Roanna war auch viel zu müde, um es noch länger zu versuchen. Sollte sich doch Webb darum kümmern, wenn er wieder da war. Sie besaß gerade noch genug Energie, um bei diesem Gedanken einen Anflug von Schadenfreude zu empfinden. Wenn sie glaubten, er wäre zuvor schon einschüchternd gewesen, dann sollten sie ihn jetzt erst mal erleben. Nach diesen zehn Jahren Überlebenskampf.
    Roanna ließ Gloria und Harlan in der Küche zurück, wo sie sich ihrer rechtschaffenen Verstimmung widmen konnten, und schleppte sich die Treppe in den ersten Stock hinauf. Lucinda war bereits zu Bett gegangen; sie ermüdete in letzter Zeit ziemlich rasch, ein weiterer Hinweis auf ihre nachlassende Gesundheit, und schlief schon oft um neun Uhr. Morgen reichte es auch noch, ihr die Nachricht von Webbs Rückkehr zu überbringen.
    Roanna hoffte, bis dahin selbst ein wenig Schlaf zu finden.
    Ein Wunschtraum, wie sich herausstellte.
    Ein paar Stunden später blickte sie auf die Leuchtanzeige ihres Weckers und sah, daß es fast zwei Uhr morgens war. Ihre Augen brannten, und ihr Kopf fühlte sich wattig an vor Schwäche, dennoch lag Schlafen ihr ferner denn je.
    Nächte wie diese waren nichts Neues für sie, das Warten in der endlosen Dunkelheit auf den Morgen, der nicht kommen

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