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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Nun, er hatte sie schnell genug wieder fallengelassen, also konnte der Anblick nicht allzu faszinierend gewesen sein.
    Sie errötete heftig und wurde dann ebenso schnell wieder blaß.
    Aber einfach so dastehen und ihn anstarren, das ging auch nicht. Roanna holte tief Luft, riß sich zusammen und kam die wenigen verbliebenen Stufen zu ihm hinunter. »Lucinda ist im Arbeitszimmer. Wir wollten gerade einige Papiere durchsehen, aber ich bin sicher, daß sie lieber mit dir allein reden möchte.«
    »Ich bin zurückgekommen, um mich um die Geschäfte zu kümmern«, sagte er kurzangebunden und marschierte auch schon mit langen Schritten den Flur entlang zum Arbeitszimmer. »Bring mich auf den neuesten Stand. Die Willkommensparty kann warten.«
    Irgendwie schaffte sie es, ihre ausdruckslose Fassade aufrechtzuerhalten, während sie ihm folgte. Sie warf sich nicht schluchzend an seinen Hals und schrie: »Du bist wieder daheim, du bist wieder daheim!«, obwohl das ihr erster Impuls gewesen wäre. Weder jauchzte sie vor Freude, noch heulte sie. Sie sagte einfach zu seinem Rücken: »Ich freue mich, daß du wieder da bist. Willkommen daheim.«
    Lucinda saß nur selten an dem riesigen Schreibtisch, der ihrem Mann gehört hatte, da das Sofa viel bequemer für ihre alten Knochen war. Dort saß sie auch jetzt und blätterte die neuesten Börsenberichte durch. Sie blickte bei Webbs Eintreten auf, und Roanna, die direkt hinter ihm stand, sah die Verwirrung, die beim Anblick des großen, kühlen Fremden, der in ihre Domäne eindrang, über ihre Züge glitt. Dann blinzelte sie und das Wiedererkennen breitete sich wie die Sonne auf ihrem runzligen Gesicht aus. Freudige Erregung verjagte den grauen Schleier, den das Alter und die schlechte Gesundheit über sie geworfen hatten. Sie kämpfte sich auf die Beine, wobei die Blätter achtlos auf den schweren Aubusson-Teppich fielen.
    »Webb! Webb!«
    Da war sie, die enthusiastische, tränenreiche Begrüßung, die Roanna ihm so gerne bereitet hätte, es aber nicht wagte. Lucinda eilte mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu, ohne seine stumme Zurückhaltung zu sehen oder zu beachten. Er breitete seine Arme nicht aus, aber das hielt sie nicht davon ab, ihm die ihren um den Hals zu werfen und ihn ganz fest und mit Tränen in den Augen zu umarmen.
    Roanna wandte sich zum Gehen, um ihnen einen privaten Moment zu gönnen; wenn sie und Webb ein besonderes Verhältnis zueinander gehabt hatten, als sie noch jünger war – zumindest ihrer Auffassung nach –, dann hatte er ganz gewiß ein besonderes und sehr enges Verhältnis zu Lucinda gehabt – eins, das dem zu seiner Mutter fast gleichkam. Auch wenn Webb wegen Lucinda zurückgekommen war, so standen immer noch viele unausgesprochene Dinge zwischen ihnen, die erst bereinigt werden mußten.
    »Nein, bleib«, sagte Webb, als er merkte, was Roanna vorhatte. Er nahm Lucinda bei den Armen und rückte sie sanft von sich ab, ohne sie jedoch loszulassen. Er blickte erst auf sie nieder. »Wir unterhalten uns später«, versprach er. »Zunächst mal habe ich jede Menge aufzuholen. Wir können hiermit anfangen.« Er nickte in Richtung der Papiere, die auf dem Teppich verstreut lagen.
    Wenn Lucinda etwas verstand, dann die Notwendigkeit, sich ums Geschäftliche zu kümmern. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und nickte energisch. »Natürlich. Unser Makler kommt um neun. Roanna und ich haben es uns zur Gewohnheit gemacht, zuvor immer noch unsere Börsengeschäfte durchzugehen, damit wir uns einig sind, bevor der junge Mann eintrifft.«
    Er nickte und bückte sich, um die Papiere aufzusammeln. »Ist es immer noch Lipscomb?«
    »Nein, mein Lieber, er starb, das war, nun ... ach ja, vor drei Jahren, nicht wahr, Roanna? Herzkrankheiten liegen in seiner Familie, weißt du. Unser Makler ist jetzt Sage Whitten, von den Birmingham Whittens. Wir sind recht zufrieden mit ihm, meistens jedenfalls; aber er neigt ein wenig zum Konservativen.«
    Roanna sah den trockenen Ausdruck, der über Webbs Züge huschte. Er mußte sich erst wieder an die Art, wie man im Süden Geschäfte abwickelte, gewöhnen. Hier vermengte man eben alles mit Bekanntschaft und Familienangelegenheiten. Wahrscheinlich war er inzwischen an eine viel direktere, ehrlichere Methode, die Dinge zu erledigen, gewöhnt.
    Er hatte sich bereits in die Papiere, die er aufgehoben hatte, vertieft, während er zum Schreibtisch schlenderte. Schon wollte er in den Sessel sinken, als er gerade noch innehielt und

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