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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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sie den Fohlen auf der Weide beim Herumtoben zusah.
    Lucindas Augen verschatteten sich. »Nein. Sie lächelt fast nie, und das Lachen hat sie ganz verlernt. Seit zehn Jahren lacht sie nicht mehr.«

13
    Roanna warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Die Landratsversammlung dauerte länger als üblich, und sie mußte bald aufbrechen, wenn sie nicht zu spät zu ihrer Lunchverabredung in Florence kommen wollte. Offiziell hatten die Davenports keinen Sitz im Landrat; aber es war beinahe Tradition, daß ein Mitglied der Familie die Versammlungen besuchte. Die Unterstützung der Davenports entschied nicht selten über das Ende oder den Fortgang eines Gemeindeprojekts.
    Als Roanna anfing, an Lucindas Stelle die Versammlungen zu besuchen, ignorierte man sie größtenteils oder tat sie mit einer Art Kopftätscheln ab. Sie hörte nur zu und berichtete Lucinda alles; zu mehr raffte sie sich immer noch nicht auf. Aber wenn Lucinda sich zu einem Vorhaben äußerte, pflegte sie zu sagen, »Roanna glaubt« oder »Roanna hatte den Eindruck«, und die braven Landratsmitglieder begriffen bald, daß sie gut daran taten, die verschlossene junge Frau, die sich fast nie äußerte, ernstzunehmen. Und was Lucinda sagte, war auch nicht erfunden; Roanna erzählte ihr tatsächlich, was sie dachte und wie sie Dinge beurteilte. Sie war schon immer eine aufgeweckte Beobachterin gewesen, doch viel zu lebhaft, so daß ihr die Einzelheiten oft entgingen, als führe sie mit überhöhter Geschwindigkeit an einem Autobahnschild vorbei: Sie sah es zwar, konnte aber nicht lesen, was darauf stand. Jetzt jedoch war Roanna ruhig und schweigsam, und ihre braunen Augen glitten von Gesicht zu Gesicht, absorbierten die Nuancen, den Tonfall, die Reaktionen der Leute. Und alles wanderte stracks zu Lucinda, die ihre Entscheidungen, basierend auf Roannas Eindrücken, fällte.
    Jetzt, wo Webb wieder da war, würde er die Versammlungen an ihrer Stelle besuchen, so wie früher. Wahrscheinlich saß sie hier zum Zuhören und Beobachten das letzte Mal – noch eine Aufgabe, die sie in Zukunft nicht mehr zu erfüllen brauchte. In einem fernen Winkel spürte sie ein Ziehen, spürte die Angst davor, überflüssig zu sein; doch sie ließ sie nicht an die Oberfläche.
    Die Versammlung ging endlich ihrem Ende zu. Sie blickte nochmals auf ihre Uhr und sah, daß sie vielleicht noch fünf Minuten hatte, bevor sie wirklich gehen mußte, um nicht zu spät zu kommen. Normalerweise nahm sie sich die Zeit, mit jedem ein Schwätzchen zu halten, aber heute konnte sie höchstens noch ein Wort mit dem Landratsvorsitzenden wechseln.
    Er kam soeben auf sie zu, ein kleiner, untersetzter Mann mit einer beginnenden Glatze und einem zerfurchten Gesicht. Die Furchen zogen sich zu einem breiten Lächeln aus einander, als er sich ihrem Stammplatz in der letzten Sitzreihe, nahe dem Ausgang, näherte. »Wie geht es Ihnen heute, Roanna?«
    »Danke gut, Chet«, erwiderte Roanna und beschloß, ihm gleich Webbs Rückkehr mitzuteilen. »Und Ihnen?«
    »Kann nicht klagen. Nun, ich könnte vielleicht, aber meine Frau sagt, Jammern interessiert keinen!« Er lachte über seinen Witz, und seine Augen funkelten. »Und wie geht es Miss Lucinda?«
    »Viel besser, jetzt wo Webb wieder da ist«, sagte sie ruhig.
    Erstaunt riß er den Mund auf, und eine Sekunde stand ihm das Entsetzen deutlich auf der Stirn geschrieben. Ohne zu überlegen, stieß er hervor: »Du liebe Güte, was werdet ihr jetzt bloß tun?« bevor ihm der Sinn ihrer Bemerkung aufging und sich demnach Beileidsbezeugungen erübrigten. Er wurde krebsrot und fing an zu stottern. »Ich – äh, also das heißt ...«
    Roanna hob die Hand, um seinen verbalen Bauchaufschwüngen Einhalt zu gebieten. »Natürlich übernimmt er wieder die Zügel«, sagte sie, als ob Webbs Rückkehr das Selbstverständlichste wäre von der Welt. »Er wird wohl ein paar Wochen brauchen, um sich zu informieren; aber ich bin sicher, daß er sich bald mit Ihnen in Verbindung setzt.«
    Der Vorsitzende kämpfte mit seiner Fassung. Er sah aus, als ob ihm ein wenig übel wäre, doch energisch riß er sich zusammen. »Roanna, ich glaube wirklich nicht, daß das eine so gute Idee ist. Sie haben die Dinge doch prächtig für Miss Lucinda erledigt, und die Leute hier würden sich mit Ihnen viel wohler fühlen ...«
    Roanna blickte ihn sehr direkt an. »Webb übernimmt Davenport wieder«, sagte sie leise. »Es würde Lucinda zwar Kummer bereiten, wenn gewisse Leute ihre Geschäfte mit uns

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