Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
nehmen.«
McCorkle lehnte sich zurück, holte seine Zigaretten heraus, zündete sich eine an und sagte: »Vielleicht trinke ich jetzt doch einen Cappuccino.«
Als Granville Haynes sich aus dem Willard Hotel durch den Hinterausgang zur F Street hinausschlich, war er überrascht, daß das Thermometer mittlerweile auf dreizehn Grad Celsius geklettert war. Das milde Wetter zusammen mit dem dazugehörenden Sonnenschein überzeugte Haynes, daß er zu Fuß zu McCorkles Wohnung gehen sollte, die sich nach seiner Erinnerung in Block 2200 oder 2300 der Connecticut Avenue befand.
Haynes’ Route führte ihn am Finanzministerium, am Weißen Haus und am Old Executive Office Building vorbei zur 17th Street, wo er nach Norden bog. Als er beim Mayflower Hotel vorbeikam, war es durchgehend bewölkt, und die Temperatur war auf sieben Grad gefallen. Haynes, lange an südkalifornisches Wetter gewöhnt, sah nur drei Möglichkeiten: ein Taxi nehmen, einen Mantel kaufen oder erfrieren.
An der Kreuzung Connecticut/Rhode Island entdeckte er ein Burberry-Geschäft. Drinnen bat er darum, einen Mantel gezeigt zu bekommen. Die Verkäuferin sagte, in einem Trenchcoat würde er großartig aussehen. Haynes erwiderte, er würde etwas weniger Schickes bevorzugen. Sie zeigte ihm einen Lammwollmantel mit Raglanärmeln. Das leichte Wollgewebe hatte ein braun-beiges Hahnentrittmuster. Haynes probierte den Mantel an, ohne nach dem Preis zu fragen, betrachtete sich kurz im Spiegel, sagte, er wolle ihn gleich anlassen, und gab der Verkäuferin seine American-Express-Karte.
Den Rest des Wegs zu dem alten, grauen Wohnhaus ging er auf der Westseite der Connecticut Avenue. Er erreichte das Haus etwa zur gleichen Zeit, als Darius Pouncy begann, McCorkle die ersten »paar Fragen« zu stellen, die noch einmal sechsundzwanzig Minuten in Anspruch nehmen sollten.
Haynes betrachtete den Schlüssel, den McCorkle ihm gegeben hatte, und bemerkte, daß es sich um eines der kniffligen Schweizer Produkte mit Buckeln und Vertiefungen anstelle von Zacken handelte, von dem man, zumindest in den Vereinigten Staaten, kein Duplikat anfertigen lassen konnte. Haynes war aber nicht ganz sicher, was die Schweiz betraf.
McCorkle hatte gesagt, seine Wohnung habe die Nummer 405. Haynes erreichte sie mit einem offenbar neuen Otis-Aufzug und klopfte an die Tür. Als sich auch nach dem zweiten und dritten Klopfen nichts tat, benutzte er den Schweizer Schlüssel, um sich hereinzulassen.
Er betrat eine enge Diele mit Parkettfußboden und einem Wandtisch, der wie eine sehr gute Sheraton-Imitation aussah. Auf dem Tisch stand eine große Schüssel aus geschliffenem Glas, gefüllt mit M&M-Bonbons. Über dem Tisch hingen zwei von einem kleinen Spot angestrahlte Ölgemälde. Das erste zeigte eine gemütlich aussehende europäische Kneipe an einem regnerischen Tag mit »Mac’s Place« in kleinen roten Leuchtbuchstaben darüber. Das zweite Gemälde zeigte dieselbe Kneipe an einem regnerischen Tag, nachdem sie von einer Bombe, einem Brand oder von beidem zerstört worden war.
Haynes nahm vier M&M als Frühstück, während er die beiden Bilder betrachtete und beschloß, daß sie nach Fotografien gemalt worden sein mußten. Die M&Ms, entdeckte er, gehörten zur schokoladenumhüllten Erdnußvariante.
Haynes steckte sich schnell noch ein M&M in den Mund und ging den langen Flur entlang zum letzten Zimmer auf der linken Seite. Es war ein einigermaßen großer Raum, mindestens vier mal fünfeinhalb Meter, mit Parkettboden, einem Orientteppich und einem großen Doppelbett, das hastig gemacht worden war. Außerdem enthielt das Zimmer eine Frisierkommode, den angekündigten Spiegelschrank und, vor den beiden Flügelfenstern, zwei ungleiche, aber bequem aussehende Lehnsessel, zu denen jeweils ein kleiner Tisch und eine Leselampe gehörten.
Einer der Sessel war von elegantem skandinavischem Design und sah besonders einladend aus. Auf dem Tisch daneben stapelten sich Bücher über amerikanische Politik und Wirtschaft sowie vier aktuelle Autobiographien ehemaliger Mitarbeiter des Weißen Hauses, die die Reagan-Regierung verlassen hatten, nachdem sie in Mißkredit geraten waren.
Das zweite Sitzmöbel, ein alter Ohrensessel mit gewaltigen Ausmaßen und ramponiertem Lederbezug, kam Haynes merkwürdig vertraut vor, bis ihm aufging, daß es fast wie der Sessel in seiner Wohnung in Ocean Park aussah – der, in dem er sitzen und auf das gelbe Monsterhaus auf der anderen Straßenseite starren konnte.
Auf
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