Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
Undeans Notiz für die Akte. Während Haynes sie las, wich jeder Ausdruck aus seinem Gesicht, und es wurde vollkommen bewegungslos, bis auf seine Augen, die von Zeile zu Zeile tanzten. Als er das Memorandum durchgelesen hatte, blickte er hoch, und Mott bemerkte, daß Haynes’ Augen nicht mehr tanzten. Sie blickten nun so alt und unbewegt wie der Tod und genauso unerbittlich.
»Ich meine, ihr solltet beide hören, was Tinker an mich schreibt«, sagte Haynes mit merkwürdig steifem Tonfall, als er zuerst Erika und dann Mott ansah. Bevor einer von ihnen etwas sagen konnte, begann er laut vorzulesen.
»Lieber Granny: Hier findest du den Durchschlag einer Aktennotiz, die Gilbert Undean für sein privates Archiv geschrieben hat und die ich in Reston unter seiner Schreibunterlage fand, nachdem ich die Cops angerufen hatte, um ihnen zu sagen, daß er tot ist. Ich dachte, ich könnte damit ein paar Dollar rausschlagen, aber da du dies jetzt liest, habe ich wohl einen Fehler begangen. Den ganz großen. Ha. Ha. Wie auch immer, mach damit, was du willst, aber mach es schlauer als ich – und denk daran, es ist ein Durchschlag und irgend jemand hat das Original. Wenn du Hilfe brauchst, kannst du dir mit Hilfe der Notiz zusammenreimen, wen du fragen mußt. Mach’s gut. Tinker.«
Es folgte ein langes Schweigen. Mott beendete es schließlich, indem er sich räusperte und sagte: »Ich denke nicht, daß Erika und ich noch mehr erfahren sollten. Möglicherweise haben wir schon zuviel gehört.«
»Okay«, sagte Haynes.
»Eine Frage möchte ich stellen«, sagte sie.
Haynes nickte.
»Als er schrieb, du würdest wissen, wen du um Hilfe bitten kannst – wen hat er da gemeint?«
»Padillo«, sagte Haynes. »Wen sonst?«
43
Der Sender war leichter zu finden als eine offene Tankstelle nach Mitternacht. An der Georgia Avenue, auf halbem Weg nach Silver Spring, entdeckte Haynes schließlich eine, und der alte Cadillac war der absolute Hit bei den jungen schwarzen Angestellten und einer Schar ebenso junger Kiebitze, die mit einem ständigen Strom von Ratschlägen, wenn nicht Handreichungen, aufwarteten.
Haynes fuhr an die Zapfsäule und stieg aus. Er mußte fast schreien, um sich bei dem hämmernden Rap aus dem Ghettoblaster Gehör zu verschaffen. Nachdem er einen der beiden Tankwarte gebeten hatte, den Tank aufzufüllen, unter der Motorhaube nachzuschauen und den Reifendruck zu prüfen, begann Haynes mit der Suche nach dem Sender, indem er mit der Handfläche die Innenseite der Kotflügel abtastete. Als der Tankwart, der inzwischen die Motorhaube geöffnet hatte, ihn schreiend fragte, wonach er suche, schrie Haynes zurück: »Es klappert.«
Er fand den Sender unter dem Kotflügel hinten links. Es war das ZC-II-Modell, hergestellt in Singapur und von Agenten der Drogenbehörde sehr geschätzt – zumindest von denen, die Haynes in Los Angeles kennengelernt hatte. Wieder am Steuer des Cadillac, zeigte er Erika den Sender, die ihn neugierig untersuchte. »Ist das ein selbstklebender Magnet?« fragte sie und berührte die glatte, dunkelgraue Seite.
»Richtig.«
»Was willst du damit machen?«
»Ich schicke ihn auf den Weg.«
»Wie?«
»Siehst du das Taxi an der Selbstbedienungssäule?«
Sie blickte hin und nickte.
»Fragen wir mal, wie hoch der Preis zum Dulles ist. Du fragst.«
Sie stiegen aus dem Cadillac und näherten sich dem Taxifahrer mittleren Alters, der gerade 87 Oktan in den Tank seines knapp zwei Jahre alten Chevrolet Caprice füllte. Erika ging voran. Haynes folgte ihr, während er mit einem weißen Taschentuch den Kotflügelschmutz von seinen Händen wischte.
»Entschuldigung«, sagte Erika zu dem Fahrer.
Er nickte ihr weder freundlich noch unfreundlich zu. Haynes ließ das Taschentuch fallen und bückte sich, um es wieder aufzuheben. Der Fahrer warf ihm einen Blick zu und sah wieder Erika an.
»Ich muß zum Dulles, jemanden abholen, der mit der Lufthansa aus Frankfurt kommt, und ich wüßte gern, wieviel die Fahrt kostet?«
Immer noch gebückt, drückte Haynes den Sender an die Karosserie des Taxis, als der Fahrer sagte: »Um diese Nachtzeit kann ich nicht unter sechzig da rausfahren.«
Haynes stand auf, als Erika kläglich lächelte und sagte: »Das habe ich befürchtet. Bedaure.«
»Ich auch, Lady.«
Sie drehte sich zu Haynes um. »Sechzig.«
»Himmel«, sagte Haynes.
Sie gingen zum Cadillac zurück. Erika stieg ein, während Haynes dem Tankwart, der sich nach dem Baujahr des Cadillacs erkundigte,
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