Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
Zwei Streifenwagen mit rotierendem Blaulicht richteten ihre Scheinwerfer auf das Wrack. Haynes kurbelte sein Fenster herunter und sprach kurz mit einem der Polizisten, während er darauf wartete, daß er sie durchwinkte. Als er es schließlich tat, starrte Haynes auf die dunkle Pfütze unter dem umgestürzten Pickup und entschied, daß es doch Blut war und kein Motoröl.
Als der Cutlass rutschend auf dem festgebackenen Schnee vor dem Büro des Tall Pine Motel zum Stehen kam, sagte Erika McCorkle: »Versuchen Sie, zwei Zimmer zu bekommen. Falls nicht, ein Zimmer mit zwei Einzelbetten. Wenn sie nur ein Doppelbett frei haben, werden wir eine Lösung finden.«
»Es gibt keine Lösung zu finden«, sagte Haynes.
»Von wegen.«
»Falls es nur ein Bett gibt«, erklärte er, »werde ich drin schlafen. Sie sind natürlich herzlich eingeladen, sich mir anzuschließen. Sollten Sie jedoch das Gefühl haben, daß das zu intim ist, gibt es entweder den Fußboden oder die Badewanne.«
»Buchen Sie erst mal das Zimmer, Prinz, bevor sich eine Warteschlange bildet mit Ihnen am Ende.«
Haynes stieg aus, kratzte Schnee und Eis vom Virginia-Kennzeichen des Wagens, merkte sich die Nummer und betrat das Büro des Motels. Fünf Minuten später kam er heraus, eine prall gefüllte Papiertüte unter dem Arm. Zurück im Auto, mit der Tüte auf seinem Schoß, sagte er: »Wir haben das letzte freie Zimmer gekriegt. Ganz hinten rechts.«
»Einzelbetten?« fragte sie, als sie das Steuer nach links einschlug und zurücksetzte.
»Hab ich nicht nach gefragt.«
Schweigend fuhren sie zu ihrem Zimmer. Das Gebäude des Tall Pine Motel krümmte sich in Bogenform vom Highway weg. Es hatte achtzehn Zimmer, neun auf jeder Seite des Büros. Das Motel war aus gebrauchten Ziegelsteinen gebaut und von einem spitzen Schindeldach bedeckt. Jede Wohneinheit hatte ein Fenster, eine Tür und Platz für ein einzelnes Auto. Haynes sah sich nach der hohen Kiefer um, die dem Motel den Namen gegeben hatte, konnte sie nicht finden und gab dem Schnee die Schuld daran.
Als sie vor ihrem Zimmer anhielten, beendete Erika McCorkle das Schweigen mit einer Frage: »Was ist in der Tüte?«
»Abendessen«, sagte Haynes. »Vier Cokes, zwei Baby Ruths, vier Mandel-Hersheys und vier Päckchen mit Dingern, die wie Erdnußbutter zwischen Ritz-Crackern aussehen.«
»Die Erdnußbutterdinger sind gar nicht so schlecht«, sagte sie.
Als Erika McCorkle nach einer zehnminütigen Dusche aus dem Bad kam, trug sie ihren Kamelhaarmantel als Morgenrock. Haynes saß neben dem Doppelbett in einem der beiden Sessel und sah sich eine Wiederholung von The Scarecrow and Mrs. King an.
Erika McCorkle kämmte im Stehen ihr feuchtes Haar und schaute dabei auf den Bildschirm. Als ein Werbespot kam, sagte sie: »Die Logik dieser Serie hab ich nie begriffen.«
»James Bond trifft Erma Bombeck.«
»Essen wir«, sagte sie.
Sie tauschte ihr Baby Ruth gegen einen seiner Mandel-Hersheys, weil Baby Ruths, wie sie sagte, immer wie Ex-Lax schmeckten. Die Packungen mit Erdnußbutter und Ritz-Crackers verteilten sie gleichmäßig und spülten alles mit Coke hinunter. Sie aßen und tranken schweigend, Haynes in seinem Sessel, Erika McCorkle jetzt auf dem Bett, an das Kopfbrett gelehnt.
Als wieder ein Werbeblock begann, fragte sie: »Schauen Sie oft Fernsehen?«
»Nein. Sie?«
»Ich mag Katastrophenwiederholungen. Ein Präsident oder Premierminister wird erschossen. Eine Raumfähre explodiert. Ein Kronprinz fällt vom Pferd. Ein Kardinal muß zur Entziehungskur. Warum sollte man sich mit Ersatzbildern zufriedengeben, wenn man’s in echt sehen kann?«
»Da könnten Sie recht haben«, sagte Haynes und schaltete das Gerät aus.
Sie nahm ihren letzten Schluck Coke, zerdrückte die Dose, zielte auf den Papierkorb, landete einen Treffer und sagte: »Als Sie noch Cop waren, hatten Sie jemals damit zu tun – mit der richtig schlimmen Scheiße?«
»Hin und wieder, aber beim Morddezernat hatte ich es normalerweise mit dem Rest zu tun – den Überbleibseln.«
»Schon mal jemanden erschossen?«
»Nein.«
»Hat jemand mal auf Sie geschossen?«
»Zweimal.«
»Hat Ihnen das gefallen – Detective im Morddezernat?«
Er dachte über ihre Frage nach. »Ich bin gut darin geworden, und die meisten Leute tun gerne, worin sie gut sind.«
»Gefällt Ihnen die Schauspielerei?«
»Noch nicht. Aber es ist eine angenehme Art, Frauen kennenzulernen.«
Sie schwang ihre bloßen Füße vom Bett und griff nach dem
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