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Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Titel: Dämmerung in Mac's Place (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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steigen.«
    »Sieh mal, du weißt, daß du nicht auf mich schießen wirst, und ich weiß, daß ich nicht gehe, bis wir miteinander geredet haben. Wir könnten also die ganze Nacht hier rumstehen und uns den Hintern abfrieren, aber das wäre reichlich albern. Warum gehen wir also nicht hinein, wo es nett und warm ist, trinken einen Schluck und unterhalten uns? Danach mach ich mich auf den Weg. Ich habe sogar eine Flasche Turkey mitgebracht. Trinkst du immer noch Turkey, Letty?«
    Letty Melon sagte nichts. Sie trug einen zugeknöpften Wollmantel und hatte einen grauen Kaschmirschal um den Kopf gebunden. Ihre übrige Ausstattung bestand aus Bluejeans, Stiefeln und der Repetierflinte. Sie hob die Flinte mit der linken Hand und ließ den Lauf auf ihrer linken Schulter ruhen. Ihre rechte Hand zog einen Schlüssel aus ihrer Jeanstasche. Sie ging um Burns herum bis zur Haustür, schloß auf und ging hinein. Burns drehte sich um und folgte ihr.
    Sie saßen vor einem mächtigen Kamin, in dem vier Eichenscheite glühten. In den Händen hielten sie halbvolle Gläser mit 55prozentigem Wild-Turkey-Bourbon, dem guten Stoff, pur, weder Eis noch Wasser. Nach einem Schluck von dem Whiskey zündete Letty Melon sich eine Camel ohne Filter an. Tinker Burns schluckte ein Drittel seines Drinks und sah sich mit offensichtlichem Wohlgefallen in dem fünfzehn Meter langen Wohnraum um.
    »Hierher bin ich nie eingeladen worden«, sagte er. »Zweimal bin ich in das kleine Haus bei – wie hieß es gleich? – Berryville eingeladen worden, als du und Steady noch verheiratet wart, aber hierher nie.«
    »Wir konnten die Freunde des andern nicht ausstehen«, sagte sie. »Ich hab meine hierher eingeladen, er seine dorthin. Ich vermute, daß wir sie nicht ertragen konnten, weil seine Freunde hauptsächlich Frauen und meine hauptsächlich Männer waren.«
    »Na ja, so geht’s eben manchmal.«
    »Was geht in deinem Kopf jetzt wirklich vor, Tinker?«
    »Das Feuer«, sagte er. »Wir kommen hier rein, und alles ist dunkel und ziemlich kalt, aber man dreht eine Gasdüse auf, hält ein Streichholz dran, wirft ein paar Scheite drauf, und ein paar Minuten später haben wir ein wirklich hübsches Feuer in Gang gebracht. Nun sagen einige, das sei keine richtige Art, ein Feuer zu entzünden – man müsse es mit Anmachholz machen und –«
    »Soll das eine Allegorie sein?« fragte sie.
    Burns versuchte, gekränkt auszusehen, und beinahe gelang ihm das auch. »Ich habe bloß versucht, mich ranzutasten.«
    »Taste nicht. Spring!«
    Tinker Burns nippte an seinem Bourbon, blickte in das Kaminfeuer und sagte: »Hast du mal einen Spion namens Undean gekannt? Gilbert Undean?«
    »Nein. Warum?«
    »Er ist gestorben.«
    »Und?«
    »Er war einer der Trauergäste bei Steadys Beerdigung in Arlington. Wir waren dort nur zu viert. Steadys Junge, ich, Undean und Isabelle. Steady ist am Freitag beerdigt worden. Am selben Tag wurde Isabelle umgebracht. Undean wurde heute morgen ermordet.«
    Letty Melon nahm einen Schluck, inhalierte Rauch, atmete ihn aus und sagte: »Das mit Isabelle hab ich gehört.«
    »Ich habe ihre Leiche gefunden. Und Undeans hab ich auch gefunden – ungefähr gegen Mittag. Vielleicht kurz danach.«
    »Was hast du getan?«
    »Ich habe die Cops angerufen. Was sonst?«
    »Wo hat er gewohnt?«
    »In Reston.«
    »Dann bist du also direkt hier rausgeflitzt. Warum, zum Teufel? Ich hab dir gestern abend gesagt, daß wir nichts zu bereden haben.«
    Burns nahm den nächsten Mundvoll Bourbon, ließ ihn über die Zunge rollen, schluckte und seufzte zufrieden. »Hast du gewußt, daß Steady seine Memoiren geschrieben hat? Er und Isabelle?«
    »Ich weiß, daß er seit Jahren damit gedroht hat.«
    »Und schließlich hat er es getan.«
    »Hast du sie gelesen?«
    »Nein.«
    »Wer denn?«
    »Granny vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.«
    »Hast du ihn gefragt?«
    »Nein.«
    »Wieso nicht?«
    »Ich erzähl dir mal, wie ich in die Sache reingeraten bin«, sagte Burns, trank sein Glas leer, stellte es ab und beugte sich zu ihr mit der vertraulichen und leicht konspirativen Haltung eines Mannes, der einen Großteil seines Erwachsenenlebens damit verbracht hat, zweifelhafte Waren an mißtrauische Kunden zu verkaufen.
    »Ich will’s wirklich nicht wissen, Tinker.«
    Er ignorierte sie und sagte: »Vor neun oder zehn Tagen, direkt vor Steadys Tod, bekam ich einen Anruf von einem Mann, mit dem ich mal Geschäfte gemacht habe. Ich bin in Paris, und er ist … ist ganz egal, wo

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