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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Werftkapitän hatte zwei Briefe für Valentine Keen erhalten, noch geschickt an das Flaggschiff
Black Prince
in der Karibik und schließlich in Portsmouth angekommen.
    Der Werftkapitän hatte trocken bemerkt: »Der eine ist von einem Schneider in London, bei dem ich auch arbeiten lasse. Die Handschrift dieses Pfennigfuchsers würde ich auch im Schlaf erkennen.« Friedfertig fügte er hinzu: »Ein schönes Pferd haben Sie da.«
    Das stimmte. Er hatte sich den kräftigen Grauen von einem Major der Seesoldaten in der Kaserne geliehen, einem Offizier, der so viele Pferde besaß, daß er hundert Jahre im Corps dienen mußte, wollte er sie von seinem regulären Sold bezahlen.
    Adam studierte wieder das Haus. Es lag schätzungsweise fünf Meilen östlich von Winchester, und nur wenige Dörfer befanden sich in seiner Nähe. Fünf Meilen, dachte er, aber es hätte auch zehnmal so weit sein können.
    Aber warum war er hier? Angenommen, Keen vermutete etwas oder Zenoria hatte die Wahrheit ausgeplaudert? Er zwang sich, den Tatsachen ins Gesicht zu schauen. Er hatte sie genommen. In einem Moment verzweifelter Leidenschaft, als sie beide geglaubt hatten, einen geliebten Menschen auf der
Golden Plover
verloren zu haben.
    Er hatte sie genommen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte sie sich geweigert. Er wäre ruiniert gewesen, und das hätte seinem Onkel das Herz gebrochen. Von ihr hätte man gesagt: Kein Rauch ohne Feuer. Ein gefundenes Fressen für Lügner und Lästermäuler.
    Er mußte oft an seine Wut denken, als ein Fremder in einer Kneipe Bolithos Namen beschmutzte. Jedes Mal stand es ihm vor Augen:
Ich hätte ihn beinahe getötet. Noch einen Augenblick länger, und ich hätte es getan.
    Du Narr! Kehre um, solange du noch kannst.
Bei diesem Gedanken trieb er die Hacken in die Flanken des Grauen und trabte den Hang hinab auf das große Tor zu, das Hirsche aus Bronze zierte. Die Familie war reich und voller Einfluß. Man munkelte, daß Keens Vater seinen Sohn für verrückt hielt, weil er in der Marine diente, wo er doch überall leichter hätte Karriere machen können.
    Ein alter Gärtner arbeitete gebückt in den Beeten, seine Schubkarre stand neben ihm. Adam tippte grüßend an den Hut, als er die geschwungene Auffahrt hinaufritt, und bemerkte, daß eine lange Vogelflinte auf der Karre lag. Das Haus mußte sehr einsam liegen, Dienerschaft hin oder her. Wie konnte sich die freiheitsliebende Zenoria nach der wilden Küste Cornwalls hier eingewöhnen?
    Das Haus war noch größer und eindrucksvoller, als er es sich vorgestellt hatte. Ein mit Darstellungen von Löwen und fremdartigen Ungeheuern geschmückter Säulengang, dazu Stufen, die so sauber waren, daß man von ihnen hätte essen können.
    Wäre er innerlich nicht so angespannt gewesen, hätte er gegrinst. Dagegen wirkte das alte Haus in Falmouth schäbig, aber wie ein Ort, der einen willkommen hieß, an dem man leben konnte.
    Ein kleiner, verhutzelter Mann kam aus dem Nichts herangeschossen und hielt die Zügel, während Adam abstieg.
    »Geben Sie ihm etwas Wasser, ich werde nicht lange bleiben.« Der Mann nickte, sein Gesicht blieb völlig ausdruckslos.
    Er sah dem Mann nicht nach, wie er das Pferd um eine Ecke des Hauses führte, weil er fürchtete, der Mut könnte ihn verlassen.
    Ein Flügel der Doppeltür schwang nach innen auf, bevor er ihn erreichte, und eine förmlich wirkende Frau mit einem Schlüsselbund an der Hüfte blickte ihn kühl an.
    »Kapitän Adam Bolitho. Ma'am. Ich habe Briefe für Kapitän Keen.« Oder war der schon zum Admiral befördert worden?
    »Werden Sie erwartet, Sir?«
    »Nein. Wohl nicht.« Daran gewöhnt, daß die Seeleute bei jedem seiner Befehle sprangen, verwirrte ihn ihr abweisender Ton.
    Sie blieb unbeirrt in der Mitte der Tür stehen. »Kapitän Keen ist fort, Sir. Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?« Stimmen erklangen, dann hörte er Zenoria: »Was gibt es, Mrs. Tombs?«
    Adam spürte sein Herz schneller schlagen. Die Haushälterin führte einen passenden Namen.
    Die Tür öffnete sich weit, dann stand sie vor ihm und starrte ihn an. Sie trug einen schlichten geblümten Morgenmantel, das dunkle Haar über den Ohren hochgesteckt. Ihr einziger Schmuck bestand aus Ohrringen mit Perlen und einem Anhänger, der seiner Schätzung nach ein Vermögen wert sein mußte. Er wußte nicht, was er erwartet hatte, aber sie sah aus wie ein Kind, das sich mit der Garderobe der Eltern verkleidet hat und ihnen nun eine Rolle

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