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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Wunder, daß Catherine nicht dasselbe Schicksal erlitten hatte.
    Er sah durch eine Lücke in der Menge, daß ihn Hamett-Parker scharf beobachtete. Seine farblosen Augen reflektierten die unzähligen Kerzen wie gläserne Murmeln.
    Bolitho ging auf ihn zu. Der Seesoldat war verschwunden, um ein neues Tablett zu holen. Bolitho hatte den Brandy in seinem Atem gerochen. Hoffentlich paßte er auf, daß es keiner seiner Offiziere bemerkte.
    Hamett-Parker nickte mit dem Kopf. »Ich konnte das Charisma fühlen, das man Ihnen nachsagt, Sir Richard. Dieser Bursche war offensichtlich einer Ihrer Bewunderer.«
    »Ich habe mich in Gegenwart solcher Männer immer wohl gefühlt, Sir James, weil ich gesehen habe, was er und seine Kameraden erduldet haben. Er und seinesgleichen führen mir immer vor Augen, was wir ihnen an Führung schulden.«
    Der Admiral grunzte. »Das will ich nicht abstreiten. Aber wir müssen darauf achten, daß die Popularität nicht zu Lasten der Disziplin geht.« Er blickte sich in der lauten Menge um.
    »Lord Godschale hätte es gefallen, glauben Sie nicht auch?«
    »Was ist aus ihm geworden?« Bolitho spürte, daß Hamett-Parker versuchte, ihn zu reizen.
    »Er dürfte inzwischen nach Bombay unterwegs sein.« Der Admiral schien unberührt, aber seine Stimme klang schärfer.
    »Er bekleidet eine sehr wichtige Stellung bei der Ehrenwerten Ostindischen Handelsgesellschaft. Sehr einträgliche Sache, wie ich vermute.«
    Bolitho konnte sich nicht vorstellen, daß Godschale freiwillig das abwechslungsreiche Leben in London gegen die extreme Hitze und die Fieberkrankheiten Indiens vertauscht hatte. Hamett-Parker bemerkte: »Ich glaube, es kam nicht ganz unerwartet. Einen Fehltritt kann man übersehen, einen politischen Skandal nie.« Er blickte Bolitho kalt an. »Wie ich schon sagte, man muß durch das persönliche Beispiel vorangehen!«
    »Wird Kapitän Keen heute abend anwesend sein, Sir James?« Hamett-Parker gestattete sich ein dünnes Lächeln. »Nein, er ist jung verheiratet, und ich kann ihn eine Weile entbehren.«
    »Ich hatte gehofft, daß er gleich zum Flaggoffizier befördert wird.«
    »War das bei Ihnen der Fall?«
    Bolitho betete, daß jemand kam und dieses Wortgeplänkel unterbrach. »Nein, ich war zuerst Kommodore.« Hamett-Parker wußte das sicher besser als jeder andere. Er beherrschte seinen Ärger und fügte hinzu: »Ich kenne Kapitän Keen seit vielen Jahren. Er war Fähnrich unter meinem Kommando. Er ist ein guter Offizier und ein Ehrenmann.«
    »Und er kommt aus einer mächtigen und einflußreichen Familie, nicht wahr? Ich respektiere natürlich Ihre Anteilnahme, aber Sie werden zugeben, daß Kapitän Keen mehr als nur ein guter Offizier sein muß, um seine Flagge als Konteradmiral setzen zu dürfen. Aber wir werden sehen. Er wird eine gute Chance bekommen, sich zu bewähren, das verspreche ich Ihnen.«
    Ein Diener näherte sich ihnen. Er balancierte ein einzelnes Glas in der Mitte seines Tabletts. Der Admiral nahm es und bemerkte: »Sehr erfrischend.«
    Bolitho konstatierte, daß er Limonensaft trank. Wahrscheinlich wollte er die Mätzchen seiner Untergebenen und Admiralskameraden, bei denen der Wein in Strömen floß, genau beobachten.
    Hamett-Parker runzelte die Stirn, riß sich aber sofort wieder zusammen, als Sir Paul Sillitoe in einem eleganten grauen Seidenanzug mit einem Zierdegen an der Seite zu ihnen herübergeschlendert kam.
    »Ich möchte mich für mein spätes Erscheinen entschuldigen, Sir James.« Ein paar Gäste in der Nähe versuchten so auszusehen, als ob sie nicht lauschen würden. Sie wurden nicht enttäuscht. »Ich war beim Premierminister – wir haben zusammen Seine Majestät aufgesucht. Der König wird nicht hier erscheinen.«
    Hamett-Parker blickte ihn düster an. »Was schmerzt ihn denn diesmal?«
    Sillitoe lächelte Bolitho zum ersten Mal zu. »Wir haben gerade die Nachricht aus Talavera erhalten, Sir James, daß General Wellesly einen großen Sieg über Marschall Soult errungen hat. Der Krieg auf der iberischen Halbinsel dürfte gewonnen sein.«
    Erst herrschte ein verblüfftes Schweigen, dann verbreitete sich die Neuigkeit im Raum und im Haus, und begeisterte Hochrufe ließen die Kronleuchter erzittern.
    Hamett-Parker nickte. »Früher als erwartet.« Er klang völlig unbeeindruckt.
    Sillitoe nahm sich ein Glas Wein und lächelte wieder. »Ein perfekter Anlaß, um Ihre Amtsübernahme zu feiern, Sir James. Meine Gratulation.« Er blickte Bolitho an. »Es ist auch für

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