Daemmerung ueber der See
gespürt, daß ihn seit England etwas quälte. Trevenens Schikanen, der Verlust der ausgebildeten Männer an andere Schiffe, der endlose Ozean, alles hatte eine Rolle gespielt, aber Martin wußte, daß er unter keinem anderen dienen wollte.
»Der Ausguck meldet ein Segel, Sir. Meint er zumindest.« Er sah Adams Augen aufblitzen und fügte hastig hinzu: »Im Norden liegt dicker Seenebel, Sir.«
Erstaunlicherweise lächelte Adam. »Danke.« Es war nicht die ungenaue Meldung, die ihn irritierte, sondern die Tatsache, daß er den Ruf des Ausgucks durch das geöffnete Oberlicht nicht gehört hatte. Noch vor einem Jahr hätte er das für unmöglich gehalten.
»Was macht der Wind?«
»Ziemlich gleichmäßig, Sir. Süd-zu-West, eine gute Brise.« Adam kehrte zu seiner Karte zurück und umkreiste die Inseln mit einem Finger, genau wie es sein Onkel zu tun pflegte.
»Was treibt ein Schiff hier draußen?«
»Mr. Partridge meint, es wäre ein Frachter.«
Adam rieb sein Kinn. »Wohin bestimmt, frage ich mich.« Er tippte mit dem Messingzirkel auf die Karte. »Er hat die Wahl zwischen Mauritius oder Bourbon – die anderen Inseln sind uninteressant. Es sei denn …« Er blickte den Leutnant an, seine Augen waren plötzlich hellwach.
»Alle Mann an Deck, Aubrey! Die großen Lappen und Bramsegel setzen! Diesen Fremden wollen wir uns mal genauer ansehen!«
Martin bemerkte den schnellen Gemütsumschwung und meinte vorsichtig: »Er könnte völlig harmlos sein, Sir.«
Adam grinste ihn an. »Andererseits, Sie alter Miesmacher, könnte es auch ein schönes Weihnachtsgeschenk für meinen Onkel sein, haben Sie daran schon gedacht?«
Er ging an Deck und beobachtete die Männer, die schon auf den Rahen auslegten. Die befreiten Segel schlugen und knallten im rauhen Wind. Er sah zu, wie Segel nach Segel mit Schoten und Halsen eingestellt wurden und sich das Deck unter dem Druck überlegte. Spritzwasser sprühte über die Galionsfigur, durch das Rigg und über die halbnackten Seeleute. Die goldenen Schultern der Nymphe glänzten, als wäre sie gerade aus dem Wasser aufgetaucht.
»Der Ausguck meldet, daß das Schiff zwei Masten hat, Sir.« Das war Dunwoody, der Signalfähnrich. »Aber trotz des Windes ist der Seenebel ziemlich dicht.«
Partridge, der graue Navigator, blickte ihn spöttisch an: »Sie sind schon ein verdammter kleiner Kapitän Cook!«
Adam ging ein paar Schritte auf und ab. Er war so an die Ringbolzen und Geschützlaschings gewöhnt, daß sie ihn nicht störten.
Ein Zweimaster. Konnte es die unbekannte
Tridente
sein, die Herrick in seiner versteckten Botschaft erwähnt hatte? Sein Herzschlag erhöhte sich bei diesen Gedanken. Es schien ziemlich wahrscheinlich. Sie segelte allein, jedes gesichtete Schiff konnte ein Feind sein.
»Die Luvbrassen der Fock noch etwas dichter!« Dacre, der Zweite Offizier, lief über das Hauptdeck, seine Augen nach oben in die Segel gerichtet.
»An Deck!« Die Stimme des Ausgucks war im Gurgeln der See und dem Jaulen der Stage und Wanten kaum zu vernehmen. Bedingungen, die die
Anemone
voll ausnutzte. Der Ausguck versuchte es noch mal: »Eine Brigg, Sir!«
Adam blickte zum Horizont. Also war es nicht die
Tridente
. Mehrere Ferngläser waren auf die vom Nebel verwischte Grenzlinie zwischen Himmel und See ausgerichtet, als ob die darauf warteten, das zu sehen, was der Ausguck gemeldet hatte.
»An Deck, Sir! Sie setzt mehr Segel und dreht nach Norden ab!«
Adam klatschte in die Hände. »Der Narr macht einen Fehler! Bei dieser Damenbrise hilft ihm das nichts!« Er packte den Arm des Ersten. »Lassen Sie die Royals setzen, Mr. Martin, und ändern Sie den Kurs zwei Strich nach Steuerbord! Den Schweinehund haben wir in weniger als einer Stunde gepackt!«
Martin blickte ihn kurz an, bevor er den wartenden Matrosen und Seesoldaten seine Befehle zubrüllte. Es war, als käme eine völlig andere Persönlichkeit zum Vorschein.
»Mr. Gwynne, mehr Leute nach oben! Bewegung!«
Der neue Dritte meinte lässig: »Könnte ein wenig Prisengeld abwerfen, nicht wahr?« Er zuckte zusammen, als ihn die Augen des Kommandanten streiften. Er hätte sich keine Gedanken zu machen brauchen, Adam hatte ihn nicht gehört.
Adam drückte sich gegen die Reling und stellte sein Teleskop ein. Der Nebel rollte wie ein rosa Vorhang zur Seite. Die Brigg, und es war ganz sicher keine Brigantine, zeigte ihm fast genau das Heck. Ihr Großsegel überragte den Rumpf an beiden Seiten. Der Schaum der Hecksee war klar zu
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