Daemmerung ueber der See
welche hätten.« Er lächelte trocken.
»Könnte es der Yankee sein, die
Unity
, Sir?«
»Glaube ich nicht. Die muß sich nicht verstecken, außer hinter ihrer ›Neutralität‹. Ihre Anwesenheit hier draußen und ihr offenes Zeigen der Flagge mitten im Kriegsgebiet sind viel effektiver. Ihr Kommandant läßt sich das natürlich nicht entgehen.«
Angenommen, es war Baratte? Adam spürte, wie sein Blutdruck stieg. Noch eine Fregatte vielleicht? Keine gewaltigen Flotten, keine endlosen Flaggen und Gegensignale. Schiff gegen Schiff, Mann gegen Mann. Wie sein Onkel.
Wie mein Vater.
Er entschied sich. »Mr. Partridge hat zwei mögliche Ansteuerungskurse eingetragen, und, was ebenso wichtig ist, einen Fluchtweg, falls der Feind dort ist und versucht, offenes Wasser zu erreichen, in dem er entweder kämpfen oder türmen kann, ganz wie es ihm beliebt.« Er sah ihre angespannten Gesichter, alle hatten den unbekannten Feind jetzt vor Augen. »Wir waren schon unterbemannt, bevor wir das Prisenkommando abgesetzt haben. Wir können es uns nicht leisten, zu entern oder geentert zu werden, wenn der Gegner ungefähr unsere Größe hat.« Er blickte die Leutnants an. »Gehen Sie durch Ihre Divisionen und sprechen Sie mit den Geschützführern. Alle drei Fähnriche müssen genau instruiert werden, damit sie wissen, was von ihnen erwartet wird.« Er grinste, als er hinzufügte: »Außer dem jungen Dunwoody, der scheint heller zu sein als sein Kapitän.«
Auf dem Vorschiff wurde eine Glocke angeschlagen, deren Klang sich in den Geräuschen der See verlor wie in einer Unterwasserkapelle. »Morgen um diese Zeit …«, er schaute auf die Karte, als könne er die Insel, die Lagune, das Fehlen genauer Lotungen und Peilungen vor sich sehen, »… werden wir Klar-Schiff-zum-Gefecht machen, und ich werde selber durch das Schiff gehen.« Er dachte an seinen Onkel, der damals Kommandant war und durch die
Hyperion
gegangen war, ohne den Männern seine Zweifel und Ängste gezeigt zu haben. So
muß ich auch sein. Ich darf es niemals vergessen.
»Im ersten Morgengrauen werden wir einlaufen …«
Der Leutnant der Seesoldaten meinte nüchtern: »Weihnachten, Sir!«
Martin ergänzte: »Die Männer werden Ihnen vertrauen, Sir!«
Es blieb Old Partridge überlassen auszusprechen, was sie alle dachten: »Und dem lieben Gott, hoffe ich!«
Kapitän Adam Bolitho lag auf dem Rücken unter den großen Heckfenstern seiner Kabine und starrte, ohne zu Zwinkern, zum Oberlicht empor. An Deck war noch alles ruhig. Auf dem Glas lag zuviel Salz, als daß man die Sterne hätte sehen können. Die
Anemone
glitt wie ein Schatten durch die Nacht. Die Geschützpforten verschlossen, Niedergänge und Oberlichter abgedeckt, die Anzahl der Lichter auf ein Minimum reduziert. Sogar das Schiff selbst schien ruhiger zu sein als sonst, schoß es ihm durch den Kopf. Ab und zu klatschten nackte Füße über das Deck, dann der harte Schritt eines Leutnants oder Deckoffiziers. Er hörte das Knarren des Ruders, wenn es aus dem Wasser kam, dann folgte das Gurgeln der Welle, wenn es wieder eintauchte. Er setzte sich auf und fuhr mit den Fingern durch sein strubbeliges Haar. Was hielten seine Offiziere von dem Unternehmen, was dachten sie
wirklich
? Wie schätzten sie den Angriff ein? Die Lagune mochte leer sein, wenn sie sie irgendwie erreichten, und er wettete, daß viele seiner Männer beteten, daß es so sein möge. Aber er spürte tief in seinem Inneren, daß der Feind da sein würde. Und er hatte sich entschieden, den Weg durch die Riffe und verborgenen Sandbänke zu suchen, um sich dem Feind zu stellen. Einige mochten seinen Plan als Wahnsinn ansehen, als pure Ruhmsucht. Er versuchte sich mit einem Lächeln zu beruhigen. Davon konnte keine Rede sein.
Partridge hatte zwei Ansteuerungen in die Lagune ausgearbeitet, doch selbst er hatte keine Erfahrung mit diesem schwierigen Ort. Welche war die richtige?
Erfolglos hatte er mit dem Skipper der
Eaglet,
Joshua Tobias, gesprochen. Sollte Tobias überleben, war es unwahrscheinlich, daß man ihn und sein Schiff auf amerikanischen Druck hin freigab. Eine Einmischung, und sei es auch nur, um sich selbst zu retten, würde ihn noch tiefer hineinreiten.
Er war plötzlich ärgerlich. Warum riskierte er die
Anemone
und das Leben der Männer auf einen bloßen Verdacht hin? Blieb er vor der Küste, würde ihn der Feind sehen und vielleicht sicher vor Anker liegenbleiben; flüchtete er, konnten sie es auf offener See ausfechten. Die
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