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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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dem Weg hierher niemand angehalten. Musste an dem Anzug und der Weißenkarre liegen. Zum ersten Mal hielt er es nicht für ausgeschlossen, dass die Klassenzugehörigkeit irgendwann mehr zählen würde als die Rassenzugehörigkeit.
    Mosely hatte jetzt die Glastür erreicht und wollte sie gerade aufdrücken, als sie geräuschlos aufglitt. Ein Schwall kühler Luft schlug ihm entgegen und prallte auf die Hitze, was im Eingang eine Minigewitterfront erzeugte. Er marschierte mitten hindurch und befand sich in einer minimalistisch gestalteten Eingangshalle. Die Tür schloss sich zischend hinter ihm. Seine Absätze klickten auf dem Fliesenboden.
    Das Firmenlogo wiederholte sich an der Wand hinter dem Rezeptionstresen. Der war der typische Vorzimmerschutzwall, nur dass er aussah wie das missglückte Werk von Schweißerlehrlingen. Die Frau an der Rezeption war eine sahnehäutige Blondine in den Zwanzigern, an der entweder die Natur oder die Schönheitschirurgie ein Meisterwerk vollbracht hatte. Was von beidem, war Mosely egal. So eine schöne Frau hatte er seit Jahren nicht gesehen.
    Sie sprach in ein Funk-Headset, lächelte ihn an und formte lautlos die Worte «Bin gleich für Sie da». Ihr roter Lippenstift brannte sich regelrecht in seine Netzhäute.
    Er sah sich um, betrachtete die hohe Decke mit den Spots, die auf in den Raum ragende Halbinseln aus gebürstetem Stahl gerichtet waren. Es war wie ein Auto-Showroom ohne Autos. Eine Sitzgelegenheit war auch nirgends zu sehen.
Willkommen. Und jetzt verschwinden Sie gefälligst wieder.
    Gleich darauf beendete sie ihr Gespräch. Bei diesen Headsets konnte man das nie genau sagen, aber sie sah ihn jetzt anund lächelte. «Mr.   Taylor. Sie werden schon erwartet. Gehen Sie bitte einfach rein.»
    Eine zweiflügelige helle Holztür in der hinteren Wand öffnete sich automatisch. Dahinter lag ein Flur, der entfernte architektonische Verwandtschaft mit der Lobby aufwies.
    Mosely starrte kurz auf die Türöffnung, wandte sich dann an die Rezeptionistin. «Hören Sie, Baby, könnten Sie mir erklären, was ich hier soll?»
    «Also, erstens mal möchte ich so wenig ‹Baby› genannt werden, wie es Ihnen gefallen würde,
‹Boy›
genannt zu werden.»
    «Das ist es ja gerade. Ich fühle mich wie ein ‹Boy›, den man hierher ins Herrenhaus zitiert hat.» Er beugte sich zu ihr. «Sie wissen doch, was in diesem Laden abgeht. Geben Sie mir einen Tipp?»
    Sie musterte ihn kühl. «Mein Tipp lautet: Sie werden dadrinnen erwartet.»
    Mosely richtete sich wieder auf. «Hundertpro im Dienst der Firma, was?» Er wandte sich zu der Türöffnung hin. «Zahlen sie dir deshalb die dicke Kohle?»
    Sie sah ihm argwöhnisch nach.
    Sobald er durch die Tür war, schloss sie sich mit einem
Klick
hinter ihm. Eingesperrt. Er grinste nur sarkastisch. «Mosely, du Blödmann.» Er folgte dem etwa zwanzig Meter langen, edel aussehenden Flur. Seitlich waren keine Türen, nur geschmackvolle Kunstwerke   – Tuschezeichnungen mit möglichst wenigen Pinselstrichen. Er näherte sich der zweiflügeligen Tür am Ende des Flurs, und wie er erwartet hatte, öffnete sie sich geräuschlos.
    Dahinter lag ein kälterer, leerer Raum mit dunklem Granitboden, hartem Licht und einer Decke, die so hoch war, dass er sie von der Tür aus nicht sehen konnte. In der Mitte des Raums standen zwei Männer in weißen Pflegerkitteln und bequemen Schuhen. Sie waren kräftig gebaut, der eineschwarz, der andere Asiate. Kurzgeschorenes Haar. Kein Schmuck. Ihr Blick war nicht unfreundlich, aber sie empfingen ihn auch nicht gerade herzlich. Beide nickten ihm aus sieben Meter Entfernung zu. Der Schwarze, der der Kräftigere der beiden war, kriegte als Erster den Mund auf. «Mr.   Taylor.»
    Mosely blieb in der Tür stehen. Er hatte nicht vor, die relative Sicherheit dieser Position aufzugeben. «Ich weiß nicht, was ihr von Taylor wollt, aber ich bin nicht er.»
    «Wir wissen, dass Sie nicht Taylor sind.»
    «Warum nennt ihr mich dann Taylor?»
    «Weil
Sack voll Scheiße
beleidigend wäre.»
    Mosely musste dieses erste Anzeichen drohenden Ärgers erst mal verdauen. Er sah sich um. «Wo ist der weiße Typ?»
    «Welcher weiße Typ.»
    «Ach, komm mir nicht mit dem Scheiß, Bruder. Da ist immer ein weißer Typ. Kein Schwarzer macht so viel Aufstand, nur um einen anderen Nigga durch irgendeinen Reifen springen zu lassen.»
    Sie sahen ihn ausdruckslos an. Dann sprach wieder der Kräftige: «Falls Sie glauben, sich durch eine rassen- oder

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